Hauptteil der Masterthesis ist die Geschichte Lavendelblau, die den Versuch darstellt, aus den eigenen Wunden heraus zu schreiben: Anstatt sich vor Verletzbarkeit zu verschliessen, die Instabilität des Seins zu akzeptieren und dadurch verletzliche und transformative Begegnungen zuzulassen.
Im Vorhaben, das Narrativ der Monsterfigur als hegemoniales Instrument des otherings zu umschreiben und zu durchque(e)ren, reflektiert Len Mettler das monströse Potenzial von Mehrdeutigkeit. Daraus resultiert die Frage, wie Ambiguität nicht als benennbare Kategorie, sondern als Mittel für eine kritische Literacy angewendet werden kann. Das dem Monströsen immanente Stör- und Überraschungspotenzial wird zur Möglichkeit für ein forderndes, teils unbequemes, vor allem aber transformatives Lernen.
Kerstin Slezaks Kurzdokumentarfilm zeigt Ausschnitte einer Kindheit in einer muslimischen Grossfamilie. Die Dokumentation arbeitet mit intimen Einblicken in Alltagssituationen und untersucht die Beziehungsgefüge der acht Geschwister. Die Perspektive und das Empfinden der Geschwister werden ins Zentrum gerückt. Der Film interessiert sich für die Veränderung der Geschwister innerhalb der letzten fünf Jahre, indem er sie 2018 in Nordmazedonien und 2023 in der Schweiz begleitet. Das Land, in dem die Familie lebt, die Kultur, die Wohnform, das Alter, die Interessen und die Rollen der Kinder sowie deren Beziehungen untereinander verändern sich. Der Film lädt die Zuschauer:innen ein, über Einflussfaktoren auf die Kindheit, Alters- und Genderfragen sowie mögliche Zukünfte der Kinder nachzudenken. Parallelen und Unterschiede zur eigenen Kindheit können dabei gezogen werden.
In der Konzeption von BG-Unterricht (Bildnerisches Gestalten) gibt es viele Variablen (wie Material, Raum und Zeit) an denen man schrauben kann. Die «Schüler:innenschaft» bildet in der Regel die Konstante. Doch was ist, wenn genau diese verändert und das Potenzial des Fachs für individuelles Arbeiten, Perspektivenvielfalt und nonverbale Sprache genutzt wird?
Johanne Müller konzipierte, realisierte und reflektierte eine Unterrichtseinheit, in welcher Schüler:innen aus einer Kantonsschule und einer Heilpädagogischen Schule zusammen gestalterisch arbeiteten. Die Fragen, Potenziale und Schwierigkeiten, auf die sie dabei stiess, drehen sich auch um das Schulsystem und das gesellschaftliche Verständnis von Norm.
Gabriele Spallutos Interesse für Grenzen hat sich aus einem langjährigen fotografischen Projekt zu (Landes-)Grenzen heraus entwickelt. In seiner Masterthesis fokussiert sich Gabriele Spalluto nun auf Grenzen innerhalb von Schulen.
Das Unterrichtsprojekt «(Un)sichtbaren Grenzen» erprobt mit zwei Gymnasialklassen in je vier Doppellektionen einen praktischer Zugang. Im Mittelpunkt der Recherche stehen die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Schüler:innen betreffend Grenzen innerhalb der Schule – ob sichtbar oder unsichtbar. Dazu zählen architektonische, räumliche, systemischen sowie strukturelle und institutionelle Grenzen. Mit Hilfe verschiedener künstlerischer Methoden wie Kartografie, Fotografie und Performance versuchen die Schüler:innen, Grenzen ausfindig und sichtbar zu machen und sie zu hinterfragen.
Ein Vampir spielt einsam Klavier, Zombies musizieren schaurige Streichquartette – in seiner Masterthesis verknüpft Daniel Topka Gänsehaut auslösende Geräusche und Bilder zu einer Video- und Soundinstallation. Grundlage für die Arbeit ist eine transhistorische und übermediale Analyse von unterschiedlichen Referenzen. Ausgehend vom Horror-Klassiker «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens» (1922) von F. W. Murnau und dem 100 Jahre später produzierten Horrorfilm «Smile» (2022) mit der intertextuell aufgeladenen Musik von Cristobal Tapia de Veer nähert sich Topka dem Thema an. Mit Horror lässt sich fiktionalisiert und trashig über gesellschaftliche Missstände sprechen. Dieser Ästhetik bedient sich Topka. Entstanden sind Filmsequenzen, die ihn und befreundete Musiker:innen als Monster zeigen und in denen die Grenzen zwischen high und low culture sowie die Kategorien von gutem und schlechtem Geschmack verwischt werden.
Bastian Riesen setzt sich, ausgehend von Karen Barads Buch «Meeting the Universe Halfway» und dessen Schlüsselbegriff der Diffraktion, mit Narration auseinander. Auf der Suche nach alternativen Formen der Geschichtenerzählung wird das Potenzial des Comics bzw. der Graphic Novel sowohl theoretisch wie auch praktisch untersucht – immer ausgehend von der empfundenen Notwendigkeit, bestehende hegemoniale Narrationsstrukturen zu hinterfragen. Barads Verständnis von Diffraktion, Entanglements und Intra-Aktion verbindet sich dabei mit Ursula K. Le Guins Carrier Bag-Theorie. Die dadurch entwickelten Ansätze formulieren eine fragmentarische, post-humanistische und non-lineare Erzählweise, welche in Bastian Riesens Graphic Novel «Totenschiff/e» auch praktisch erprobt wird.
In Alltagssprache und Designpraxis werden Objekte gelegentlich als aktiv handelnd bezeichnet, z.B. wenn davon die Rede ist, dass eine Yogamatte zum Absolvieren des Sportprogramms ermahnt. Der sozialwissenschaftliche Ansatz der Akteur-Netzwerk-Theorie/ANT analysiert diesen «stillen Zwang» der Dinge. Er geht davon aus, dass Artefakte ebenso handlungsfähig und gesellschaftlich wirksam sind wie menschliche Akteure. Somit erhält die Tätigkeit von Designer:innen einen höheren Stellenwert, denn die Beschaffenheit der Dinge fördert, verändert oder unterbricht gesellschaftliche Relationen. Die Masterthesis von Franka Grosse setzt sich mit der Frage auseinander, welche Folgen die Perspektive der ANT für das Design hat. Gibt es eine «Grammatik der Handlungen» (Yaneva, 2012), die den Dingen eingeschrieben ist? Und sollte diese stärker berücksichtigt werden, damit Designer:innen die Macht der Dinge nicht entgleitet und sie die Dinge gesellschaftlich sinnvoll gestalten?
Die Tiefsee birgt unendliche Landschaften, Felsen, Täler, verblüffende Tierarten und unheimliche Dunkelheit. Die Tiefsee lädt zum Eintauchen und Entdecken ein. In Anlehnung an die Mapping-Methode von Peter Busse ist die Masterthesis ein Versuch, die Tiefsee künstlerisch zu erforschen und darzustellen.
Die Mapping-Methode arbeitet interdisziplinär und mit verschiedensten Medien. Die Zusammenstellung von Text- und Bild-Elementen erlaubt spielerisch immer wieder neue Kombinationen zu bilden, Themen zu verbinden und Verweise zu machen. Die gedankliche Wissenskarte rund um den Begriff der Tiefsee wird verfeinert. Es entstehen neue Landschaften aus Textquellen, Gedankengängen, Collagen und gemalten Bildern.
Was bedeutet es, etwas nicht zu verstehen? Auf welche Arten lässt sich ein Zugang unter solchen Umständen schaffen? Wie manifestieren sich die Grenzen des Denkens? Diese Fragen gewinnen im Verlaufe der Masterthesis an Wichtigkeit. Es entstehen verschiedene Annäherungsversuche an das Ritual. Unter anderem wird ein Selbsttest durchgeführt. Jeden Morgen zeichnet die Autorin auf gleiche Weise während drei Monaten Striche auf ein Blatt Papier. In der wiederholten Handbewegung liegt ein Versuch, einen versöhnlichen Umgang mit der eigenen Vergänglichkeit zu finden und der alltäglichen Beschleunigung entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird das eigene Tun und Denken reflektiert.
Die Beschäftigung mit der Verflochtenheit von Sinnhaftig- und Sinnlosigkeit, von Endlich- und Unendlichkeit, ist Teil der Arbeit.
Andri Laukas setzt sich in seiner Masterthesis mit dem aktuellen Verhältnis zwischen Fotografie und «Landschaft» auseinander. In seiner künstlerischen und schriftlichen Arbeit macht er sich auf die Suche nach dem Unscheinbaren und Unverfügbaren. Die Arbeit animiert die Betrachtenden, beim Begreifenwollen des Halbverfügbaren in den Fotografien immerzu neue Varianten des Erblickens und Erkennens auszuprobieren. Es entwickelt sich ein Spiel, welches Erkenntnismuster und Mustererkennung verunsichert. Im Navigieren durch die Dimensionen holt man sich «scheinbar» Welt heran, um sie im nächsten Moment wieder im Geflimmer zu verlieren.
Die Masterthesis von Andi Breitenmoser setzt sich mit zeitgenössischer Malerei auseinander. Welche Bedeutung kommt dieser noch zu in einer Zeit, in der wir mehrheitlich von digitalen Bildern umgeben sind? In welchem Verhältnis steht Malerei zu zeitgenössischen Phänomenen wie Non Fungible Tokens und Artificial Intelligence? In seiner künstlerischen Praxis orientiert sich Andi Breitenmoser an dem abstrakt malenden chinesischen Künstler Tan Ping. Er folgt dabei Pings Motto «no purpose coincides with the purpose». Die daraus abgeleitete Strategie des Übermalens ist zugleich ein Umgang mit dem Prinzip des «nichts mehr sagen zu könnens». Die Art und Weise, wie die Technik des Abdeckens in den Malereien angewendet wird, wird zu einer Methodik des Wegstreichens seiner selbst und verleiht den entstandenen Malereien eine Dimension der Zensur.