In diesem Set werden Studienprojekte aufgeführt, die automatisch auf der ZHdK-Website unter Studienprojekte publiziert werden. https://www.zhdk.ch/studienprojekte
Mit einer prozessorientierten Doppel-Einzelausstellung in Shanghai, soll in Zusammenarbeit mit LIAO Fei und YAO Mengxi der Frage nach vorgefertigten Verhaltens- und Wahrnehmungsmustern nachgegangen werden.
Im Zentrum der Thesis steht die kunstpädagogische Auseinandersetzung mit abjekter Kunst.
Abjekte Werke provozieren Ablehnung, Ekel oder Empörung. Die empfundene Aversion löst bei Rezipient:innen teils heftige körperliche und emotionale Reaktionen aus. Durch diese ästhetische Grenzerfahrung, den augenscheinlichen Tabubruch legt abjekte Kunst genau die Normen und Wertesysteme offen, die sie als unwürdig oder abstossend klassifizieren. Über die Offenlegung werden normative Wertungen und gesellschaftliche Verdrängungen dem Diskurs zugänglich und somit potentiell verhandelbar.
Von dieser Prämisse ausgehend, untersucht die Thesis, wie das Potential verwerflicher Werke zum Tragen kommen kann und welche Herausforderungen sich in der kunstpädagogischen Vermittlungssituation ergeben. In der diskursanalytischen Auseinandersetzung wirft Nora Némethy grundsätzliche Fragen der Kunstpädagogik auf und beleuchtet scheinbar unlösbare Dilemmata.
Wie können wirkungsvolle Interventionen für Partys konzipiert werden, die Freizeitdrogenkonsumenten zur Selbstreflexion anregen?
How can effective interventions for parties be designed to encourage self-‐reflection among recreational drug consumers?
Auf geht’s, ab geht’s, drei Tage wach! Eine Linie Koks da, eine Pille hier, etwas Amphie dort: In den Nächten des Wochenendes dem Alltag entfliehen. Die Nacht zum Tag machen. In eine andere Realität eintauchen. Das ist für manche Menschen fester Bestandteil ihres Lebens. „Merksch scho öppis?“ untersucht mit unterschiedlichen Methoden die Lebenswelt von Freizeitdrogenkonsumenten. Beobachtungen vor Ort sowie bei Beratungsstellen, verteilte Cultural‐Probes‐Pakete für zu Hause und Netnographie als Analyse eines Internetforums geben spannende Einblicke in die Welt der drogenkonsumierenden Partygänger. Die anschliessende Analyse des vielfältigen Datenmaterials gibt Aufschluss, wie Interventionen innerhalb solcher Lebenswelten konzipiert und gestaltet werden können. Anhand der Intervention party*ANIMALS wird exemplarisch das Potenzial der gewonnenen Erkenntnisse gezeigt: Eine partizipative Clubaktion, die Freizeitkonsumenten zur Selbstreflexion anregt.
10 Minuten vom Zürcher Hauptbahnhof entfernt steht das grösste Ausschaffungsgefängnis der Schweiz. Seit Jahren besuchen wir dort Insassen. Von persönlicher Nähe und sachlicher Genauigkeit geprägt, beschreibt und befragt der Dokumentarfilm diesen vergessenen Ort. Der Film erzählt von Lebensgeschichten, die durch die Haft in diesem Gefängnis gezeichnet sind.
– ZU BESUCH – macht Menschen und ihr Handwerk sichtbar. Auf den Spuren von Denis Diderot, der bereits 1751 die Handwerker Frankreichs in ihren Werkstätten besuchte, gibt – ZU BESUCH – einen Einblick in den Alltag von Handwerkerinnen und Handwerkern heute.
Auf doppelseitig bedruckten A5-Karten wird eine Person mit Fotografien, begleitet von Zitaten porträtiert. Die ersten sechs Ausgaben zeigen sechs Menschen, die auf verschiedene Arten mit der Materie Holz arbeiten. Bezogen werden die Karten im Jahresabonnement – so liegt jeden zweiten Monat eine Ausgabe druckfrisch im Briefkasten. Um die Bilder zu Hause auszustellen, können optional Kartenständer dazu bestellt werden.
«Der Schreiner, die Laborantin, der Dirigent -– sie alle sind ‹Handwerker›, weil sie ihrer Arbeit mit Hingabe nachgehen.» Richard Sennett
Die Zeitung «The Guardian» titelte bereits vor Ausbruch des Bergkarabach-Krieges 2020: «Monumental loss: Azerbaijan and the worst cultural genocide of the 21st century».
Die Journalistin Dale Berning Sawa beschreibt darin die blinde Zerstörungswut der aserbaidschanischen Regierung gegen armenische Kulturgüter. Der vom Autokraten Ilham Aliyev über mehrere Jahrzehnte strukturell konstruierte Hass gegen die Armenier:innen und ihre Kultur hat sich im Herbst 2020 im Krieg mit mehreren Tausend, davon vielen sehr jungen, Opfern brutal entladen.
Während des sechswöchigen Arbeitsaufenthaltes mit dem Projekttitel «Ծիրան եւ նուռ – Apricot and Pomegranate» trifft Simona Winkler-Fishyan sechs armenische Kulturschaffende zum Gespräch, um sie zu befragen, mit welchen Narrationen, Bräuchen und Symbolen die Menschen im Angesicht der mannigfachen Belastung, der Kriegsfolgen, der instabilen politischen Situation seit Kriegsende und der Coronakrise Hoffnung und Resilienz schaffen. Die Künstlerin möchte ihr Wissen über die armenischen Symbole und Bräuche erweitern und nach ihrer Gültigkeit für die junge Generation erforschen. Welches zeitgenössische Verständnis armenischer Kultur herrscht vor und wohin entwickelt es sich? Wie wird dies von jungen Künstlerinnen und Künstlern aufgegriffen und wie spiegelt es sich in ihren Werken wider?
Die Gespräche mit den sechs Kulturschaffenden werden in Form einer Publikation mit Einleitungstext im Verlag INKFISH des Studio Inkfish Zürich (www.inkfish.ch) erscheinen.
Wissend, dass die armenische Kunst und Kultur gefährdet sind und in Teilen dieser Welt bewusst zerstört werden, will die Künstlerin einen Beitrag zur Erhaltung leisten. Dies wird durch Sichtbarmachen erreicht, denn was sichtbar ist und bezeugt werden kann, ist weniger einfach vernichtbar.
Durch die Publikation «Ծիրան եւ նուռ – Apricot and Pomegranate» werden aktuelle politische Diskurse und kulturelle Aktivitäten in und um Armenien in die Schweiz getragen. Kunst- und Kulturschaffende unterschiedlicher Nationen und unterschiedlicher künstlerischer Disziplinen können in einen Austausch treten und im Sinne der Friedensförderung Diskurse über Politik, Gesellschaft und Kultur führen.
Drei Pärchen erledigen gleichzeitig ihre Einkaufe in einer Möbelhauskette. Sie alle stehen vor einer grossen Veränderung in ihrem Leben. Ein junges Paar ende zwanzig plant die gemeinsame Hochzeit und den langeersehnten Umzug ins Eigenheim. Zwei beste Freunde anfang zwanzig beklagen sich über Pärchen und schreiende Kinder im Laden. Für sie ist der Einkauf im Möbelhaus ein reiner Zeitvertreib. Eine Mutter und ihre Tochter suchen im Eiltempo letzte Einrichtungsgegenstände für das neue Zuhause der Tochter. Drei unterschiedliche Perspektiven auf den Beziehungsalltag.
Ausgangspunkt der Masterarbeit von Alina Mathiuet ist das Potential von sogenannten Übersprungshandlungen. Sie treten unbewusst auf, sind individuell und nicht gesellschaftlich normiert. Sie untersucht das Phänomen Übersprungbewegung aus verschiedenen gestalterischen und theoretischen Perspektiven.
Mit Objekten soll die tragende Person auf die unbewusste Handlung des eigenen Körpers aufmerksam gemacht und sensibilisiert werden. Anhand prototypischer Schmuckstücke wird untersucht, inwiefern unterschiedliche Materialien und Formgebungen sich auf die Person auswirken und die haptische Empfindung in der Mensch-Objekt-Beziehung betrachtet.
Mein Blick gleitet durch einen Raum. Ein Sitznachbar folgt konzentriert der laufenden Diskussion. Er ist mit einem grauen Kugelschreiber ausgerüstet, allerdings ist er nicht besonders angeregt am Notieren, stattdessen bohrt er sich mit dem Stift eine Art imaginäres Loch in die Wange. Alle paar Umdrehungen des Stifts schliesst er sein Gebiss, drückt den Kugelschreiber dagegen und lässt mit einem Klickgeräusch die Mine hinein und hinaus fahren. Zwei Reihen weiter vorne nestelt sich eine Zuschauerin eine Haarsträhne aus dem Zopf, dreht diese um den rechten Zeigefinger, um sich dann mit dem eingewickelten Finger mehrmals über das Ohr zu fahren. Dann ist die Nächste mit ihrer Präsentation an der Reihe. Sie steht auf, geht nach Vorne und fährt sich von einem schniefenden Geräusch begleitet mit der linken Hand über die Nasenspitze, bis diese dem Druck der Reibung nachgibt, über den Nasenrücken gedrückt hochgezogen wird und wieder zurück an ihren Platz rückt. Diese Bewegung habe ich bei ihr öfters beobachtet. Zum Beispiel während hitzigen Diskussionen oder kurz vor dem Aufschlag des Gegners während einem Volleyball-Spiel. Es ist eine Berührung der Hand eines anderen Körperteils oder Kleidungsstückes, welche scheinbar nicht in die Situation passt und wird in der Literatur als Übersprungbewegung bezeichnet.
Ich selbst wurde von meiner Praxismentorin auf einige meiner eigenen unbewussten Handlungen aufmerksam gemacht. Dazu gehören: "die Hose an zwei Gurtschlaufen mit den Zeigefingern energisch nach oben zu ziehen" und "mit der rechten Hand über die linke Augenbraue fahren und die Stirnfransen zurück wischen". Nach der Rückmeldung versuchte ich mich auf die Bewegungen zu konzentrieren. Ich bemerkte die Handlung jedoch immer erst während der Ausführung. Es interessiert mich, dass diese Bewegungen unbewusst auftreten, individuell und nicht gesellschaftlich normiert sind.
In dieser Arbeit beschreibe ich dreidimensionale Objekte, die ich auf Grund dieser Beobachtungen entwickelt habe. Diese werden an der jeweiligen Körperstelle getragen, an der die spezifische Übersprungbewegung stattfindet. Durch das Objekt will ich die tragende Person auf die unbewusste Handlung des eigenen Körpers aufmerksam machen und sensibilisieren. Anhand der entstandenen Objekte untersuche ich, inwiefern unterschiedliche Materialien und Formgebungen sich auf die Person auswirken, wie sich die Funktionsweisen: Schmuck, Korrektur, Überzeichnung und Aufzeichnung auf die Übersprungbewegung übertragen und wie diese Entscheidungen bezüglich Form und Material auf meine Designpraxis zurückwirken. Der erste Teil eröffnet das Untersuchungsfeld mit den beschreibenden Beobachtungen meiner Modelle, die parallel oder im Vorfeld zur schriftlichen Arbeit entstanden sind. Durch die Untersuchungen stosse ich auf die Haptik als Bindeglied zwischen Objekt und Mensch. Auf diese Form der Empfindung wird im zweiten Teil der Arbeit, losgelöst von der Übersprungbewegung eingegangen. Ich beginne mit der Unterscheidung von taktil und haptisch, um dann die haitische Empfindung in der Mensch-Objekt-Beziehung zu betrachten. Zwei Beispiele aus der Designpraxis zeigen abschliessend auf, wie Haptik Körperempfinden vermitteln kann.
Die Masterthesis untersucht das Über:leben und Über:arbeiten von Kulturschaffenden mit Klassismuserfahrungen. Die Dualität des Titels greift dabei auch die zwei Perspektiven der Schreibenden auf, jene der angehenden Kuratorin und jene der Arbeiter:innentocher. Auf der Grundlage der Diskurse um Klassismus und Hegemonie im Kulturfeld wurden Interviews mit sechs Kulturschaffenden geführt. Durch die Interviews werden singuläre Erfahrungen als kollektive sichtbar gemacht, die Rückschlüsse auf Ausschlussmechanismen im kulturellen Feld zulassen. Bei den Interviewpartner:innen handelt es sich um Kerim El-Mokdad, Franziska Weygandt, Kristina Dreit, Stirnimann-Stojanovic, Sonja Heim und Katharina Klang. Die Autorin geht in der Thesis der Frage nach, wie eine antiklassistische Praxis im Kulturfeld aussehen könnte.
Das folgende Paper versucht eine Adaption einer Fragestellung der postkolonialen Kritik auf die kuratorische Praxis, indem die Frage der indischen Philosophin Gayatri Chakravorty Spivak: «Can the Subaltern Speak?» auf Künstler:innen, angewendet wird, die vom Kunstbetrieb ausgeschlossen werden. Spivaks Konzept der epistemischen Gewalt wird auf eine Bevölkerungsgruppe angewendet, die sich zwar nicht ethnisch von der Mehrheit unterscheidet und doch von Machtstrukturen, die sich geschichtlich manifestiert haben, ausgeschlossen wird. Im Transfer aus dem klinischen in das Kunstfeld durch Jean Dubuffet 1949 ist mit dem Begriff Art brut eine Vereinfachung und Pauschalisierung passiert, die noch heute nachwirkt. In der Mythenbildung des Anderen durch die Kunstrezeption spielen Begrifflichkeiten eine wichtige Rolle. Die von Michel Foucault genannten Effekten des Diskurses bestimmen das Aussen und das Innen. Diese nicht materielle Infrastruktur kann durch die Präsentation, die Rezeption und das Publizieren neugeordnet werden. Anhand zeitgenössischer Projekte wird die Frage untersucht, inwieweit die kuratorische Praxis diesen Prozess der Neuordnung unterstützten kann, um Künstler:innen in den Kunstbetrieb einzuschliessen, bzw, um sie selber sprechen zu lassen, denn nach Spivak geht es darum, Infrastrukturen für die aufzubauen, die von den Strukturen des Staates abgeschnitten sind. Denn es sind keine Positionen von Aussenseitern, sondern verschiedene Stimmen aus der Gesellschaft und erst in der Zusammenführung und Gegenüberstellung diverser Positionen, wird eine gemeinsame Narration gebildet.
Die Masterthesis beschäftigt sich mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit im Kontext der kuratorischen Praxis in Kunstinstitutionen. Kuratorische Herangehensweisen von ruangrupa an der documenta fifteen werden beleuchtet. Die Förderung von Nachhaltigkeit bezieht sich dabei u.a. auf die Bereiche Materialkreislauf, Transport und Kooperationsprojekte. Durch die Kunst sowie in der Vermittlung kann der Nachhaltigkeitsdiskurs in Kunstinstitutionen angestossen werden. Durch den Fokus auf Teilhabe und Diversität, die Förderung gesunder Aktivitäten sowie die Bereitstellung sozialer Orte zum Austauschen, Lernen und Zusammenkommen können sozial nachhaltige Strategien umgesetzt werden. Die Thesis verfolgt das Ziel, bestehende Umsetzungsmöglichkeiten von Nachhaltigkeit im kuratorischen Feld aufzuzeigen und über das Potenzial von Kunstinstitutionen als Katalysatoren für ökologische und soziale Nachhaltigkeit nachzudenken.