Einblick in den gestalterischen Prozess: Filmstills aus der Prozessdokumentation, 2020. Foto/Video: Jasmin Michelle Kaufmann. Aufgenommen in der Galerie Fafou, 9242 Oberuzwil
Der theoretische Teil der Masterthesis beleuchtet das Phänomen der Berührung aus natur- und geisteswissenschaftlicher Perspektive, um die eigene gestalterische Tätigkeit an der Schnittstelle von Massage und Malerei und zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Subjekten, zu kontextualisieren und zu reflektieren. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen die philosophischen Theorien Karen Barads, die sie vor dem Hintergrund der Neuen Materialismen erörtert. Von quantenfeldtheoretischen Erkenntnissen ausgehend, formuliert Barad das Anliegen, die Vorstellung von Berührung als eine unschuldige Handlungsform zu problematisieren und folglich ihre Verortung in der Philosophiegeschichte im Sinne eines Akts gegenseitigen Einverständnisses zwischen Individuen infrage zu stellen. Sie verhandelt einen avancierten Subjektbegriff, der eine «Andersheit des Selbst» berücksichtigt, und betont damit die relationalen Zusammenhänge aller Materie und die daraus folgende, dringliche Verantwortung gegenüber allen nicht/menschlichen «Entitäten». Vor diesen Theorien wird im weiteren Verlauf der Thesis Jasmin Kaufmanns eigene berührend-gestalterische Praxis als ein Moment von Relationalität beleuchtet und die Begriffe «Subjektivität» und «Autor:innenschaft» hinterfragt.
Für ihre künstlerische Auseinandersetzung im Rahmen der Masterthesis begibt Jasmins Kaufmann sich ausgehend von einem persönlichen Erlebnis des Berührt-Werdens in ein Forschungsfeld an der Schnittstelle von Massage und Malerei. Dabei steht die Auseinandersetzung mit Berührungsprozessen zwischen Menschen, aber auch mit als «leblos» wahrgenommener Materie im Fokus. Als Ausgangslage für die Untersuchung initiierte sie neun halbtägige Events, um gemeinsam mit je einer weiteren Person das Potential der Massage als Inspirationsquelle für Gestaltungsprozesse zu erproben. Das Ziel war, die subjektiv erlebten, physischen und psychischen Erfahrungen, die durch das Massieren angeregt wurden, in einer gestalterischen Form zum Ausdruck zu bringen. Die während der Events gesammelten Erfahrungen, Inspirationen und Assoziationen, übertrug Jasmin Kaufmann anschliessend in der Rolle der berührenden Malerin mithilfe ihrer Hände und Arme als Werkzeuge in neun grossformatige Gemälde, die als «Event-Portraits» die zentralen Ergebnisse der künstlerischen Masterthesis ausmachen.
[«Event-Portraits», Gouache und Acryl auf zwei Rollen Papier à 1.5 x 10 Meter]
Mentorat: Eliane Binggeli Esposito, Dr. Yvonne Volkart