Für meine Masterthesis habe ich mir ein thematisches Feld gesucht, das mich schon bei der Arbeit für meine Diplomarbeit beschäftigte. Ich wählte als Spielort die Kasematte des Munots, also das innere, gegen Artilleriebeschuss massiv bewehrte Gewölbe. Zuerst war der Grundriss des Kreises, der in der Schaffhauser Festung immer wieder formgebend in Erscheinung tritt, Ausgangsidee einer Szenogaphie in dieser spätmittelalterlichen Anlage mit ihrem theatralen Potential. Das Runde als Thema für Licht-, Musik- und Tanzgestaltung wurde somit wie von selbst titelgebend: das Projekt gelangte als «Circularium» vom 23. bis
25. Oktober 2020 zur Ausführung.
Die in diesem Zusammenhang ausgewertete Lektüre mit ihren Quellen kann ich nun für die vorliegende Arbeit nutzen und vertiefen.
Durch mein letztes Projekt, bei dem ich mich auf die Suche nach einem passenden Rundbau für eine theatrale Interaktion mit den Gegebenheiten der Architektur machte, bin ich auf den Munot als Veranstaltungsort gestossen. Als gebürtiger Schaffhauser kenne ich den Munot bereits seit Kindertagen. Auch die nun von mir im Diplomprojekt bespielte Kasematte habe ich bereits als Kind mit all meinen Sinnen wahrgenommen. Heute wird vor allem in der französischen Literatur dafür oft ein Begriff verwendet, der das Szenenhafte, das Eigentliche, das Wesentliche, aber auch das Phantastische, Traumhafte der Szene bezeichnet. Szenizität (scénicité) entlehne ich in dieser Bedeutung Denis Guénoun. Für mich ist es mit dieser Arbeit essentiell, den Munot von einer ganz anderen, einer neuen Blickrichtung zu betrachten. So lerne ich etwas mir Altbekanntes aus einer neuen Perspektive kennen.
Dieser Arbeit liegt die Fragestellung zugrunde, welche Wirkung mediale Kunst, insbesondere Videokunst, im Rahmen von Installationen und Bühnenperformances haben kann. Es interessieren mich insbesondere immersive Formate, das heisst bei Installationen zum Beispiel der Einsatz von Motion-Tracking-Technologien oder Realtime-Datennutzung für generative Videos. Im Bühnenbereich könnte das auch Motion-Tracking sein, aber auch der Einsatz von Live-Kameras oder die Interaktion von Schauspielern und Video.
Dafür werde ich mein praktisches Masterprojekt state:lucid aus verschiedenen kunsttheoretischen Blickwinkeln beleuchten und versuchen, es in einen grösseren Kontext einzuordnen.
State:lucid ist nach der Entwicklung und Proben im Sommer 2020 im November 2020 im Immersive Arts Space der ZHdK aufgeführt worden. Es ist eine Mischung zwischen Installation und Performance unter Nutzung digitaler Technologien und generativer Prozesse an einem Ort zwischen Museum und Theater.
Ich verfolge mit dieser Analyse die Zielsetzung, state:lucid zu beschreiben und durch die Einordnung in den grösseren Kontext zu begründen und zu verorten. Folgende theoretische Reflexionen erscheinen mir dazu erforderlich:
1. Videokunst auf der Bühne – Historie und Elemente
2. Intermediale Installationskunst – zwischen Raum- und Zeitkunst
3. New Media Art – Versuch einer begrifflichen Einordnung
Ich wähle diese einzelnen Aspekte, um nicht den Rahmen dieser Arbeit zu sprengen und trotzdem den Versuch zu wagen, dem (zugegebenermassen etwas grössenwahnsinnigen) Titel dieser Arbeit gerecht zu werden, der auch folgendermassen heissen könnte:
state:lucid – Eine Arbeit zwischen Piscator und Nxt Museum?!