Hier möchte ich meine Erfahrung während der Vorstellung Leonce und Leonce zusammenfassen, die ich unmittelbar nach der Vorstellung mit einer Audioaufnahme festgehalten habe:
Ich konnte mich während der Vorstellung nicht zurücklehnen und nur zuschauen. Ich konnte mich dem Geschehen nicht entziehen, ich fühlte mich angesprochen und gemeint. Ich fühlte mich auf mich selbst zurückgeworfen. Ich begann über mich selbst nachzudenken. Ich fragte mich, was das, was auf der Bühne gesagt wird, mit mir zu tun hat. Ich war mir während der ganzen Vorstellung meiner eigenen Anwesenheit und der aller anderen Personen im Raum bewusst. Ausserdem bemerkte ich, wie ich während der Vorstellung andere Zuschauer:innen beobachtete, wie sie auf das Geschehen reagieren. Ich war während der Aufführung nicht damit beschäftigt, einen Sinn zu entschlüsseln, etwas verstehen zu wollen.
Um mich diesem Verständnis von Situation anzunähern, beschäftigte ich mich mit der Existentialphilosophie von Jean-Paul Sartre, im Speziellen mit seinen Überlegungen zum Blick sowie seinem Freiheitsbegriff in seinem philosophischen Hauptwerk Das Sein und das Nichts und mit seinem dramatischen Konzept Theater der Situationen. Mit diesem Wissen stellte ich dann eine Art phänomenologische Aufführungsanalyse an und machte mich in den Inszenierungen von Leonie Böhm nach Vermutungen für meine gemachte Erfahrung.