Es ist der 3. Oktober 2022 und mein erster Besuch im Schauspielhaus Zürich. Am Programm steht „Ödipus Tyrann“. Das erste, was mir auffällt, ist: Das ist aber ein kleines Theater. Das zweite: Und so viele Plätze bleiben hier leer.
Das mit den Plätzen denke ich mir noch bei vielen weiteren Vorstellungen. Zwar ist es zunächst nichts Ungewöhnliches, denn viele Theaterstücke, die ich bisher besucht habe, sind nicht annähernd ausverkauft gewesen. Aber dass dies auch in einem der führenden Theater im deutschsprachigen Raum passiert - in einer Stadt, die nicht besonders groß ist, wo Kunst und Kultur ganz oben stehen und die nur ein paar größere Theaterhäuser hat, wundert mich sehr. Warum ist das so?
Da ich mich dafür entschieden habe, Schauspiel zu meinem Beruf zu machen, bin ich mehr oder weniger von der Zukunft des Theaters abhängig. Was bedeutet es für mich, wenn das Publikum immer weniger wird und letztendlich niemand mehr hingeht?
Also habe ich beschlossen, diesem Thema meine Masterarbeit zu widmen, und möchte im Folgenden herausfinden, wer diese Menschen sind, die nicht ins Theater gehen, und warum.
Dazu werde ich dort anfangen, wo es auch bei mir begonnen hat, und zwar im Schauspielhaus Zürich. Kurz nach meinem ersten Besuch beginnen nämlich hitzige Debatten in den Medien. Abos werden gekündigt, die Auslastungen sind zu gering, Hauptziel der Kritiken die beiden Intendanten und deren neues Programm, das alles andere als klassisch und konservativ ist. „Publikumsschwund“ wegen zu viel „Wokeness“?