Description | - Ausgangslage
Das künstlerische Projekt ist auf der Grundlage von Allam Fakhours eigener Biographie entstanden. Fakhour hat zwischen 2005 und 2006 dreidimensionales Gestalten und Bildhauerei unterrichtet. Im Jahr 2014 ist er über den Libanon in die Schweiz immigriert und lebt seit 2015 im Kanton Glarus, hier beginnt er als Künstler Fuss zu fassen. Die Komplexität der Herausforderungen seiner Existenz gehen auch in seinen Beruf als Künstler ein. Wie ergeht es anderen Künstler:innen, die wie er, aus Syrien geflüchtet sind und heute in Europa leben? Erleben sie ähnliche Herausforderungen? Falls ja, wie gehen sie damit um? Fakhour möchte Antworten auf diese Fragen auf der Basis seiner eigenen Erlebnisse in einer künstlerischen Form sammeln.
Einführung
Das Projekt untersucht die Präsenz der syrischen Gegenwartskunst unter zwei Bedingungen: der Zwangsmigration sowie der globalen Rezeption zeitgenössischer Kunst durch das westlich geprägte Kunstsystem. Ziel ist eine digitale Publikation, in welcher die Kunstwerke und die damit verbundenen Erkenntnisse bis in das Jahr 2021 zusammengefasst werden. Gegenstand der Untersuchung sind die Kunstwerke von 14 syrischen Künstler:innen, die heute in Europa leben. Deren künstlerische Praxis sowie Transformation untersucht Fakhour in je drei Phasen: vor dem Krieg, während des Krieges (2011 bis heute) sowie nach der Flucht, bzw. im Exil. Das künstlerische Projekt «Transformationen syrischer Gegenwartskunst» zielt darauf ab, ein von der Forschung vernachlässigtes Phänomen der Gegenwartskunst in den Diskurs einzubringen: Der Tatbestand, dass Gegenwartskunst weltweit als globales und diverses System anerkannt, tatsächlich aber von den Werten des Westens dominiert wird, fordert Künstler:innen des globalen Südens implizit zu einer Anpassung auf.
Künstler:innen
Das künstlerische Projekt beobachtet und dokumentiert die Auswirkungen der syrischen Tragödie im beruflichen Kontext folgender Künstler:innen, die im europäischen Exil leben: Tammam Azzam, Sulafa Hjazi, Iman Hasbani, Reem Yassouf, Hazem Alhamwi, Yaser Safi, Khaled Dawwa, Asaad Ferzat, Alqumait Alhamad, Ibrahim Aldandal, Khaled Arfeh, Nagham Hodaifa, Randa Maddah (angefragt) sowie Moussa Ramo (Anfrage ausstehend).
Ordnung in drei Phasen
Das für das Projekt angelegte Archiv ordnet die Kunstwerke von Künstler:innen in drei Phasen:
1. Kunstwerke, die vor dem Krieg produziert wurden, der im Jahr 2011 ausbrach.
2. Kunstwerke, die nach Ausbruch des Krieges entstanden sind, auf der Flucht und in den Stationen, die die Künstler:innen vor ihrer Ankunft im Gastland durchquerten.
3. Kunstwerke, die im europäischen Exil produziert wurden, gleichsam im neuen gesellschaftlichen Kontext sowie im permanenten Prozess der Integration. Diese drei Schaffensphasen erleichtern die Wahrnehmung und Nachvollziehbarkeit der Transformationen sowie die Einordnung der Arbeiten im Hinblick auf die jeweilige künstlerische Praxis.
Methoden
Angesichts der Aktualität des Themas, der Knappheit an Ressourcen sowie dem Mangel an ähnlich gearteten Forschungsprojekten baut die vorgestellte Untersuchung auf Interviews mit Künstler:innen auf. Ein wesentlicher Kern der Fragen wird standardisiert. Allerdings wird mit zusätzlichen aufschlussreichen Informationen gerechnet, die sich aus den unstrukturierten Gesprächsanteilen ergeben werden. Während der dritten Projektphase, im Exil, werden zusätzlich Akteur:innen der Kulturvermittlung (Organisationen, Institutionen und Kuratorinnen) einbezogen, die mit Künstler:innen aus Syrien beziehungsweise mit dem globalen Süden arbeiten oder gearbeitet haben. Als beispielhaft kann das Helmhaus in Zürich genannt werden, das im Jahr 2019 Geflüchteten ausdrücklich Ausstellungsräume angeboten hat. Die Gespräche mit den Künstler:innen und Kulturvermittler:innen werden weitgehend virtuell geführt. Das Projekt soll im Anschluss, abhängig von den bereits verfügbaren Daten über die Künstler:innen, weiterentwickelt werden.
Ziel
Angestrebt wird eine Publikation mit diversen Bestandteilen: Transkribierte Texte der Interviews und Fotografien der Kunstwerke beziehungsweise Stills der Videoarbeiten sowie Texte Dritter zum Thema bis in das Jahr 2021.
Inhalt der Publikation:
1. Künstlerische Untersuchung der Veränderungen, welche die künstlerische Praxis syrischer Künstler:innen während der drei Phasen erfahren hat.
2. Sammlung der Erfahrungen dieser syrischen Künstler:innen mit Migrationshintergrund, die trotz der schwierigen Verhältnisse künstlerische Mittel einsetzen, um die Stimme der Syrerinnen und Syrer in internationalen Foren zu vermitteln.
3. Künstlerische Untersuchung der Bedeutung der Vermittlung für die künstlerische Praxis von Künstler:innen aus dem globalen Süden am Beispiel Syrien. Mögliche Perspektiven sind etwa die soziale Integration, (Beispiel: Das Schnuppersemester «Zugang für Geflüchtete» der ZHdK, an dem Fakhour selbst teilgenommen hat), das Konzept der kulturellen Ermächtigung von Personen mit Migrationshintergrund oder etwa das Konzept von Diversity, das sich unter den Akteur:innen der Kunstvermittlung durchzusetzen beginnt.
Zielpublikum
Die Studie richtet sich an das künstlerische Umfeld in der Schweiz und in den europäischen Nachbarstaaten, an Studierende, Kurator:innen, Kunstmuseen und Künstler:innen als solche.
Zeitplan
Das künstlerische Projekt beginnt ab dem 01.05.2021 und endet am 30.04.2022 (aufgrund der Corona-Pandemie ist es um drei Monate zeitlich nach vorne verlegt worden. Zwischen dem 01.06. und dem 30.08.2021 werden Interviews mit Künstler:innen geführt, die in 5 europäischen Staaten leben: in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, Schweden und den Niederlanden.
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