Die Arbeiten von Andreas Bertschi setzen sich mit Konventionen, Normalitäten und Normierungssystemen auseinander, deren Charakter er durch Medienverschiebungen und Deplatzierungen sichtbar macht. Er sucht nach Absurditäten oder Nebensächlichkeiten des Alltags und montiert neue Blicke auf diese. Die Masterarbeit ”Relativ stringent” umfasst eine Reihe von Arbeiten und eine Ausstellung.
Die Arbeit untersucht die Relevanz und das Potenzial kollaborativer Improvisations-Strategien für die Kunstpädagogik. Ausgehend vom und mithilfe des musikalischen Improvisationsverständnisses von Peter Niklas Wilson wird gemeinsame Improvisation als soziale Praxis befragt, die Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit komplexen gesellschaftlichen Herausforderungen und kulturellen und digitalen Transformationsprozessen zu bieten vermag. Inwiefern könnten daraus abgeleitete Konzepte für die Kunstpädagogik produktiv gemacht werden? Kann ein improvisatorischer Modus gemeinsamen Denkens und Handelns neue Lern- und Bildungsmethoden mit sich bringen? Die Arbeit sucht über kunsttheoretische, -pädagogische und ästhetische Konzepte zu Teilhabe und Kollaboration nach Antworten.
Raffaela Kolb geht in ihrer Masterarbeit polemisch ihrer inneren Zerrissenheit auf den Grund: ihre Lust an Popmusik, die ihr unter anderem Möglichkeiten geboten hat, sich von einer mädchenhaften Sozialisation abzugrenzen, trifft auf die Auffassung von Pop als Teil der kapitalistischen und patriarchalen Verhältnissen. Und weiter noch: In der Auseinandersetzung mit ihrer Arbeitspraxis reflektiert sie selbstkritisch, ob sie selbst einen vermarktbaren, verwässerten (Pop-)Feminismus instrumentalisiert, der von den Forderungen nach Gleichstellung, Emanzipation und nach gesellschaftlichem Wandel abgekommen ist. Sie begibt sich in ihrem Essay auf die Suche nach subversivem Potential im Pop und macht die Begriffe Schuldbewusstsein und Lustempfinden, welche sich zunächst diametral entgegenzustehen scheinen, als kritische Dimensionen dialektisch und produktiv nutzbar.
Die Deutschschweiz hat eine grosse Dichte an Künstler:innen, die Musik für Kinder produzieren. Die Szene ist dynamisch. Beinahe jährlich kommen neue Künstler:innen dazu, einige machen nur ein Album und widmen sich dann wieder anderen Projekten. Divers ist auch die Vermarktung: Während einige (vor allem Männer) auf grossen Festivalbühnen auftreten und auf Spotify präsent sind, muss man bei anderen (vor allem Frauen) ganz genau wissen, wo suchen. Nina Gehrigs Thesis ist ein Podcast, der Eltern, Lehrpersonen und allen anderen, die sich für Kindermusik interessieren, helfen soll, interessante Musik zu finden. Ihre Gespräche mit Künstler:innen drehen sich um deren Musik und die Beweggründe, die zur Entstehung Ihrer Lieder führten. Für die fünf vorliegenden Podcast-Folgen wurden mit Sibylle Aeberli, Sarah Laupper, Eva Zihlmann, Jaël Malli, sowie Laurent Aeberli & Max Kämmerling Künstler:innen ausgewählt, die verschiedene Zugänge, Erfahrungshintergründe, Musikstile und auch Geschlechter vertreten.
Meditation, schamanische Naturrituale und Yoga: Spiritualität ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Masterarbeit von Tobias Söldi geht dem Phänomen in vier journalistischen Porträts nach. Da ist der privilegierte Sohn aus gutem Hause, der nach einer LSD-Erfahrung zuerst zum Hippie und dann zum Zen-Meister wurde. Da ist der reformierte Pfarrer, der sich als Eremit im Kloster, als Obdachloser auf der Strasse und als Einsiedler im Wald auf die Suche nach dem Göttlichen gemacht hat. Da ist die schamanisch arbeitende Therapeutin in einer Welt voller beseelter Gegenstände, verstorbener Ahnen und unsichtbarer Energien. Und da ist der Jesuiten-Priester und Zen-Meister, für den budddhistische Meditation und katholische Eucharistie nahtlos mit einander verbunden sind. Die vier Porträts geben einen Einblick in die Biografien, Gedankenwelten und Wirkstätten ihrer Protagonist:innen, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit immer wieder überraschende Parallelen aufweisen.
Nanuschka Bolekis Masterarbeit setzt sich in Form von literarischen Texten mit dem Thema Angst und Unheimlichkeit in der Stadt auseinander. In den sieben Texten wird das Spannungsfeld des urbanen öffentlichen Raumes untersucht: Was ist Angst im öffentlichen Raum und an welchen Orten manifestiert sie sich ins Erlebbare? Die von der Popkultur produzierten und reproduzierten Angstbilder einer Stadt – die Stadt als Ort des Verbrechens, der düsteren und zwielichtigen Gestalten, der bedrohlichen Anonymität – prägen unsere Wahrnehmung. Die subjektive, ästhetische Erfahrung von Stadt ist nicht nur von ihrem Erscheinungsbild, sondern auch stark von der eigenen Identität abhängig. So ist die düstere Tiefgarage unheimlicher je nach Geschlecht, der Bahnhof unangenehmer je nach sozialer Herkunft und das Navigieren durch die Stadt und ihre Menschen gefährlicher je nach Alter. Die Masterarbeit von Nanuschka Boleki ist ein Versuch, sich durch semifiktionale Texte mit realen Schauplätzen an eine schwer zu definierende Emotion anzunähern, und dabei das Unheimliche im Urbanen Raum für die lesende Person erfahrbar zu machen.
Diese Masterarbeit liefert die Basis zur Konzeption einer Plattform für digitale Vermittlungsangebote von Filmfestivals für Kinder und Jugendliche, wobei der Schulkontext im Vordergrund steht. Ausgehend von einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit den Themenfeldern Digitalisierung und Kulturvermittlung werden derzeit vorhandene analoge wie digitale Vermittlungsangebote für Kinder und Jugendliche der neun wichtigsten Filmfestivals der Schweiz vorgestellt. Die skizzenhafte Konzeption der Plattform wird methodisch durch das Digital Engagement Framework abgestützt. Den Abschluss bilden ein Fazit sowie Ausblick auf die weiteren Schritte in der praktischen Umsetzung der möglichen Implementierung einer solchen Plattform.
Ausgehend von ihrer eigenen malerischen Praxis und ihrer damit verbundenen Faszination für Milton Avery (1885-1965) untersucht Amina Giger, wie sich das Werk des amerikanischen Künstlers im Kunstkanon verorten lässt. Avery ist bekannt für seine überraschenden Farbkombinationen und flächige Malweise, die sich einer Einordbarkeit sowohl zur abstrakten Kunst als auch zum Realismus entzieht. Sein vielfältiges Oeuvre ermöglicht eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Kunstrichtungen und Diskursenwie der impressionistischen Landschaftsmalerei, der amerikanischen Volkskunst, dem Realismus oder dem abstrakten Expressionismus. Dabei werden sowohl Parallelen als auch Differenzen zu anderen Kunstschaffenden seiner Zeit aufgezeigt. Dies geschieht anhand von Vergleichen von Averys Werk mit Bildern seiner Zeitgenoss:innen. Der gestalterische Teil der Arbeit ergänzt die schriftliche Auseinandersetzung auf der malerischen Ebene. Amina Giger sucht in ihren Bildern den Kippmoment zwischen Darstellung und Abstraktion, zwischen Figur und Fläche.
Die Masterarbeit von Juliette Uzor nähert sich Konzepten und Begriffen wie «Background», «Verhältniswörter», «Position» und «Rhythmus» theoretisch sowie physisch-körperlich an. Ausgangspunkte sind dabei der eigene Körper und die Bezugspunkte, zu denen er sich verhält. Ein Kerninteresse der Thesis ist das Verhältnis zwischen dem starren, kategorisierten Körper und einem sinnlichen, dynamischen Körper. Neben der Beschäftigung mit theoretischen Stimmen und Perspektiven organisiert Juliette Uzor im Kontext der Arbeit «kollektive Bewegungssessions» mit Freund:innen. Die Treffen haben einen experimentellen Ansatz und formulieren sich entlang von spezifischen Bewegungskriterien, die als Feldnotizen aufgezeichnet und anschliessend reflektiert werden. An der Beschäftigung mit Bewegung interessieren die Autorin der Thesis phänomenologische aber auch politische Aspekte. Sie vertritt eine feministische, nicht-weisse Perspektive und möchte diese Ausgangslage als politisches und ästhetisches Potential nutzen, um durch die Bewegung der Körper normierte Strukturen und Machtverhältnisse zu durchkreuzen.
Die Untersuchung zeigt eine akustische Begegnung mit dem Raum einer leerstehenden Textilfabrik im Glarnerland. Sarah Laupper entwickelt im Rahmen ihrer Masterarbeit eine flüchtige Klangfigur aus Stimmen, die im industriellen Raum inszeniert wird. Das Klangstück formt den Raum und wird wiederum vom Raum geformt. Die Klänge, treffen sich, ziehen sich an, stossen sich ab, überlagern sich, verschwimmen und lösen sich auf – irgendwo zwischen verhalltem Lärm der Maschinen und gegenwärtiger Stille. Im Zentrum steht die Begegnung mit dem Raum und die Erfahrung der Unverfügbarkeit von Klang und Atmosphäre. Davon ausgehend nähert sich Sarah Laupper in der Theorie dem Begriff der Resonanz an. Insbesondere befasst sie sich mit den Ausführungen des Soziologen Hartmut Rosa und den künstlerischen Projekten von Susan Philipsz.
Sina Oberholzer befasst sich in ihrer Masterarbeit mit dem hochgradig kulturell geprägten Kanon klischierter Badeszenen. Gleichzeitig ist das Sich-Waschen für sie ein individueller, mit besonderen Empfindungen belegter Moment. Diese Diskrepanz zwischen Selbst- und Aussenwahrnehmung befragt Sina Oberholzer über eine filmische Selbstinszenierung. Das Badezimmer als Ort der Inszenierung wird zur Bühne, auch wenn die gefilmte Handlung sich kaum von sonstigen, alltäglichen Waschvorgängen unterscheidet. Gegenstand der filmischen Untersuchung ist der Moment der Aufzeichnung sowie die Frage danach, was erzählt wird, wenn die Autorin ihren Körper ins Bild setzt. Die schriftliche Arbeit ist als künstlerisch-theoretische Erweiterung der filmischen Arbeit angelegt. Im Zentrum steht hier die Reibung zwischen der Aktion des sich selbst ‚ins Bild Setzens‘ und der Erfahrung des ‚im Bild Seins‘. Inwiefern verschiebt sich die Bedeutung zwischen der inneren Empfindung einer Person zur Abbildung dieser Person?
In seiner Masterthesis beschäftigt sich Remo Bolt mit dem Haus seiner Grosseltern und der darin aufbewahrten Sammlung ethnografischer Objekte. Indem er das Haus temporär bewohnt, nimmt er die Räume, mitsamt der darin versammelten Dinge, wahr und stellt sich dem, was sich zeigt: In einem literarischen Rundgang durch das Haus wird Inventar aufgenommen. Dabei verdeutlichen sich die Dinge mehr und mehr in ihrem Verflochten-Sein mit Praktiken, Erinnerungen, Erzählungen und Beziehungen. Die schiere Fülle der Dinge verdichtet sich zu einem Bild von gelebtem Leben im 20. Jahrhundert, gehabten Interessen, angestrebten Ästhetiken, verfolgten Ideen und geteilten Leidenschaften. Auch wenn Veränderungen absehbar und indirekt Thema werden, ist alles noch da. Dieser Moment der Latenz wird beobachtet und festgehalten, um alles in seiner Verflechtung aufzubewahren. Über die Versprachlichung und performative Verkörperung wird das Erbe gewissermassen entmaterialisiert und teilbar.