Ausgangspunkt dieser Arbeit ist das Anliegen, mir klarer darüber zu werden, wie ich ins Handeln komme, beziehungsweise was die Bedingungen dafür sind, dass ich mich als handlungsfähig wahrnehme, um neue Erkenntnisse für die Praxis nutzbar zu machen. Worauf ziele ich mit meinem (künstlerischen) Handeln ab? Wie kann ich in eine Wirksamkeit kommen?
Eine Untersuchung des Handelns drängt sich mir gerade aus kunstspezifischer Perspektive auf, ist Handeln doch ein elementares Grundprinzip von Kunst. Das ist, auf das Theater bezogen, sicherlich kein revolutionär neuer Gedanke. Judith Siegmund, Professorin für philosophische Ästhetik, beschreibt jedoch einen Funktionswandel, der unabhängig von der Kunstform “dazu führt, Handlungen (immer mehr) als wesentlichen Aspekt künstlerischer Arbeit zu beschreiben".
Aber eine Untersuchung von Handlungsfähigkeit drängt sich offensichtlich auch aus einer gesellschaftspolitischen Perspektive auf: “Da ist anscheinend gar nichts mehr dazwischen zwischen ‘wir müssen was machen’ und ‘oh, wir können nichts machen’. Was ist denn dieses Dazwischen? Ist das das jetzt? Wann fängt denn dieses nie wieder an?”, fragt der antifaschistische Podcast "gestresst und rauschig" als Reaktion auf die Correktiv-Recherche zu den menschenverachtenden Vertreibungsplänen und die immer weiter erstarkende Rechte.
Exemplarisch für eine gesellschaftliche Verhandlung von Handlungsfähigkeit ist auch die Prägung des Begriffs der “Klimaohnmacht”. Wie können wir wirksam werden, anstatt zwischen “es muss dringend gehandelt werden” und “ich kann nichts tun” stecken zu bleiben?
Die vorliegende Arbeit vertritt die These, dass Handlungsfähigkeit durch die Konstruktion von strengen Gegensatzpaaren stark eingeschränkt wird, und versucht, diese These zu argumentieren und darüber nachzudenken, welche Auswege es geben könnte. “Was ist denn dieses Dazwischen"?