Die Künste und ihre Theorien haben in den Debatten der 1980er und 1990er Jahre wesentlich zum sogenannten »affective turn« in den politisch und gesellschaftlich interessierten Geistes- und Kulturwissenschaften beigetragen, so dass Lauren Berlant schliesslich festhalten konnte, dass Politik insgesamt affektiv und sentimental sei. Nicht zuletzt haben die Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten sowie die Rolle der Affekte in den sozialen Medien in diesem historischen Kontext das gewaltige politische Potenzial des gesamten affektiven Spektrums vor Augen geführt, gerade wenn es in den politischen Auseinandersetzungen nicht allein um das öffentliche und mediale Verhandeln widersprüchlicher Parteipositionen oder -interessen geht, sondern um das Schüren von Phantasien und Ängsten und um das Versprechen einer besseren Zukunft. Auf dem Hintergrund dieser Erfahrungen möchte das Panel, mehr als zwanzig Jahre nach dem »affective turn«, nicht nur die Verhältnisse der Affekte zur Politik noch einmal thematisieren und darin auch die Veränderungen, wie diese Verhältnisse gedacht werden, diskutieren, sondern insbesondere den Anteil der Künste und ihrer Theorien an den politischen Praktiken reflektieren, wie sie uns heute begegnen. Umgekehrt soll auch gefragt werden, wie die Künste und ihre Theorien ihrerseits auf die Omnipräsenz von Affekten in der Politik reagieren, eine Entwicklung, die sie, wie es scheint, mit angestossen haben.