Im Theaterbereich eine Masterthesis über Handlung zu schreiben ist naheliegend und nicht besonders kreativ. Theater lebt von Handlungen, es ist Darstellen von Handeln. Mein Hintergrund ist aber nicht der des klassischen Theaters – das sich im Übrigen ja auch immer wieder und weiter vom handlungsorientierten Erzählen entfernt –, sondern liegt eher im Bereich des Social Designs und Kunstschaffens in einem weiten Sinn. In dieser Arbeit geht es auch nicht darum, über (Bühnen-)Handlungen zu schreiben, sondern darum, zu analysieren, was ich tue, wenn ich Kunst mache.
Die Idee für meine Thesis entspringt drei Beobachtungen. Ursprünglich war ich inspiriert von Bruno Latours Text «Zirkulierende Referenzen» (Latour 2000, S.36ff). Darin beschreibt Latour sehr detailliert – und in meinen Augen in diesem Detailreichtum auch leicht ironisch – eine Expedition in den Amazonaswald, deren Ziel es ist, zu erforschen, ob der Wald zurückweicht oder ob die Steppe vorrückt, und die er als soziologischer Beobachter begleitet, um die Forschungsmethoden seiner naturwissenschaftlichen Kolleg*innen zu dokumentieren. In den beschriebenen Tätigkeiten, die die Forscher*innen zum Erreichen ihres Forschungsziels verfolgen, sah ich performatives Potenzial. Ich fragte mich, was geschehen würde, wenn Schauspieler*innen ohne naturwissenschaftliches Fachwissen die gleichen Tätigkeiten ausüben würden. Würden sie das gleiche tun wie die Wissenschaftler oder, obwohl sie formal die gleichen Handlungen ausüben, etwas anderes?