Die in der Gesellschaft verankerte Wahrnehmung von Lust scheint von längst überholten Rollen- und Geschlechterstereotypen geprägt zu sein. Dass sich Lust dabei in jedem Körper individuell manifestiert, findet in der im öffentlichen Raum abgebildeten Lust nur wenig Platz. «Tactile Disembodiment» erforscht, wie Lust visuell vermittelt werden kann, ohne auf patriarchal geprägte Sinnbilder zurückzugreifen. Textilien dienen als gestalterische Methode, um sich auf assoziative und experimentelle Weise der materiellen Sinnlichkeit des Begehrens anzunähern. Sie sind der Stoff, der uns von unserer Umwelt und unserem Gegenüber trennt – können sie uns zur Kommunikation unseres Verlangens dienen und so zu mehr Verständnis und Empathie führen?
Die Zeiten des Manuskripts und handgeschriebenen Texts sind längst vorbei. Heutzutage drehen sich gestalterische Normen fast ausschliesslich um Druckerzeugnisse, sodass die manuelle Reproduktion von Texten völlig absurd erscheint. Auf halbem Weg zwischen althergebrachten Praktiken und zeitgenössischen Technologien stellt sich die Frage nach der automatisierten Kalligrafie, bei der manuelle Gesten durch mechanische ersetzt werden. Die restriktive und langsame Methode, bei der ein CNC-Stiftplotter verwendet wird, um Texte zu reproduzieren, wirkt sich auf die Wahrnehmung von Büchern als Objekt oder als Behälter von Informationen aus. Sie beeinflusst die Vorstellung von Knappheit, Kostbarkeit und Zugänglichkeit.
Dieses Projekt untersucht die künstlerischen, multifunktionalen und konnotativen Aspekte von harmlosen Objekten und alltäglichen Gesten, wenn diese in politische Kontexte gestellt werden. Es wird beleuchtet, wie sie sich darstellen, wenn sie sich in zwei verschiedenen Räumen mit drastisch unterschiedlichen Ebenen der Privatsphäre – dem häuslichen und öffentlichen Raum – befinden, und zwar durch die Kontextualisierung dieses Raums und die Veränderung ihrer Erscheinung. Inspiriert wurde mein Projekt von dem Konzept des «laughtivism», das sich auf die Verwendung von Absurdität und Gewaltlosigkeit als Protesttaktik konzentriert. Es zeigt, wie künstlerische Handlungen als eine Form des zivilen Ungehorsams politisch wirken können.
«O mia chera Engiadina cu mê vo que a fin, cha quista suldüna nu saja tieu destin»
«In Engiadin’Ota» ist eine visuelle Auseinandersetzung mit den negativen Konsequenzen der ausgeprägten Multilokalität im Oberengadin. Das Werk dokumentiert die vor Ort herrschenden Missstände unserer Gesellschaft. Die durch Zweitwohnungen verursachte physische Abwesenheit steht dabei in Kontrast zu dem vor Ort stark ausgelebten Kapitalismus, den Statussymbolen und dem Konsum. Das Oberengadin ist ein Muster des Misslingens des Kapitalismus sowie Ausdruck der sich stets weiter öffnenden Schere unserer Gesellschaftsschichten.
Was ist unsere Haltung zum Design? Was ist Stil? Als Gestalterinnen stehen wir kurz vor der Ablösung von der Institution und dem Eintauchen in die «reale Welt». Der Druck, uns als visuelle Gestalterinnen zu verorten, führt uns zu vulnerablen Gesprächen über unsere Position und Zukunft. Diese Auseinandersetzung bildet den Kern unserer Arbeit, in der wir gelernte Arbeitsweisen hinterfragen und über Ästhetik reflektieren, um so eine neue Beziehung zur Gestaltung herzustellen. Die daraus entstehenden Fragen führen dazu, technische und experimentelle Gestaltungszugänge zu untersuchen, welche unsere eigene visuelle Sprache formen.
Künstlerische Prozesse sind vielschichtig, verwoben und persönlich. «Trace» wurde als wiederkehrendes Format gestaltet, in dem Künstler:innen Teile ihrer Forschung und Arbeit jenseits von Ausstellungsräumen und grossen Monografien offen teilen können. Dargestellt wird dies durch eine Reihe von Publikationen, wobei jede Ausgabe einen bestimmten Aspekt der Praxis einer Künstlerin oder eines Künstlers erforscht, indem Forschungsmaterial, Interviews und künstlerische Ausdrucksformen kombiniert werden. Für die Editionen dieser Reihen wurde ein visuelles System geschaffen, das sie zusammenführt und dabei Raum für Individualität lässt. Dieses Projekt wird auf der Grundlage der ersten beiden Editionen vorgestellt.
Die zunehmende Fülle an visuellem und geistigem Gestaltungsmaterial stellt neue Herausforderungen an den Imperativ von Innovation und Originalität. Die geltenden Grenzen zwischen genuinem Original und (negativ konnotierten) Formen der Kopie verfliessen zusehends. Visuelle und intellektuelle Fragmente befinden sich in einem Zustand fluider Transformation und unterlaufen ein von Autor:innenschaft geprägtes Designverständnis. Vor diesem Hintergrund hinterfrage ich in dieser Arbeit geläufige dogmatische Wahrnehmungen und erschliesse Methoden einer kreativen Praxis des Kopierens.
Befragte aus unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen weisen mit ausserordentlicher Übereinstimmung gewissen Lauten runde und anderen eckige Formen zu – das stellten Forschungen aus der Wahrnehmungspsychologie fest. Alphabete und insbesondere phonetische Transkriptionssysteme ordnen allen sprachlichen Lauten spezifische Zeichen zu, um so gesprochene Sprache visuell und präzise abzubilden.
Welche Chancen bietet die «Laut-Form-Korrespondenz» in der menschlichen Wahrnehmung zusammen mit neuen technologischen Möglichkeiten in der Schriftgestaltung für phonetische Transkriptionssysteme? Dieser Versuch soll es zeigen.
Symbole sind zeit- und kulturabhängig, ihre Bedeutung wandelt sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen und historischen Ereignissen. Die Symbolik der bekannten Tarot-Decks spiegelt diese Dynamik wider, scheint jedoch teilweise auch veraltet und für uns heute schwer lesbar. Die vorliegende Arbeit «Deep Tarot» behandelt die Modernisierung von Tarot-Karten. Durch die Analyse der Ursprünge der Tarot-Symbolik sowie der Mystik oder «Aura», von welcher Symbole umgeben sein können, bietet sich die Möglichkeit einer Anpassung und Neuinterpretation dieser Symbole und Illustrationen.
Rund 4 % der globalen CO2-Emissionen sind auf das Internet zurückzuführen: Das ist genauso viel wie die gesamte Flugindustrie. Der fehlende Diskurs über die Ressourcen digitaler Medien bewegt uns, immer grössere Bilder, Videos etc. abzulegen. Wird eine Website 20 KB leichter, entspricht dies jährlich 3,5 gepflanzten Bäumen. Das Projekt «net2zero» setzt hier an und zeigt eine Bewegung auf, die zum Ziel hat, das Netz umzugestalten. Ästhetik wird dabei als Antrieb und Mittel zur Veränderung gesehen. Mittels innovativer Gestaltungsmethoden definiert «net2zero» so eine neue nachhaltige Ästhetik des Internets, die neue Massstäbe definiert und anregt, ein Teil davon zu werden.
Wir alle betrachten Kunst individuell unterschiedlich, haben andere Voraussetzungen, Bedürfnisse, Interessen, Erwartungen und Ausdauer. Das Projekt «Multiple Access» setzt für einen inhaltlichen Zugang zu Kunstwerken nicht, wie in der institutionellen Kunstwelt oft beobachtet, Vorwissen über Kunst voraus. Zugänglichkeit ergibt sich aus dem Inhalt der Werke und der Möglichkeit der freien Wahl aus einem Spektrum an Zugangsmöglichkeiten. Jede Person kann selbstbestimmt entscheiden, ob und wie sie Informationen zum betrachteten Werk erfahren möchte, und welche dies sein sollen. «Multiple Access» wendet das Konzept exemplarisch auf verschiedene Arbeiten von jungen Künstler:innen an.
Die gotische Schrift, einst prägend für Teile Europas, verschwand im 20. Jahrhundert fast vollständig aus der mitteleuropäischen Schriftlandschaft, auch wegen ihrer Verbindung zum Nationalsozialismus. Im Gegensatz dazu blieb sie in Mittelamerika präsent und floss durch den kulturellen Austausch mit afroamerikanischen Gemeinschaften im Süden der USA in den grafischen Ausdruck des Hip-Hops ein. Die Arbeit präsentiert eine neue Interpretation der gotischen Schrift. Inspiriert durch den Hip-Hop bewahrt sie ihren kalligrafischen Charakter und ist heutigen Lesegewohnheiten angepasst.