Theater zwischen Audiowalk und interaktiver Installation.
Diplomproduktion Master Theater Dramaturgie
Ein volles Parkett täuscht – besser als ein halbvolles es kann – gern darüber hinweg, dass Theater immer schon schlecht besucht waren. Sie werden auch immer schlecht besucht bleiben – weil Repräsentation immer mit Unterrepräsentation einhergeht, egal wie wachsam wir füreinander werden.
Nicht nur zentralperspektivische Sicherheitsarchitekturen, ästhetische Abschottung und akademische Grenzen garantieren also die «Schlecht besuchten Theater», in denen seit Jahrzehnten Millionen Leute fehlen.
Für manche Leute ist allerdings die grosse Leere, die in ihren Tempeln schon so lange herrscht, erst heute sichtbar. Dass sie, angesichts der drohenden Umverteilung dieser Leere in den Theatern, nun behaupten, «das Publikum» bleibe erst neuerdings aus, spricht nur für ihr Unbehagen – angesichts dessen, dass nun Körper, Perspektiven und künstlerische Sprachen die Umverteilung der Unterrepräsentation vornehmen könnten, die lange aus leeren Theatern abgehalten wurden.
Eigenschaft der Repräsentation selbst ist es, Unsichtbarkeit herzustellen und mit Unterrepräsentation gemeinsam zu entstehen.
“I’m not strange, weird, off, nor crazy, my reality is just different from yours.”
Alice in the wonderland
Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir mit schlafen und träumen. Was erleben wir in dieser Zeit? In welchen Realitäten befinden wir uns? Was ist Realität?
Eine internationale Gruppe von Theaterkünstler:innen und Musiker:innen aus der Schweiz, Brasilien, China, Uganda und Deutschland beschäftigte sich mit dem Thema Träume und Schlaf. Diese Inszenierung basiert auf ihrer zweijährigen Recherche und Dokumentation über das Thema der Träume. Performance, Film, Literatur und Live-Musik versammeln sich hier und eröffnen das Universum der Träume. Sie laden Dich auf eine surrealistische Reise in Dein Unterbewusstsein ein, in die verborgene, grenzenlose Welt. Eine Erinnerung daran, dass die Fähigkeit der Vorstellungskraft in jedem Körper verborgen liegt.
In «Of Crying Stones» steigen die Performenden in die politischen Dimensionen von Depression herab: In der installativen Raumsituation bringen die acht Körper sich selbst und ihre Umgebung zum Vibrieren, um die Scham, die mit verletzlichem Dasein verbunden ist, zu entstigmatisieren. Angstzustände und Leichtigkeit prallen hier aufeinander, um neue Visionen für den Umgang mit gefühlter Leere, Verletzungen und Traumata zu erproben. Durch gesammelte Praktiken von Fürsorge, Zuneigung, Verantwortung, Respekt, Commitment und Vertrauen wird ein Beziehungsnetz geschaffen, das Zuschauende und Performende zu einer temporären, aber zukunftsweisenden Gemeinschaft ausbildet.
Mit Texten von Sylvia Plath («Die Glasglocke»), Kader Attia, bell hooks, den Projektbeteiligten u.v.m
Le roi est mort, vive le roi
El rey ha muerto, larga vida al rey
De König isch tot, lang lebt de König.
Король мертв, да здравствует король.
Der König ist tot, es lebe der König.
The king is dead, long live the king.
Regele a murit, trăiască regele
Kein sicherer Boden, keinem dem man vertrauen kann, doch ein grosser Kampf um den Erhalt des eigenen Status. Shakespeares Welt erinnert heute mehr denn je an unsere Gesellschaft. Zwar sind es keine König:innen, die um den Machterhalt kämpfen, doch die Beziehungsstrukturen und Kämpfe gleichen sich. Also: was können wir aus der Geschichte lernen? Was mitnehmen? Und wie weitermachen?
Die Fortsetzung der Königsdramen entwickeln Alexander Stutz, Melanie Oșan und das Ensemble. Damit laden sie zu einen Trip durch die Vergangenheit ins heute ein.
Die Geschichte von DER KULT DER TOTEN KUH begann Ende November 2020 als die Userin Aslı auf Instagram gehackt wurde. Sie bemerkte ungewöhnliche Vorkommnisse auf der Plattform, und traf gemeinsam mit ihren Follower*innen auf unberechenbare Charaktere und geriet schliesslich in einen Strudel von Ereignissen, an dessen Ende eine schicksalshafte Entscheidung zu treffen war: Upload oder nicht Upload?
Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen. Das hybride Master Regie Diplomprojekt von Laura Tontsch ist nach dem dreiwöchigen digitalen Instagram Game noch nicht vorbei. In der performativen Installation am 8. Januar 2021 im Theater der Künste springt man ins Jahr 3021 und begibt sich in das labyrinthartige Herz eines Servers, in dem die Daten von Aslı und ihrer Geschichte noch immer gespeichert sind. Und wieder stellt sich die Frage: Upload oder nicht Upload?
DER KULT DER TOTEN KUH forciert durch seine Zweiteilung in das digitale und analoge Bühnenformat die Frage, welches Potential der digitale Raum nicht nur im gesellschaftstheoretischen sondern auch im künstlerischen Sinn hat. In einer dreiwöchigen interaktiven Instagram Performance spielten sich die Mitspieler*innen des Publikums bis zu dem Punkt, an dem sie entscheiden mussten, ob sie Instagram löschen oder nicht.
Das Instagram Game beschäftigte sich mit gegenwärtigen Diskursen des digitalen Raums, wie Manipulation, Propaganda und Einfluss auf sozialen Medien, ob politischer oder kommerzieller Herkunft. Vom Begriff des “Hacktivismus” inspiriert, der in den 1980er Jahren vom Hackerkollektiv The Cult of the Dead Cow geprägt wurde, erzählte das Game eine neue Heldinnengeschichte des digitalen Zeitalters. Durch die Interaktionen des Publikums und das Live-Inszenieren wurde diese Geschichte einzigartig.
Die performative Installation im Theater der Künste beschäftigt sich dagegen mit futuristischen Gesellschaftsvisionen. Von der Fiktion des Spiels angestossen, spinnt sie angereichert mit trans- und posthumanistischen Zukunftstheorien das gewählte Ende des online Publikums weiter ins Jahr 3021. Man
befindet sich in einer 35-minütigen Zeremonie, in der man endgültig in die Cloud hochgeladen werden soll.
Doch mit dem kritischen Geist von Aslı, der noch immer im Server gespeichert ist, gilt es diese digitale Zukunft erneut, diesmal durch ein analoges Choose-Your-Own-Adventure Game mit Druckern, zu hinterfragen. Welche unbewussten gegenwärtigen Entscheidungen generieren unsere Zukunft?
ADHS oder: Ein Resonanzkörper im Raum ist eine sinnliche Rekonstruktion verschiedener Wahrnehmungsweisen einer Person mit ADHS/ADS: Eine szenische Abfolge von unterschiedlichen Aufmerksamkeitsformen:
Ein endloser Teppich durchläuft den Raum, ein Vogel pfeift, der Klang stürzt durch die Nebelmaschine; eine Trommel wird zerlegt, die Sihl rauscht; es rieselt Popcorn: Umspült vom Bühnenraum, improvisieren zwei Schlagzeuger: Sie lenken das Publikum über ein Terrain der Gleichzeitigkeiten, der Konzentration, der Streuung: Ein Körper in Resonanz.