„ Nicht alles, was wahr ist, ist gut. Manche Wahrheiten sind nicht gut. Wie das Aufrollen dieser Geschichte“. Diese Aussage macht Adi Zulkadry in einem Interview mit Joshua Oppenheimer, dem Regisseur von The Act of Killing. Als ehemaliger Leiter eines Todeskommandos ist Zulkary verantwortlich für den Tod einer Vielzahl von Menschen, die während der Massaker 1965-66 in Indonesien ermordet wurden. Die Aussage aus dem Film ist ein direkter Verweis auf die Fragestellung, was dokumentarisches Arbeiten heute bedeutet und welche Formen man wählen kann um eine Auseinandersetzung mit geschichtlichen Ereignissen zu unterstützen. Dass der Protagonist im Drehprozess auf diese Thematik stösst scheint zufällig, erzeugt jedoch einen schönen Verweis auf die Thematik der Dokumentalität, einem Begriff der vor allem von der Filmemacherin und Autorin Hito Steyerl geprägt ist. Steyerls Arbeiten bewegen sich zwischen den Grenzen von Film und Bildender Kunst, Theorie und Praxis, was sie den Begriff wie folgt beschreiben lässt:„ ,Dokumentalität' ist eine Wortneuschöpfung in Anlehnung an «Fiktionalität» und deutet damit auf ein interessantes Kennzeichen der dokumentarischen Strategien in der Kunst“.
Steyerl weisst in ihrer Begriffsdefinition auf den Aspekt der Fiktionalität hin, dessen Beitrag im Bezug auf dokumentarisches Arbeiten im weiteren Verlauf dieser Arbeit thematisiert wird. Zunächst ist es jedoch interessant, dass bereits hier, in der Originalfassung des Filmes, eine Reflexion über die Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsanspruch des Dokuments enthalten ist. Es ist unwahrscheinlich, dass das Eingangs erwähnte Interview das Ziel hatte, eine theoretische Debatte über diesen Anspruch zu führen - es scheint viel mehr das Ergebnis unmittelbarer Kommunikation des Filmemachers und seines Protagonisten zu sein.
Nichtsdestotrotz bietet es sich im Hinblick auf die Thematik dieser Arbeit als Ausgangspunkt an.