Schon seit jeher erstellte und gebrauchte der Mensch Karten um zu planen, zu navigieren und sich zu orientieren. Seit der frühen Neuzeit bildete die Kartografie, als Visualisierung räumlichen Wissens, hauptsächlich massstäblich verkleinerte Gebiete und Objekte möglichst analog zur Wirklichkeit ab. Harry Beck schuf 1933 mit seinem schematischen Liniennetzplan der Londoner U-Bahn eine neue Generation Karte: Statt der genauen geografischen Position wurde die Beziehung der Haltestellen untereinander hervorgehoben. Heute im Informationszeitalter gebrauchen wir teils Karten, die gar keinen räumlichen Bezug mehr haben. Es werden Informationen, Zusammenhänge oder Strukturen abgebildet, die nicht mehr physisch, dafür in ihrer Wirkung und Wesenheit vorhanden sind. In diese Kategorie fällt beispielsweise das Abbilden von Netzwerken, vor allem das sozialer Beziehungen. Eine solche (kognitive) Karte unterscheidet sich in einem zentralen Punkt von einer herkömmlichen (analogen) Karte:
Bei einer geografischen, aber auch topografischen Karte bleibt die Darstellung unabhängig vom Standpunkt des Betrachters gleich, da er immer von oben - oder besser - von aussen auf das Abzubildende schaut. Die kognitive Karte bildet Strukturen nur scheinbar so objektiv wie die Raumdarstellung der Kartografie ab. Eigentlich ist es ein sehr subjektiver Prozess, bei dem sich die Darstellung je nach Position innerhalb der Karte verändert. Man kann eine solche Karte folglich nicht absolut und von aussen betrachten, sondern muss immer die Relation zu einem Standpunkt beachten. Beispielsweise belegen Karten von Verschwörungstheoretikern immer ihre Verschwörungstheorie, weil sie von dieser Auffassung der Begebenheiten aus erstellt wurden.
Was mich interessiert ist, wie sich durch grafische und strukturelle Veränderung der Karte eine Verschiebung des Standpunktes erwirken lässt, und inwiefern sich dadurch die Aussage der Karte ändert.