Seit jeher sind Kneipen, oder früher Bierschänken, ein wichtiges Kulturgut unserer Gesellschaft. Sie waren und sind Treffpunkt, Sammelstelle und Sehnsuchtsort vieler. Nicht selten tragen sie oft Namen wie „Gemütlichkeit“, „Bei Renata“ oder „Karussell“ und suggerieren damit Familiarität und Geselligkeit. In Kneipen vermischen sich oft Arbeiter, Intellektuelle, Kreative, Jung und Alt und bilden somit häufig eine Brücke zwischen den sozialen Schichten.
Die vorliegende Arbeit bezieht sich dabei auf die stadttypischen Eck- oder Quartierskneipen mit ihrer langen Tradition, Umbrüchen und ihrem Stammpublikum. Ausgeschlossen aus der Betrachtung werden dabei Dorfgaststätten sowie Szenekneipen, spezielle Milieukneipen und englische Pubs und andere länderspezifische Einrichtungen. Ebenso wird der Aspekt des Alkoholkonsums und seiner Folgen in dieser Arbeit ausgeklammert.
Mit der vorliegenden Arbeit soll die ganz besondere Aura, die von eine Kneipe ausgeht, untersucht und analysiert werden. Schon immer locken sie Stammgäste, Menschen aus ihrer Nachbarschaft, Laufpublikum und Szenekenner an. Viele von ihnen besuchen fast täglich die immer gleichen Lokalitäten. Sie sind mehr als nur Orte, an denen gemeinsam getrunken wird, sie sind für viele ein zweites Wohnzimmer, ein Treffpunkt und Freiraum und zeigen Menschen oft in ihrer Privatheit in der Öffentlichkeit. Es sind Orte, an denen die Schwächen der Menschen oft sehr deutlich zu sehen sind. Der Kneipenraum ist auch Bühne und Marktplatz, die oder der Bar- *frau/*mann dient dabei oft als Moderator*in, der/die das ganze Publikum zusammenhält. Wer hierher kommt, kann Beobachter*in sein oder Teil des Spieles, in Szene gesetzt vom
Kolorit der Bar, ohne das dies alles nicht denkbar wäre.
Gerade der bildnerische Aspekt einer Kneipe fasziniert mich als Bühnenbildnerin besonders. Mit der vorliegenden Arbeit soll versucht werden, gerade diese Charakteristik herauszuarbeiten und dies soll somit der Inspiration meiner eigenen Arbeit dienen.
“Space is an abstract term for a complex set of ideas.”
Yi-Fu Tuan
As a scenographer, I frame and shape spaces. Understanding the qualities and limitations of a space is one of the most important abilities for this task. When the performance space was a stage, inside a theatre building, it only mattered what was on that given place, nothing else was taken into consideration by the audience. Now theatre has invaded new spaces, and claimed them as performance spaces. This shift has brought with it a lot of new possibilities. This study is my attempt to understand what the consequences of conquering these new spaces might be.
In the last few decades, theater practices have undergone extreme changes. In my view, this is due to an increasing awareness of the relationship established between performance space and audience. From this, a distinct way of thinking theatre has emerged: the Immersive Performance. The stage became a shared space between audience and performer. The stage became more than merely a beautiful composition and the participants found themselves able to experiment with it. Space took on the role of performer and in some cases, remained as the only performer – it became theatre with no actors, installation art or else, it became immaterial in Virtual Performances. It also affected the role the audience plays: they moved from spectators to active participants, and finally, to co-authors of a piece.
Was haben ein Sumpf, die Farbe Rot und eine chemische Reaktion mit der Erzählung eines Winterwaldes gemeinsam? Was eine Riesenschildkröte und Friedrich der Großen von Preußen mit der Schwerelosigkeit eines Astronauten, dessen abgehackte Sätze nicht zu verstehen sind? Sie bilden Szenen eines zeitgenössischen Theaters, das eine Form des Schnitt- und Montageverfahrens zur Herstellung seiner Bilder entwickelt hat. Es geht dabei weniger um den Vollzug erzählender Handlung als vielmehr um ein Fügen von Bildern, die viel Raum für die Erfahrung der Rezipient*innen+ bereitstellen, durch die Beteiligung ihrer Blicke und Vorstellungskraft überhaupt erst entstehen. Die beiden Aufzählungen beschreiben eine Szene einer Arbeit von Heiner Goebbels (Stifters Dinge*, Premiere 2007 im Théâtre Vidy, Lausanne) und einer von Robert Wilson (CIVILwarS), Premiere 1983 im Schouwburg Theater, Rotterdam). Die Beispiele stehen für eine Theatertradition, die sich abwendet von einer Hierarchie der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach der eine Narration, ein Regiekonzept zur Vermittlung einer Aussage, oder die Darstellung der Schauspieler*innen anderen Elementen des Theaters (Raum, Licht, Musik, Ton) übergestellt ist. Es ist eine Hin-wendung zu einer
Praxis der Gleichzeitigkeit zu beobachten und zur bewussten Trennung von Kausalitäten, wie der Deckungsgleichheit von Hör- und Sehbarem. An die Stelle von Repräsentation treten assoziative Bezüge und fügen sich in der Vorstellung Zuschauender zu Bildern. Doch was sind das für Bilder und wie können wir diesen Begriff des Bildes im Theater erfassen? Diesen Fragen möchte ich zu Beginn dieser Arbeit nachgehen. Nicht, um eine Definition des Bildes im Theater zu geben, sondern um aufzuzeigen, warum eine solche Definition nicht festzusetzen ist und welche Potenziale in der immanenten Offenheit des theatralen Bildes liegen. Zunächst werde ich dem Thema zugehörige theater- und kunstwissenschaftliche Diskurse streifen, die einen Trend des Theaters weg von einer der Linguistik entstammenden Struktur und hin zu einer neuen Bildlichkeit ('pictural turn') beleuchten. Das Bild generiert demnach aus sich selbst heraus Sinn und ist nicht mehr der Illustration von Sprache oder der Erklärbarkeit durch sie verhaftet. Um die Relevanz bilderproduzierender und - verschneidender Formen postdramatischen Theaters zu unter-suchen, werden anschließend Theorien zur Montage in Film und Theater aufgeführt, die die Wirkungsweisen eines fragmentierten und bildlichen Erzählens umreißen. Dies trägt zur Klärung der Frage bei warum Bilder, die Nicht-Kongruenz von Theaterzeichen und die Gleichzeitigkeit eigenständig 'handelnder' Bühnenmittel
mittlerweile zu den Sehgewohnheiten im zeitgenössischen Theater gehören. Hierzu eignen sich die Schriften Sergej Eisensteins und W.I. Pudowkins ebenso wie die Kinotheorie Gilles Deleuzes (Das Bewegungsbild). Letztere legt den Fokus auf eine Offenheit im Bildbegriff und in der kinematorgrafischen Wahrnehmung, die als Verknüpfung verschiedener Bewegungsmodi des Filmmediums, zu der Wahrnehmung einer Theatererfahrung* Parallelen aufweist. Die Verknüpfung der Theorie des Bewegungsbildes ist im Kontext poststrukturalistischen Gedankenguts einzuordnen. Ihre Einbindung in die Beschäftigung mit zeitgenössischen Theaterformen wie den oben erwähnten, erscheint mir besonders vor dem Hintergrund eines Verständnisses von Bildern als Sinnproduzenten sinnvoll. Es werden hier Bilder und Assoziationsnetzwerke geschaffen, die nicht abbilden oder repräsentieren. Auf eine Art handelt es sich bei dieser Theaterform, deren Vorstellungsräumen in der Rezeption ihrer Zuschauer*innen stets in Bewegung und Veränderung begriffen sind, um ein Landschaftstheater, wie es bereits Gertrude Stein Ende des 20. Jahrhnderts thematisiert. Stein sprach sich gegen die Linearität von Narration und die Deckungsgleichheit der Zeichen mit dieser aus und plädierte für eine Gleichzeitigkeit der Mittel und somit ein gewissermaßen räumliches Bereitstellen von den zu lesenden Elementen eines Stücks. Zuletzt bleibt also die Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern Bild und Montage anstelle von Abbild und Linearität die Theatererfahrung erweitern. Man kann in diesem Theater von einem Verständnisraum sprechen, statt von einer Aussage. Was erzählt uns dieser Raum? Denn das Erzählen ver-schwindet nicht durch die Abwesenheit einer kontinuierlichen Erzählung.
< [… ]Sie fragen mich, ob er mir Angst machte, dieser Raum? Ja. Ich kann nur sagen ja, er war wahrlich beängstigend wie er da vor mir lag. Meine Güte. So unermesslich, so-so, wie soll man sagen-weit.>
In der folgenden Arbeit werde ich mich mit dem abnormen Raum beschäftigen. Also einem Raum, einem Bühnenraum, der durch Eingriffe in die gewohnte Form des Bühnenbildes und seiner klassischen Rolle in einer Inszenierung zu etwas Abnormen, also etwas vom üblichen Abweichenden, wird.
Zentrale Frage ist hierbei, wie optische Täuschungen auf der Bühne, auf verschiedensten Wegen herbeigeführt, solche Verzerrungen des gewohnten optischen herbeiführen können und wie dies
Einfluss auf Spielende und Betrachtende hat.
Ich beziehe mich hierbei nicht nur auf das klassische Theater, sondern auch auf Oper und Performances. Also den gesamten heutigen theatralen Kontext.
Oft wird ein Bühnenbild nur als kleine Komponente einer Inszenierung wahrgenommen und nicht als selbstständige künstlerische Arbeit aufgefasst. Doch ist das richtig? Und was passiert, wenn die Bühne sich als eigenes Kunstwerk definiert und emanzipiert - dem sich sowohl Spiel als auch Regie einordnen und bis zu einem gewissen Grad anpassen müssen?
Laut Definition bedeutet Bühnenbild: << Ausgestaltung der Bühne für eine bestimmte Szene bzw. ein bestimmtes Theaterstück. >>
Doch mit den heutigen Möglichkeiten von Video, neuen Materialien und dem Spiel mit den Fluchten und Perspektiven im Raum ist weit mehr möglich als nur eine Ausgestaltung und Unterstützung einer Inszenierung. Und vielleicht ist genau diese Ausschöpfung der Bühnenkompetenz und der Performativität des Raumes (gerade in der heutigen Zeit des 3-D Kinos und immer mehr neuen medialen Reizen) ein gutes Mittel, um das Theater am Leben zu erhalten und seine Daseinsberechtigung zu stärken.
Bühnenbildner*innen wie zum Beispiel Klaus Obermaier und Barbara Ehnes arbeiten mit solchen Mitteln und erfinden so die Bühne und die dort erzählten Welten stets neu und fordern den Zuschauenden und Spielenden stetig auf, wach und aufmerksam zu bleiben.
Zu Beginn dieser Arbeit werde ich auf den Sehapparat und die Entstehung der vielfältigen optischen Täuschungen eingehen.