Beschreibung | - Die Ausstellung SITUATIONS/Closure wurde von Studierenden des Studiengangs MA Art Education Curatorial Studies unter der Leitung von Dr. Heiko Schmid in Zusammenarbeit mit dem kuratorischen Team des Fotomuseum Winterthur entwickelt. Gezeigt werden künstlerische Arbeiten von Samrat Banerjee, FRAUD, Simon Fujiwara, knowbotiq, Rhea Storr, Alba Zari und weiteren. Die Ausstellung läuft vom 24. Oktober 2020 bis zum 14. Februar 2021.
Das von dem Closure-Projektteam erarbeitete Ausstellungskonzept rückt zeitgenössische künstlerische Positionen in den Blick, die die Relevanz des Digitalen für das Fotografische in ihrer technologischen Komplexität adressieren und hierbei etwa Fragen des Postkolonialen oder der digitalen «Materialität» zeitgenössischer Bildlichkeit thematisieren. Für eine Ausstellung an einem Fotomuseum eher ungewöhnlich, wird hierbei die Wand als dominante Ausstellungsfläche in Frage gestellt und sich auf installative «Diskurs-Räume» fokussiert. Das Ausstellungsprojekt wird von Doris Gassert, research curator am Fotomuseum Winterthur und von Heiko Schmid betreut. Mit Katrin Bauer, Kim Bassen und Laura Schläpfer sind drei Studierende des Master Art Education Curatorial Studies in das Praxisprojekt involviert.
Pressemitteilung Fotomuseum Winterthur
Mit dem Cluster Closure geht SITUATIONS in die letzte Runde: Über fünf Jahre lang hat das Fotomuseum Winterthur mit seinem experimentellen Ausstellungsformat das vernetzte Bild in seinen technischen, kulturellen, sozialen und politischen Kontexten untersucht – und mithilfe künstlerischer, wissenschaftlicher und kuratorischer Strategien in 25 thematischen Clustern aufgearbeitet.
Unsere visuelle Kultur hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal verändert: Mit unglaublicher Geschwindigkeit hat das vernetzte Bild neue Bildformen und kulturelle Praktiken hervorgebracht – mit zuvor noch nie dagewesenen sozialen und politischen Auswirkungen. Memes und GIFs, Selfies und Instagram-Filter, Algorithmen und neuronale Netzwerke, Screenshots und Drohnenbilder, Netzfeminismus und Online-Aktivismus, Content Moderator_innen, Influencer_innen und Aufmerksamkeitsökonomien: Die bildbasierten Phänomene unserer Zeit haben die Fotografie und ihre Funktionen nicht nur verändert und erweitert, sondern auch in unserem Verständnis herausgefordert.
Mit SITUATIONS hat das Fotomuseum Winterthur über fünf Jahre lang die Techniken, Praktiken und Ästhetiken des Post-Fotografischen untersucht und die Auswirkungen aktuellster Bildphänomene zur Diskussion gestellt. Mit dem Cluster Closure geht das Format in dieser Form nun zu Ende – nicht aber die dezidierte Auseinandersetzung mit vernetzten digitalen Bildpraktiken. Mit diesem Schwerpunkt hat das Fotomuseum Winterthur zusammen mit wenigen anderen Fotografieinstitutionen international eine Vorreiterposition eingenommen, die es auch weiterhin verfolgen und ausbauen will: Einerseits soll der Schwerpunkt stärker in das Gesamtprogramm einfliessen, andererseits soll unter dem Namen [permanent beta] ein Labor an der Schnittstelle von Theorie und Praxis, von Forschung und Experiment entstehen.
Das letzte Cluster von SITUATIONS widmet sich dem Umstand, sich an einer Fragestellung oder einem Ereignis abzuarbeiten mit dem Wunsch, klare Antworten und damit einen Abschluss – eine closure – zu finden. Innerhalb dieses oft zum Scheitern verurteilten Prozesses nehmen fotografische Praktiken eine zentrale Rolle ein, indem sie eine Auseinandersetzung initiieren, einen Schlusspunkt setzen oder eine Endlosschlaufe in Gang setzen. Sei es in Form von rituellen Handlungen, von der Wiederaneignung und Neubesetzung von Räumen, Narrativen und Blickregimen, oder vom Abschluss, der sich als Kurzschluss entpuppt: Die präsentierten Arbeiten irritieren und fordern ideologische, kapitalistische und koloniale Systeme heraus – und damit letztlich auch die Fotografie als universale Ausdrucksform.
Ausgewählte Arbeiten
Alba Zari, «Occult», 2019
In ihrer fortlaufenden Arbeit Occult reflektiert die italienische Künstlerin Alba Zari die Propagandawerkzeuge der christlich-fundamentalistischen Sekte The Children of God (heute: The Family International), in die sie hineingeboren wurde. Zari kombiniert dabei öffentliche Archivbilder der Sekte, die ein Gefühl von Gemeinschaft, Ekstase und Zugehörigkeit vermitteln, mit propagandistischen Comics und Videos und privaten Familienfotos, die die Verherrlichung von Kindesmissbrauch und Zwangsprostitution aufdecken und ein über mehrere Generationen verwurzeltes Trauma erfahrbar werden lassen.
Samjeet Banerjee, «Anonimals», 2019
Am Beispiel der Stadt Zürich hinterfragt die Videoarbeit Anonimals des aus Indien stammenden und in Zürich lebenden Künstlers Samrat Banerjee koloniale Machtsymboliken im öffentlichen Raum, die oftmals durch Darstellungen von Tierwesen aus Kolonien gekennzeichnet sind. Die in Anonimals nachgezeichnete und über Fotografien zur Diskussion gestellte, bis heute im Schweizer Stadtraum versinnbildlichte «Überlegenheit» des (europäischen) Menschen ist, nach Banerjee, als Fundament der Ausgrenzung, Ausbeutung und Unterdrückung zu begreifen.
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