Sina Oberholzer befasst sich in ihrer Masterarbeit mit dem hochgradig kulturell geprägten Kanon klischierter Badeszenen. Gleichzeitig ist das Sich-Waschen für sie ein individueller, mit besonderen Empfindungen belegter Moment. Diese Diskrepanz zwischen Selbst- und Aussenwahrnehmung befragt Sina Oberholzer über eine filmische Selbstinszenierung. Das Badezimmer als Ort der Inszenierung wird zur Bühne, auch wenn die gefilmte Handlung sich kaum von sonstigen, alltäglichen Waschvorgängen unterscheidet. Gegenstand der filmischen Untersuchung ist der Moment der Aufzeichnung sowie die Frage danach, was erzählt wird, wenn die Autorin ihren Körper ins Bild setzt. Die schriftliche Arbeit ist als künstlerisch-theoretische Erweiterung der filmischen Arbeit angelegt. Im Zentrum steht hier die Reibung zwischen der Aktion des sich selbst ‚ins Bild Setzens‘ und der Erfahrung des ‚im Bild Seins‘. Inwiefern verschiebt sich die Bedeutung zwischen der inneren Empfindung einer Person zur Abbildung dieser Person?
In seiner Masterthesis beschäftigt sich Remo Bolt mit dem Haus seiner Grosseltern und der darin aufbewahrten Sammlung ethnografischer Objekte. Indem er das Haus temporär bewohnt, nimmt er die Räume, mitsamt der darin versammelten Dinge, wahr und stellt sich dem, was sich zeigt: In einem literarischen Rundgang durch das Haus wird Inventar aufgenommen. Dabei verdeutlichen sich die Dinge mehr und mehr in ihrem Verflochten-Sein mit Praktiken, Erinnerungen, Erzählungen und Beziehungen. Die schiere Fülle der Dinge verdichtet sich zu einem Bild von gelebtem Leben im 20. Jahrhundert, gehabten Interessen, angestrebten Ästhetiken, verfolgten Ideen und geteilten Leidenschaften. Auch wenn Veränderungen absehbar und indirekt Thema werden, ist alles noch da. Dieser Moment der Latenz wird beobachtet und festgehalten, um alles in seiner Verflechtung aufzubewahren. Über die Versprachlichung und performative Verkörperung wird das Erbe gewissermassen entmaterialisiert und teilbar.
Die Masterthesis von Oona Baumann ist eine Annäherung an das Phänomen Pause. Die Pause wird als paradoxes Zeitwerkzeug und so als potenzielles Gestaltungsmittel in der Kunst performativ befragt und kulturtheoretisch verortet. In Form einer dreizehn Meter langen Partitur verbindet und verwebt die Autorin dabei drei verschiedene Stränge. Der erste Strang der Partitur beschreibt Erfahrungen, Beobachtungen und Handlungskonzepte, der zweite stellt Theorie, Quellen und Referenzen vor. Im dritten Strang wird der Versuch unternommen, die ersten beiden Stimmen zu verbinden und so Theorie, Handlungserprobungen sowie Erkenntnisse aus situativen Selbstbeobachtungen während des Pausierens zu verbinden.
Das Metaverse ist ein faszinierender Ort voller Möglichkeiten für Vernetzungen, Begegnungen und Kreativität. Die Nutzer:innen des Metaverse begeben sich über einen Avatar in das Paralleluniversum dieser Onlinewelt. Die experimentell konzipierte Masterarbeit von Jamie Bernold befragt sowohl künstlerisch als auch diskursiv das Verhältnis zwischen Avatar und Nutzer:in. Dabei werden die Identifikation der Autorin mit dem eigenen Avatar sowie Identitätsbildungsprozesse im Virtuellen beleuchtet. Die Möglichkeit einer übersteuerten Identifikation der Nutzer:in mit dem Avatar, durch die es zu einer Überschreibung der eigenen, in der analogen Realität verankerten Identität kommen kann, wird nicht ausgeschlossen. Es wird so danach gefragt, inwiefern sich Charakteristiken und Erlebnisse des Avatars auf das identitäre Selbstverständnis der Nutzer:innen ausserhalb der virtuellen Welt übertragen können und welche Folgen damit verbunden wären.
Für das Training von Computerprogrammen, die mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten, werden im Machine Learning-Verfahren Unmengen an Energie und materiellen Ressourcen aufgewendet.
Emanuel Bühler Garcia interessiert das künstlerische Potential intelligenter Sprachprogramme, aber auch der enormen Energieverbrauch dieser digitalen Prozesse. In Allianz mit der künstlichen Intelligenz des Sprachprogramms GPT-3 entstehen spekulative Texte darüber, wie sich zukünftige Organismen entwickeln müssen, um in einer Welt voll von Elektroschrott und Schadstoffen zu überleben. Die beschriebenen fiktiven Organismen werden anschliessend über das fotografische Verfahren der Cyanotypie als seriell angelegte Bilder visualisiert und befragt. Dabei bezieht sich Emanuel Bühler Garcia auf die Botanikerin und Fotografie-Pionierin Anna Atkins und auf deren naturwissenschaftliche Anwendung der Cyanotypie. Auf der Suche nach passenden Umsetzungsmöglichkeiten für fiktive Bilderzählungen und sowohl in Anlehnung als auch Abgrenzung zu Atkins Herangehensweise, setzt sich die Masterarbeit mit den charakteristischen Qualitäten der Cyanotypie auseinander.
In den Museen Europas werden Millionen Objekte aufbewahrt, die aus anderen Kontinenten stammen. Hunderttausende davon befinden sich in der Schweiz. Ein grosser Teil dieser Sammlungen wurde während der Kolonialzeit nach Europa gebracht. Die Bestände dieser Museen und Informationen zu den darin enthaltenen Sammlungsobjekten möglichst breit sichtbar und zugänglich zu machen, ist Anliegen und Motivation der Masterarbeit von Jonas Sebastian Lendenmann. In enger Zusammenarbeit mit Schweizer Museen, die über bedeutende aussereuropäische Sammlungen verfügen, entsteht eine statistische Auswertung, welche die Anzahl der Objekte, deren geografische Herkunft sowie die digitale Zugänglichkeit der Sammlungsinventare umfasst. Das Projekt «CH: Colonial Heritage» vereint grundlegende Informationen für die Vermittlung des Themas und nutzt das Potenzial von Open Data, um die erfassten Informationen für weitere Forschungs- und Unterrichtsprojekte zur Verfügung zu stellen. Eine theoretische Auseinandersetzung mit kunstpädagogischen Perspektiven auf den Umgang mit kolonialem Kulturerbe verortet die Arbeit im disziplinären Kontext.
Link zur Webseite: www.colonialheritage.ch
Mit Hilfe der emanzipatorischen pädagogischen Position von bell hooks und der lernendenzentrierten Didaktik von Christoph Arn blickt die Masterarbeit von Julia Hodel kritisch auf die eigene Unterrichtspraxis und reflektiert Haltungen, Erkenntnisse und Widersprüche, aber auch Ansprüche an Lehrpersonen. Dabei werden Situationen im Schulzimmer über die Erinnerung der Autorin analysiert. Es wird beschrieben, welche Überlegungen in Entscheidungssituationen auftreten und inwiefern sie daran anschliessende Handlungen beeinflussen. Ausgehend von dieser Analyse werden Haltungen und Ansätze, die Bildung als ein transformatives Lernen durch Begegnung denken, beschrieben. Gleichzeitig wird aufgezeigt, dass Lehrpersonen oft mit widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert sind, die in bestimmten Momenten zu Interessenskonflikten und Verunsicherung führen. Die Arbeit möchte den Hintergrund dieser widersprüchlichen Erwartungen sowie die Aufgaben der Schule generell mit Hilfe der theoretischen Positionen von hooks und Arn in einem grösseren gesellschaftlichen Zusammenhang verorten.
Aus persönlicher Betroffenheit und im Rahmen ihrer Vermittlungsarbeit im Museum begann Beate Frommelt, Bild- und Zeichenkurse für demente Personen zu entwickeln. Die Erfahrungen in den Kursen ermutigten und motivierten sie, das Konzept stetig weiterzuentwickeln und zu reflektieren. In einem ersten Teil ihrer Masterarbeit legt sie dar, aus welchen Beobachtungen und Begebenheiten die Motivation für die Kursentwicklung entstand. So wird beschrieben, dass sich über die Bildbetrachtung, aber auch im eigenen bildnerischen Tun, für Menschen mit Demenz verloren geglaubte Erinnerungsräume auftun und neue Möglichkeiten der Kommunikation erschliessen lassen. Basierend auf Beobachtungen und Erfahrungen aus den Kursen und mithilfe kunstpädagogischer Theorie sucht die Arbeit nach Kriterien, anhand derer entsprechende Kursprogramme entwickelt werden können. Die Arbeit ist auch mit dem Anliegen verbunden, die Untersuchungsergebnisse modellhaft für entsprechende Vermittlungsprogramme zugänglich zu machen.
Mentorat: Katrin Luchsinger, Bernadett Settele, Christian Vetter
Wie kann ich eine eigene künstlerische Arbeit vermitteln? Was erzählt mir meine Arbeit und wie kann ich diese Erzählungen für andere in einem von mir geschaffenen, vermittelnden Ereignis erfahrbar machen? Welche Erfahrungen, die ich als Künstlerin mache, kann ich auch als Vermittlerin nutzen? Von diesen Fragen geht Kathrin Affentrangers Untersuchung «Lovestories» aus. Die Autorin ersucht zeichnend, schreibend, lesend und reflektierend nach einer vertiefenden Verknüpfung ihrer Selbstwahrnehmungen als Künstlerin und Vermittlerin. In der hybriden Rolle als Künstlerin und Vermittlerin sieht sie ihre Aufgabe darin, körperliche Empfindsamkeit zu teilen und dadurch Resonanzräume zu öffnen. Musikalisch betrachtet kann «Lovestories» als Album und können die Zeichnungen als einzelne, darin vorkommende Lieder gelesen werden. Die Lieder besingen die körperliche Anziehung sowie die Reibung und den Schmerz, der damit einhergeht. Sie fröhnen dem bunten Chaos des Lebens und umschreiben die Ambivalenz des Begehrens und Begehrt-Werdens.
Zuhören bedeutet, in Beziehung zu treten. Ein Klang wird angesetzt, es entsteht eine Geräuschwolke, die in der Schwebe bleibt, bis der Klang auf einen Körper trifft. Doch was passiert mit dem Körper, der den Klang empfängt und wahrnimmt? In der Arbeit wird untersucht, wie Zuhören als soziale und gesellschaftskritische Praxis entwickelt werden kann. Ausgehend von Erprobungen in unterschiedlichen Bildungskontexten, wie im Unterricht für Bildnerisches Gestalten oder einer Reading Group im Hochschulkontext, werden selbstgesetzte Scores umgesetzt, verändert und wiederholt. Entlang der konkreten Erprobungskontexte eröffnen sich Fragen zur Konstruktion von politischen, sozialen und ökologischen Realitäten. Inwiefern fordert Zuhören als gesellschaftskritische Praxis immer auch ein Handeln heraus, das zu gesellschaftlichen Veränderungen führt? Mit Hilfe der Erprobungen von Listening-Praktiken und entlang der konzipierten Scores möchte die Arbeit Handlungsformen und Resonanzräume entwickeln, durch die wir der Natur, der Welt und uns selbst mit mehr Achtsamkeit und Fürsorge begegnen können.
Wasser fliesst durch alle Arten von Körpern und verbindet uns mit anderen Lebewesen und Lebensformen, mit anderen Zeiten und Orten. Um neue Sichtweisen der Fürsorge und Kohabitation zu ermöglichen, untersucht die Masterarbeit von Martina Ehleiter ausgehend von Astrida Neimanis` Theorie des Hydrofeminismus, mit welchen Medien und Strategien Wasserkörper in zeitgenössischen künstlerischen Positionen erfahrbar gemacht werden. Schmelzende Wasserkörper in den Arbeiten der Künstlerinnen Laurence Bonvin und Katie Paterson sowie speziesübergreifende Verbindungen in der Arbeit von Lena Maria Thüring werden dabei zur theoretischen Auseinandersetzung in Beziehung gesetzt. Im künstlerischen Anteil der Arbeit erkundet Martina Ehleiter die Flüssigkeiten und wässrigen Elemente ihres eigenen Körpers. Der Prozess wird mit Hilfe von Drucken, Texten und einer Videoarbeit reflektiert. Fragen der Materie, Relationalität, Ökologie und Fürsorge begleiten sowohl die theoretische Auseinandersetzung als auch den künstlerischen Prozess.
Die Arbeit untersucht vier von der Autorin konzipierte Silent Walks als Ereignisse, als künstlerische Formate und als kollektive Erfahrungsräume. Während dieser Spaziergänge sind die Teilnehmenden schweigend und in unterschiedlichen Gruppen im urbanen Raum der Stadt Zürich unterwegs. Die Dokumentation der Silent Walks durch aufgezeichnete Geräusche, Fotografien, zeichnerisch festgehaltene Körperbewegungen und Befragungen der Teilnehmenden dient der Masterarbeit als grundlegendes Datenmaterial. Aus dessen Auswertung lässt sich schliessen, dass sich die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden trotz erhöhter visueller und akustischer Wahrnehmung während des Silent Walks stark auf die Gruppe, auf die soziale Interaktion und auf die Fremdwahrnehmung richtet. Von dieser Erkenntnis ausgehend wird das Format des Silent Walks im Rahmen der Arbeit als kollektive und individuelle Anlage befragt. So werden Quellen von Irritationen im Zusammenhang mit kollektiv angelegten Ereignissen für weiterführende Szenarien beispielsweise als aktive Mitspieler:innen begriffen.