Gabriele Spallutos Interesse für Grenzen hat sich aus einem langjährigen fotografischen Projekt zu (Landes-)Grenzen heraus entwickelt. In seiner Masterthesis fokussiert sich Gabriele Spalluto nun auf Grenzen innerhalb von Schulen.
Das Unterrichtsprojekt «(Un)sichtbaren Grenzen» erprobt mit zwei Gymnasialklassen in je vier Doppellektionen einen praktischer Zugang. Im Mittelpunkt der Recherche stehen die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Schüler:innen betreffend Grenzen innerhalb der Schule – ob sichtbar oder unsichtbar. Dazu zählen architektonische, räumliche, systemischen sowie strukturelle und institutionelle Grenzen. Mit Hilfe verschiedener künstlerischer Methoden wie Kartografie, Fotografie und Performance versuchen die Schüler:innen, Grenzen ausfindig und sichtbar zu machen und sie zu hinterfragen.
Alice Müller setzt sich in ihrer Masterarbeit mit den Herausforderungen der Architekturvermittlung auseinander. Diese liegen einerseits in der Komplexität des zu vermittelnden Gegenstandes, andererseits in einer kulturellen Distanz zwischen den Lehrpersonen und den Expert:innen.
Implizites Wissen über Material und Raum dient ihr als Grundlage für eine differenzierte Architekturvermittlung. Die Aktivierung einer Material Literacy und des gelebten Raumwissens verändert die Art und Weise, wie wir unsere räumliche Umgebung wahrnehmen – und auch wie wir Räume gestalten.
In der Masterthesis führen eine Lehrerin und eine Architektin eine fiktive Diskussion über ihre Sichtweisen und Ziele innerhalb der Architekturvermittlung sowie deren Potenziale und Hindernisse. Der Dialog führt die Lesenden durch den Unterricht, welchen Alice Müller im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit durchgeführt hat.
Was bedeutet es, etwas nicht zu verstehen? Auf welche Arten lässt sich ein Zugang unter solchen Umständen schaffen? Wie manifestieren sich die Grenzen des Denkens? Diese Fragen gewinnen im Verlaufe der Masterthesis an Wichtigkeit. Es entstehen verschiedene Annäherungsversuche an das Ritual. Unter anderem wird ein Selbsttest durchgeführt. Jeden Morgen zeichnet die Autorin auf gleiche Weise während drei Monaten Striche auf ein Blatt Papier. In der wiederholten Handbewegung liegt ein Versuch, einen versöhnlichen Umgang mit der eigenen Vergänglichkeit zu finden und der alltäglichen Beschleunigung entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird das eigene Tun und Denken reflektiert.
Die Beschäftigung mit der Verflochtenheit von Sinnhaftig- und Sinnlosigkeit, von Endlich- und Unendlichkeit, ist Teil der Arbeit.
In der Konzeption von BG-Unterricht (Bildnerisches Gestalten) gibt es viele Variablen (wie Material, Raum und Zeit) an denen man schrauben kann. Die «Schüler:innenschaft» bildet in der Regel die Konstante. Doch was ist, wenn genau diese verändert und das Potenzial des Fachs für individuelles Arbeiten, Perspektivenvielfalt und nonverbale Sprache genutzt wird?
Johanne Müller konzipierte, realisierte und reflektierte eine Unterrichtseinheit, in welcher Schüler:innen aus einer Kantonsschule und einer Heilpädagogischen Schule zusammen gestalterisch arbeiteten. Die Fragen, Potenziale und Schwierigkeiten, auf die sie dabei stiess, drehen sich auch um das Schulsystem und das gesellschaftliche Verständnis von Norm.
Die Masterthesis von Andi Breitenmoser setzt sich mit zeitgenössischer Malerei auseinander. Welche Bedeutung kommt dieser noch zu in einer Zeit, in der wir mehrheitlich von digitalen Bildern umgeben sind? In welchem Verhältnis steht Malerei zu zeitgenössischen Phänomenen wie Non Fungible Tokens und Artificial Intelligence? In seiner künstlerischen Praxis orientiert sich Andi Breitenmoser an dem abstrakt malenden chinesischen Künstler Tan Ping. Er folgt dabei Pings Motto «no purpose coincides with the purpose». Die daraus abgeleitete Strategie des Übermalens ist zugleich ein Umgang mit dem Prinzip des «nichts mehr sagen zu könnens». Die Art und Weise, wie die Technik des Abdeckens in den Malereien angewendet wird, wird zu einer Methodik des Wegstreichens seiner selbst und verleiht den entstandenen Malereien eine Dimension der Zensur.
In Alltagssprache und Designpraxis werden Objekte gelegentlich als aktiv handelnd bezeichnet, z.B. wenn davon die Rede ist, dass eine Yogamatte zum Absolvieren des Sportprogramms ermahnt. Der sozialwissenschaftliche Ansatz der Akteur-Netzwerk-Theorie/ANT analysiert diesen «stillen Zwang» der Dinge. Er geht davon aus, dass Artefakte ebenso handlungsfähig und gesellschaftlich wirksam sind wie menschliche Akteure. Somit erhält die Tätigkeit von Designer:innen einen höheren Stellenwert, denn die Beschaffenheit der Dinge fördert, verändert oder unterbricht gesellschaftliche Relationen. Die Masterthesis von Franka Grosse setzt sich mit der Frage auseinander, welche Folgen die Perspektive der ANT für das Design hat. Gibt es eine «Grammatik der Handlungen» (Yaneva, 2012), die den Dingen eingeschrieben ist? Und sollte diese stärker berücksichtigt werden, damit Designer:innen die Macht der Dinge nicht entgleitet und sie die Dinge gesellschaftlich sinnvoll gestalten?
Lea Werfelis Masterthesis dreht sich um einen Abschnitt der eigenen Biografie, nämlich die Zeit, als sie Volleyball auf professionellem Niveau spielte. Dafür schliesst sie sich mit Loue Wyder (BA Student:in, HSLU), eine:r langjährigen Freund:in, die ähnliche Sporterfahrungen mitbringt, zum Austausch zusammen. Gemeinsam führen die zwei Freund:innen Körperübungen vor laufender Kamera durch. Dabei versetzen sie sich nochmals in Momente, in denen körperliche und seelische Grenzerfahrungen stattgefunden haben. Verletzungen, Müdigkeit, harte Trainings, Coachrollen und Identitätsfragen bilden den Ausgangspunkt dieser Untersuchung und lassen fragen, welche Faktoren in einer solchen Leistungsbubble wie zusammenspielen und wie das Publikum Einblicke in diese persönlichen Grenzerfahrungen erhält. Gleichzeitig werden Bezüge zur Aktionskunst und den Performances der 1970er Jahren gesucht.
Ein Vampir spielt einsam Klavier, Zombies musizieren schaurige Streichquartette – in seiner Masterthesis verknüpft Daniel Topka Gänsehaut auslösende Geräusche und Bilder zu einer Video- und Soundinstallation. Grundlage für die Arbeit ist eine transhistorische und übermediale Analyse von unterschiedlichen Referenzen. Ausgehend vom Horror-Klassiker «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens» (1922) von F. W. Murnau und dem 100 Jahre später produzierten Horrorfilm «Smile» (2022) mit der intertextuell aufgeladenen Musik von Cristobal Tapia de Veer nähert sich Topka dem Thema an. Mit Horror lässt sich fiktionalisiert und trashig über gesellschaftliche Missstände sprechen. Dieser Ästhetik bedient sich Topka. Entstanden sind Filmsequenzen, die ihn und befreundete Musiker:innen als Monster zeigen und in denen die Grenzen zwischen high und low culture sowie die Kategorien von gutem und schlechtem Geschmack verwischt werden.
Der Begriff Interdisziplinarität wird in aktuellen Bildungsdiskursen oft verwendet. Doch was bedeutet er konkret für das Fach Bildnerisches Gestalten? Linn April Bär sieht Interdisziplinarität als Chance – sowohl für Unterrichtsinhalte als auch für eine gestärkte Präsenz des Fachs nach aussen. In ihrer Masterthesis sucht sie nach Schnittstellen von Kunst und Wissenschaft sowie nach Transfermöglichkeiten in den Unterricht. Aus dem Vergleich von Prozess-Abfolgen wissenschaftlicher und künstlerischer Laborarbeit wird der Akt des Experimentierens als verbindendes Element herausgearbeitet. Das Experiment als interdisziplinäres Gefäss wird mittels didaktischer Erprobung sowie unter Einbezug der begleitenden Theorie untersucht und evaluiert. Dabei werden Probleme identifiziert und neue Fragen aufgeworfen.
Hauptteil der Masterthesis ist die Geschichte Lavendelblau, die den Versuch darstellt, aus den eigenen Wunden heraus zu schreiben: Anstatt sich vor Verletzbarkeit zu verschliessen, die Instabilität des Seins zu akzeptieren und dadurch verletzliche und transformative Begegnungen zuzulassen.
Im Vorhaben, das Narrativ der Monsterfigur als hegemoniales Instrument des otherings zu umschreiben und zu durchque(e)ren, reflektiert Len Mettler das monströse Potenzial von Mehrdeutigkeit. Daraus resultiert die Frage, wie Ambiguität nicht als benennbare Kategorie, sondern als Mittel für eine kritische Literacy angewendet werden kann. Das dem Monströsen immanente Stör- und Überraschungspotenzial wird zur Möglichkeit für ein forderndes, teils unbequemes, vor allem aber transformatives Lernen.
Kerstin Slezaks Kurzdokumentarfilm zeigt Ausschnitte einer Kindheit in einer muslimischen Grossfamilie. Die Dokumentation arbeitet mit intimen Einblicken in Alltagssituationen und untersucht die Beziehungsgefüge der acht Geschwister. Die Perspektive und das Empfinden der Geschwister werden ins Zentrum gerückt. Der Film interessiert sich für die Veränderung der Geschwister innerhalb der letzten fünf Jahre, indem er sie 2018 in Nordmazedonien und 2023 in der Schweiz begleitet. Das Land, in dem die Familie lebt, die Kultur, die Wohnform, das Alter, die Interessen und die Rollen der Kinder sowie deren Beziehungen untereinander verändern sich. Der Film lädt die Zuschauer:innen ein, über Einflussfaktoren auf die Kindheit, Alters- und Genderfragen sowie mögliche Zukünfte der Kinder nachzudenken. Parallelen und Unterschiede zur eigenen Kindheit können dabei gezogen werden.
Die Wissenschaftsphilosophin Donna Haraway (1944) spricht sich in vielen ihrer* Essays für einen Akt des «Verwandt-machens» aus, wo es um das die Abstammungsgeschichte überwindende Sorge tragen aller Arten(-Genoss:innen) geht. Diesen Gedanken des «Verwandt-machens» greift Stefanie Steinmacher in ihrer Masterthesis am Beispiel der Insekten auf. Wie ist ein menschliches Mit-Werden mit Insekten im Sinne Donna Haraways möglich – einer Tierklasse, welche wohl am wenigsten auf die menschliche Form von Beziehungsbildung reagiert? In ihrer Auseinandersetzung diskutiert Stefanie Steinacher theoretische Ansätze zu nichtdiskursiven Praktiken und Tier-Mensch Beziehungen und versucht, im Sinne einer ästhetischen Erfahrung der Koexistenz ein künstlerisches Feld zu öffnen.