Wer öffentlich seine Stimme erhebt, möchte etwas sagen. Zweifel an der eigenen Haltung scheinen in medialen Debatten fehl am Platz, öffentlich äussert sie fast niemand. Ein Verlust, denn sind es nicht gerade die Zweifel, die näher an das Verständnis einer komplexen Sache führen könnten, weil sie Mehrdeutigkeit und Unentschiedenheit zulassen?
In der Theoriearbeit wird dafür argumentiert, dass die Bereitschaft, an der eigenen Haltung zu zweifeln, für ein ideales Gespräch unerlässlich ist. Dieser normative Anspruch an ein Gespräch, der Habermas’schen Diskursethik angelehnt, kontrastiert mit den realen Funktionsweisen der heutigen Medien, die anderen Regeln folgen müssen.
Die Herausforderung der praktischen Arbeit bestand also darin, Ausdrucksweisen des Zweifels zu finden, die in einem publizierbaren Format öffentlich vorgeführt werden können. Entstanden ist ein Text, der sich mit dem Thema der Migration nach Europa befasst. „Zweifel – Skizzen zur Migration“ spürt Facetten der Migrationsdebatte auf, die gewöhnlich unterschlagen werden. Jeweils zwei Texte brechen, manchmal in sich, immer aber durch ihre Gegenüberstellung den linearen Diskurs auf, der sich gerade beim Thema der Flucht oft besonders starr zeigt. Die Formen des Zweifels, die dabei aufscheinen, sind vielfältig, unangenehm und anregend zugleich.