Die Frage nach dem politischen Gehalt und dem Potential des Theaters prägt denn auch wieder Feuilletons, theaterwissenschaftliche Institute, Festivals, Podien und Symposien. Und es gilt wieder neu zu fragen: Welches Theater braucht die heutige Zeit? Wie muss es sich gestalten, um politisch zu sein, Kritik zu üben, sich mit der politischen Realität in Beziehung setzen? Statt in dunklen Kammern abseits der Welt an der Heiligkeit uralter Texte und Me-thodiken festzuhalten und über schwindende Zuschauerzahlen zu weinen – um es mal po-lemisch zu formulieren?
Hat es (noch) politisches Potential?
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit ebendieser Frage nach dem politischen Potential zeitgenössischen Theaters. Sie versucht eine abrissartige Klärung des Begriffs und der Vor-aussetzungen, die durch den aktuellen gesellschaftspolitischen Kontext im durchökonomi-sierten Spätkapitalismus gegeben sind. Nimmt dann einige theaterwissenschaftliche Gedan-ken aus dem Diskurs um das politische Theater auf und denkt diese im Rahmen einer mani-festartigen Skizze für ein ganzheitlich kritisches Theaterkonzept als Grundvoraussetzung für die Entfaltung eines politischen Theatermoments weiter. Dabei versucht sie über die Frage nach dem konkreten (politischen) Inhalt eines Theaterabends und seine konkrete Form hin-auszudenken und allumfassender und grundsätzlicher strukturelle Begebenheiten bei der Entstehung eines theatralen Moments in den Blick zu nehmen. Sie möchte für ein ganzheitli-cheres Konzept politischen Theaters plädieren. Damit werden konkrete Verortungen, Forma-te und Texte zweitrangig, auch wenn sich die Arbeit in Bezug auf Sekundärliteratur und Bei-spiele auf das deutschsprachige Theater bezieht.