Die folgende Arbeit untersucht die künstlerische Arbeit am Theater im Kontext der Theaterprobe und stützt sich auf diverse Literatur und auf eigene Erfahrungen, welche ich innerhalb einer Spielzeit an einem Haus als Regieassistentin gemacht habe. Die Subjektivität dieser eigenen Erfahrungen
ist mir bewusst, ich habe jedoch diese Erfahrungen mit der jeweiligen Literatur abgeglichen, um eine objektive Haltung meiner Untersuchung gegenüber zu wahren. Ebenfalls ist es mir bewusst, dass diese Eindrücke sich auf ein Haus beziehen und Arbeitsabläufe und Probensituationen von Institution zu Institution anders ablaufen. Sie geben jedoch trotzdem einen Einblick in die künstlerische Arbeit an einem subventionierten Theaterhaus.
Gibt es im heutigen, sogenannten postdramatischen Theater überhaupt Kriterien, oder zumindest Anhaltspunkte, wie ein Text beschaffen sein muss,
damit er sich für die Bühne eignet, damit er «auf die Bühne will». Oder kann jeder Text im Theater aufgeführt und bespielt werden? Gibt es überhaupt eine klare und eindeutige Definition, was einen dramatischen Text von einem nichtdramatischen Text unterscheidet? Oder ist es einfach der/die Autor, der/die bestimmt, dass der Text, den er/sie geschrieben hat, dramatisch ist? Gibt es heutzutage noch Kriterien, die erfüllt werden müssen, um als dramatischer Text zu gelten? Oder in einer Frage zusammengefasst: Nach welchen formalen Kriterien muss ich als Autorin für die Bühne schreiben? Die ist das zentrale Untersuchungsthema dieser Arbeit.
Mit dieser Arbeit will herausfinden, wieso die besondere Formatierung des Textes zu einer positiven Veränderung im Probenprozess geführt hat. Meine These ist dabei, dass die Schauspieler anhand dieses besonderen Layouts in ein ästhetische Erfahrung des Textes gekommen sind - und nicht, wie gewöhnlich, in ein interpretatives Verhältnis zum Text getreten sind.
Mit dieser Thesis will ich auch ein Werkzeug erarbeiten und vorstellen. Dieser Umgang mit Theatertexten, welcher sich mit dem Auftreten und den Erscheinungsformen von Text auseinandersetzt, sehe ich als ein Werkzeug, welches besonders für dramaturgische Zwecke nützlich sein könnte. Das Wort Werkzeug will ich deshalb benutzen, weil es eben um die haptischen und visuellen Aspekte eines Theatertextes geht.
In meiner vorliegenden Bachelor-Arbeit beschäftige ich mich mit der Dramatisierung von Romanen. Für deren Umwandlung in Theatertexte also. Wie muss ein Romantext verändert werden, um zu einem Theatertext zu werden? Wo liegen Ähnlichkeiten und Unterschiede von Roman und Theatertext? Wie klar verläuft die Grenze zwischen diesen beiden Textsorten? Mir scheint, dass diese Gattungsgrenzen je länger desto fliessender werden. Neuere Theatertexte sind beispielsweise oft vielmehr Textflächen als klassisch aufgebaute Dramen. Zunächst, und um der Frage danach, was denn nun als Theatertext zählt und was nicht, werde ich mich mit verschiedenen Dramentheorien beschäftigen. Danach werde ich versuchen, der Definition eines Romans, eines epischen Textes, mit Hilfe der Narratologie, der Wissenschaft der Erzählung, näher zu kommen. Dazu befasse ich mich zwar vorwiegend mit der Erzähltheorie von Gérard Genette, ziehe aber auch Theorien und Argumente anderer Narratologen zum Vergleich hinzu.