In der Landschaftsarchitektur wird der Begriff desire lines verwendet, um inoffizielle Wege zu beschreiben: Spuren am Boden, die von Menschen stammen, die vom vorgesehenen Weg abgewichen sind. Desire lines sind Zeugen davon, dass Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben und verschiedene Richtungen einschlagen. Sie zeigen aber auch, dass eine bestimmte Richtung vorgesehen ist und ein Abweichen davon einen Orientierungsverlust bedeuten kann.
Die Masterarbeit erfragt, was es heisst, sich zu orientieren, insbesondere dann, wenn Wege abseits der Norm eingeschlagen werden. Die Orientierung von Körpern im Raum, wird sowohl in der (Bild-/Raum-)Gestaltung sowie in einem zwischenmenschlichen und sozialen Sinn untersucht. Die Arbeit eröffnet drei verschiedene Zugänge: einen malerischen, einen theoretischen und einen narrativen – wobei die Malerei den Ursprung der Auseinandersetzung darstellt. Die halb-fiktiven Kurzgeschichten bieten persönliche Einblicke und eine Ausgangslage, um über Orientierung und inklusive Räume nachzudenken.
Einem Bild zu begegnen heisst, einen Dialog zu führen. Das Bild wird zum Gegenüber, zum Du, zur Gesprächspartner:in. Ein Dialog kann verschiedene Formen haben und auf verschiedenen Ebenen ablaufen. Nicht immer ist es die Sprache, die kommuniziert, denn nicht alles kann in Worte gefasst werden. So können auch Bilder oder Leerstellen Teil eines Dialogs sein. Die Masterthesis von Jael Rappersberger ist ein Selbstversuch. Ein gestalterischer Prozess wird unter Anwendung verschiedener Dialogformen initiiert und protokolliert. Aus einer Reflexion über den Dialog entstand ein Malen im Dialog und so eine künstlerisch-dialogische Praxis, die das Gespräch selbst zum Bildthema macht und visuell befragt.
Josefin Walker befasst sich im Rahmen ihrer Masterarbeit aus einer bildungspolitischen und künstlerischen Perspektive mit dem Comic als Vermittlungsschauplatz. Dieser Ansatz führt in der Konzeption der Arbeit zu einer Verschränkung: Über die theoretische Arbeit und einen darin eingebetteten Erklär-Comic wird die künstlerische Arbeit reflektiert, währenddessen die künstlerische Arbeit auf die Erkenntnisse der theoretischen Perspektive aufbaut. Kernthemen der Arbeit sind dabei Praktiken multimodalen Lesens, inkludierende Vermittlungsstrategien sowie bedeutungsoffenes Erzählen. Die Masterarbeit besteht aus zwei Publikationsformaten: dem formal freien, episodischen Comic «Gloria In Flagranti» und dessen wissenschaftlichem Gegenüber «Glorias Geburt».
We are happy to announce their first exhibition, "I am Santa Sangre.-" by Sabrina Röthlisberger Belkacem, who lives and works in Geneva. Her work takes the form of videos, performances, installations, and texts that address the links between science and death, power and survival. She weaves a rhizome of references from art history to pop-culture, relating to her own reality and social experience.
Santa Sangre is a mysterious creature torn in eight songs; it's a quest for acceptance; it's time to follow a path often left abandoned. The opportunity to question our relationship to reality in a world where appearance matters more than anything. An open-air fairy tale or a magnificent materialization of the fall of an empire, of a civilization, Santa Sangre metaphorizes death and transformation.
In aktuellen Museumsdebatten rückt die reflektierte Verhandlung von Gesellschaften und ihren Lebenswelten zunehmend in den Fokus. Die Masterthesis setzt sich vor diesem Hintergrund mit kuratorischen Handlungsfeldern und Herangehensweisen auseinander, welche diskriminierungssensible, multivokale und multiperspektivische Räume für und mit Vielen eröffnen sowie eine Plattform für einen dynamischen, demokratischen Diskurs bieten. Hierbei manifestiert sich Kritik, verstanden als eine Praxis des Widerstands, als eine gegenhegemoniale Strategie für die kuratorische Arbeit, die den musealen Raum kontinuierlich befragt und aktualisiert. Als Untersuchungsgegenstand dient die Ausstellung «RESIST! Die Kunst des Widerstands» am Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt in Köln, welche sich mit rund 500 Jahren antikolonialem Widerstand in globaler Hinsicht befasst. Diese lotet mit der Thematisierung der eigenen Involviertheit, der Dezentralisierung der Autor:innenschaft zugunsten einer Stimmenvielfalt in der Ausstellungskonzeption und produktion sowie der Sichtbarmachung verborgener, marginalisierter Erzählungen das Potenzial einer kritischen Arbeitsweise aus.
The Master thesis considers how art institutions are increasingly positioning themselves in solidarity with social struggles and becoming sites for political expression. With the resurgence of activism and social movements in the last 10 years, protesting police brutality, racism, gender inequality, ecological crisis, immigration, and war, art institutions are employing a critical responsiveness to these concerns. Cynthia Stucki’s research explores this phenomenon through the discourse of museum activism. In consideration of this orientation, her research centers on the ongoing project of democratizing art institutions, their potential as affective infrastructures, and the relevance of relational engagement in exhibitions and programming. The Queens Museum in New York and the Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin are used as case studies to further reflect and propose activist curatorial practices. Sustainability and critical responsivity are two concluding perspectives that Cynthia Stucki considers as enduring qualities for a social impact and resonance of activist art institutions within their local and global contexts.
Was ist ein Naturmuseum? In seiner Masterarbeit untersucht Levyn Bürki Neukonzeptionen verschiedener Schweizer Naturmuseen in ihrer Entstehung. Anhand einer explorativen Quell- und Diskursanalyse, basierend auf Ausstellungsbesuchen, Projektskizzen und Gesprächen wird untersucht, wie an Naturmuseen Expertisen, Disziplinen und Wissenssysteme aufeinandertreffen und miteinander interagieren. Im Zentrum steht die Frage, wie sich aktuelle Diskurse aus Wissenschaftsvermittlung und repräsentationskritischer Ausstellungsvermittlung im Praxisdiskurs und in den Storyboards der geplanten Ausstellungen niederschlagen. Levyn Bürki macht sich auf die Suche nach einer Sprache für die eigene Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen Natur und Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, Zoolog:innen und Philosoph:innen, Lai:innen und Profis, Mensch und Rind, Vertrauen und Zweifel, Sprache und Stimme, Fiktion und Fakten. Und mittendrin: das Naturmuseum.
Seit Oktober 2021 belegt die Dauerleihgabe der Stiftung Sammlung E. G. Bührle rund ein Drittel der gesamten Ausstellungsfläche des Erweiterungsbaus im Kunsthaus Zürich. Mit dem Einzug in den Neubau geriet die Sammlungspräsentation und insbesondere der Dokumentationsraum, welcher die Privatsammlung des Waffenproduzenten und Kunstsammlers Emil Bührle in ihren historischen Kontext stellen soll, jedoch stark in die Kritik. Grundlegende Fragen im Umgang von Museen mit Kunst, die im Kontext von Nationalsozialismus und Flucht erworben wurde, stellen sich von Neuem. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Masterthesis mit möglichen Strategien der Kontextualisierung von Kunst am Beispiel der Sammlung Bührle auseinander. Nach einer eingehenden Analyse der ausgestellten Sammlung Bührle untersucht Hannah Spillmann anhand ausgewählter Formen und Methoden, wie Kontext im Zeigen von Kunst sichtbar gemacht werden kann. Diese Ansätze sollen anregen, sich mit neuen Ausstellungsmöglichkeiten der Sammlung Bührle im Kunsthaus Zürich auseinanderzusetzen.
Wie lässt sich die Erfahrung von Performancekunst beschreiben und dokumentieren? Und was bedeutet das für eine kuratorische Praxis, die auf ein Momenterlebnis abzielt? Dandara Alves analysiert dazu die Ausstellung Moments, die im Jahr 2012 im ZKM | Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe gezeigt wurde. Die als Live-Ausstellung konzipierte Schau stellt sich den eingangs genannten Herausforderungen und hat selbst den Versuch unternommen, ein Momenterlebnis zu schaffen. Dandara Alves hat den Begriff «Momenterlebnis», der den Moment in Bezug zur Analyse dieser Ausstellungspraxis untersucht und das Erlebnis dieses Moments in Bezug zur eigenen ästhetischen Erfahrung setzt, in ihrer Arbeit eingeführt und definiert. Ihre Untersuchung zeigt, dass sich das Momenterlebnis durch eine symbiotische Beziehung auszeichnet, die Moment und Erlebnis zusammenführt. Somit kann die Vollständigkeit von Performancekunst nur im Moment erfahren werden. Kunsterfahrung sollte daher zurück zum Moment der Begegnung finden – weg von herkömmlichen Ausstellungsformaten und hin zu dynamischeren Formaten, die der Performancekunst gerecht werden und die Besonderheit des Moments erlebbar machen.
A paradigm shift is happening in exhibition making that centers the rethinking of the (para)curatorial, educational and the institutional. Exhibitions are leaving their traditional locations in museums to instead take place at festivals and in clubs, thus blurring the line between event and exhibition. In the view of this thesis, events taking place in alternative exhibition settings have the potential to be constructed as radical democratic spaces. This thesis explores art education and curating as practices that contribute towards breaking the conventions of how and where art is staged and mediated. Through both a literature review and case study analysis of three key events in alternative exhibition settings, practices that act on and influence democratic processes are examined. The central concluding argument is that hybrid curatorial and educational practices create space for transformation, negotiation, community-building, and potentially inclusive and democratic futures through the generation of alternative forms of knowledge, exchange and participation.
Kunst wird zumeist in Städten gemacht und gezeigt. Das Dorf ist in den aktuellen Diskursen selten präsent. Mehrere Projekte zeugen jedoch von originellen Aktivitäten in kleinen ländlichen Gemeinden. Seit über 20 Jahren haben Kurator:innen Ausstellungsprojekte realisiert, die man an einem solchen Ort nicht erwarten würde. Die Masterthesis von Lorenzo Metzler widmet sich diesem noch wenig beachteten Themenfeld und somit den Fragen: Wie kann man eine Ausstellung oder ein thematisches Projekt in einem dörflichen Kontext realisieren? Wie können bestimmte Themen und Konzepte der zeitgenössischen Kunst an ein Publikum vermittelt werden, das mit künstlerischen Praxisformen nicht vertraut ist? Ausgangslage für die Untersuchung waren Interviews mit drei unterschiedlichen Akteur:innen von Schweizer Ausstellungsprojekten in dörflichen Kontexten. Auf der Basis der Analyse und Recherche entstand ein eigenes Ausstellungskonzept. Die thematische Ausstellung «Die unterbrochene Reise», die von Juni bis August 2022 im Dorf Unterägeri stattfinden wird, untersucht anhand internationaler künstlerischer Positionen die Frage des Reisens und der Reiseästhetik.
Der Parkplatz von Herkulaneum, irgendwann zwischen 44 v.Chr. und 2022 n.Chr. Nach der Besichtigung der Ausgrabungsstätte begibt sich die Reisegruppe des Altersheims Mathysweg zurück in ihren Reisebus. Beim Rückwärtsfahren rammt der Bus einen historischen Pfeiler der Siedlung, auf mysteriöse Weise fällt der Bus auf die Seite, die Säule zerspringt in Einzelteile. Der Bus räukelt, die Situation ist prekär, zum Glück ist niemand verletzt. Man vergewissert sich über Anwesenheiten und diverse sonstige Dinge, die alte Menschen halt so tun, wenn sie grad nichts zu tun haben. Worüber kann man sich denn so unterhalten? Über’s Wetter zum Beispiel. Oder die schlimme Situation, in der der Bus gerade steckt. Oder man zeigt sich die Fotos, die man gemacht hat. Oder jene, von zu Hause, da wo man eigentlich gerade lieber sein möchte. Manchmal muss man aufstehen. Manchmal muss man hinsitzen. Manchmal muss man den Rollator nehmen, um sich fortzubewegen. Alles in allem ein sehr bewegtes Bild.