Die Figur des geistig Behinderten als Voraussetzung zur Erzeugung von Präsenz
im „Disabled Theatre“
Aufgrund ihrer Tätigkeit als Produzentin beim Behinderten-Theater „HORA“ Zürich ermöglicht
Ketty Ghnassia mit ihrer Untersuchung zu Jerome Bels „Disabled Theatre“ einen substantiellen
Beitrag zur Entstehung des international gefeierten Stückes, darüber hinaus dringt sie durch die
Frage nach Authentizität und Präsenz auch in die zeitgenössische ästhetische Diskussion zum
postdramatischen Theater (H. Thies-Lehmann) ein, den sie als „Kampf um den Theaterbegriff
und die damit verbundene Verkündung des ‚Theaters der Präsenz’ als authentisches Theater“
(S.7) bezeichnet. Mithilfe poststrukturaler Denkmodelle zum Subjektbegriff von Kristeva und
Derrida dekonstruiert Ghnassia die derzeit oftmals herrschende Auffassung der
Theaterwissenschaft, dass die Präsenz behinderter SchauspierINNEN von HORA allein aus der
„Eigenschaft der DarstellerINNEN“ zu erklären sei; vielmehr beruhe die Präsenz auf deren
Darstellungsverfahren.