Im Rahmen ihrer Masterarbeit experimentiert Delia Stolpe mit dem fotografischen Verfahren der Cyanotypie. Die Autorin geht hier von einem Kerninteresse bzw. von der Fragestellung aus, inwiefern der tradierte Bildentstehungsprozess und dessen charakteristische blaue Färbung – traditionell hervorgerufen durch Sonnenlicht ausgesetzten und lichtempfindlichen Chemikalien – ein «Update» durch eine Bestrahlung mit Computerlicht erfährt. Was passiert also, wenn das Sonnenlicht durch Computerlicht ersetzt wird und die (blauen) Cyanotypien sozusagen doppelt blaues Displaylicht einfangen anstatt das Lichtspektrum von Sonnenstrahlen?
Die explorative Recherche zeigt beispielsweise, dass der Bildentstehungsprozess so eine Belichtungszeit von 24 Stunden abverlangt. In dieser Bildentstehungsphase sind die Chemikalien und das Computerlicht sich selbst überlassen und gewähren der Künstlerin keine Einsicht in den Prozess. Die 24-stündige Abwesenheit löste das Bedürfnis aus, sich theoriebasiert mit diesem Zeitfenster auseinanderzusetzen. In ihrer schriftlichen Thesis untersucht Delia Stolpe daher, welche Merkmale solche Zeitspannen der partiellen fotografischen Selbsttätigkeit aufweisen und setzt sich davon ausgehend mit der Co-Autorschaft, der Objektivität fotografischer Resultate und ihrer eigenen subjektiven Einflussnahme (als Künstlerin) auseinander.
Mentorat: Prof. Dr. Sigrid Adorf, Prof. Hannes Rickli
K-Town ist ein fiktiver Ort, an dem Klitoriden sie selbst sein können. Die acht Hauptfiguren, Klostiri, Listorik, Iltroski, Triskoli, Ortlikis, Roklisti, Iliskrot und Silkroti sind allesamt Klitoriden und bespielen K-Town. Einige Charaktere sind seit langem befreundet und treffen sich zu nächtlichen Gesprächen am Fluss. Andere lernen sich über die erzählten Begegnungen erst kennen. Sie leben in Form von aktivistischen Wandmalereien, rostiger Skulptur, als Hüterinnen der Sexualität im Menschenkörper und nicht zuletzt unabhängig und optimistisch in einem Vogelhaus auf einer Linde.
Die (als) Autorin (aufgeführte) Émile Benoît wird gegen Ende des Buches in einem Interview mit Corina Heinrich zur Entstehung der Geschichten und der einzelnen Figuren befragt. Ausserdem wird über Texte von Hélène Cixous, Nawal El Saadawi, Sara Ahmed, Leonardo Di Cabrio und Henri Matisse debattiert. Dabei klärt sich gegen Ende des Buches, dass Corina Heinrich nicht nur ihren Figuren Rollen zuschreibt, sondern auch sich selbst als Autorin in einer Rolle sieht. Das Buch K-Town von Émile Benoît ist eine ernste und doch spielerische Annäherung an die Klitoris. Über einen fünfmonatigen Schreibprozess reflektierte Corina Heinrich über ihren künstlerischen Zugang zur Thematik der weiblichen Sexualität.
Im Zentrum der Masterthesis von Anna Laura Klucker steht die Auseinandersetzung mit Blumen und Vorannahmen, mit denen wir Menschen Blumen aufgrund von spezifischem und kulturell geprägtem Vorwissen begegnen.
Die Autorin versucht diesen Vorannahmen schreibend entgegenzuwirken, indem sie sich mittels einer interdisziplinären Recherchearbeit und über naturwissenschaftliche Quellen einen Perspektivenwechsel erarbeitet. Dieses Vorgehen hat das Anliegen sich von der «Blume» als bildliches Sujet und so von v.a. in der Kunst gängigen kulturell geprägten Bezugsweisen zu Blumen zu lösen. Die Autorin verfolgt dabei vielmehr den Anspruch, Blumen, wie auch die Menschen, als Akteurinnen in Ökosystemen anzuerkennen und zu fragen wie Blumen u.a. (re-)agieren, wahrnehmen, oder kommunizieren.
Es stellt sich weiterführend die Frage, welche Zugänge sich eignen, um diesem Anspruch auch auf künstlerischer Ebene gerecht zu werden und vielmehr MIT als über Blumen zu arbeiten?
Aus Erprobungen – abgeleitet aus Ansätzen wie beispielsweise Lucius Burckhardts Spaziergangswissenschaft oder Pauline Oliveros «Deep Listening»-Strategien entstanden visuelle und audiovisuelle Annäherungsversuche. Eine filmische Auseinandersetzung, geprägt von variierender Zeitwahrnehmung, Bewegung, Dynamik, Sounds und Farben sowie auf-faltbare, plakatartige Bild-/Text-Räume sollen einen Einblick in diese Begegnungsversuche im Rahmen der Masterthesis vermitteln und damit auf Möglichkeiten für Begegnungen mit Blumen verweisen. Könnten Betrachter:innen so dazu anregt werden ihr «Bild» von Blumen zu befragen?
Anthonie de Groot stellt sich mit ihrer Masterarbeit der Frage, was ein Magazin sein könnte: Ist es ein Heft aus Papier, das man in die Hand nehmen kann? Ist es Gezeichnetes, Geschriebenes, das jemand nebeneinander gelegt, in ein Layout gesetzt und gedruckt hat? Was, wenn ein Kollektiv ein Magazin erarbeitet? Wie wird ein solches Magazin produziert?
Um diesen Fragen nachzugehen, wählte die Autorin einen praktisch-experimentellen Zugang: Im Zeitraum von sechs Wochen produzierte sie zusammen mit wechselnden Kollaborateur:innen acht Magazine. Jedes einzelne entstand in unterschiedlichen Settings und folgte anderen Parametern, wurde aber immer innerhalb einer vorab festgelegten Dauer erarbeitet und mit einer Auflage von maximal der Anzahl an der Produktion beteiligten Teilnehmer:innen vervielfältigt.
Anthonie de Groots Masterarbeit thematisiert einerseits Fragen, die im Erarbeiten der acht Magazine aufkamen und andererseits die dafür relevanten Gründe. Die Arbeit kann als Momentaufnahme eines Prozesses, als Erinnerungsalbum oder als Toolkit fürs «doing zineing» gelesen werden.
Die Masterarbeit von Laura Ferrari ist ein Romanmanuskript, das die Geschichte einer Tochter erzählt, die sich nach dem Tod ihres Vaters an ihre Kindheit erinnert: an Erwachsenwerden mit einem suchtkranken Vater, der unter Depressionen litt; an eine Mutter, die den Alltag mit Kindern und Arbeit alleine bewältigen musste; an einen grosser Bruder, der als Kind ebenfalls mit Depressionen kämpfte.
«Während da mein Vater steht» handelt von Familie, von Beziehungen, von Erwachsenwerden, von Sucht, von Krankheit, von Trauer.
Ausgangslage der Masterarbeit war die Semesterarbeit «Ich bin, also schreibe ich» zum Thema Autobiographie und Wahrheit. In diesem Essay wurden die verschiedenen Ebenen des Wahrheitsproblems in autobiographischen Texten untersucht.
«Unter Druck» ist die Geschichte einer Recherche in 19 Kapiteln. In ihrem Zentrum steht die Frage, welche Parallelen zwischen Leistungssport und Nutztierhaltung existieren. Auf der Suche nach Antworten verbindet Valérie Hugs Masterarbeit Erinnerungen und Erzählungen der beiden Leistungssportler:innen Lena und Geronimo mit Theorie- & Diskurselementen zum Mensch-Tier-Verhältnis, Recherchestücken zu Fällen von Missbrauch im Leistungssport und Fakten aus der Nutztierhaltungsindustrie.
In ihrer Gesamtheit stellen die Texte und Geschichten den Versuch dar, unterschiedliche Phänomene von Zucht in einen grösseren Themenzusammenhang zu bringen. Dadurch öffnen sich Leser:innen neue Sichtweisen und Blickwinkel, die auch einladen sollen, eigene Standpunkte zu hinterfragen und Position zu beziehen.
«Unter Druck» ist Teil der zweiten Ausgabe des Magazins HOX, welches im Oktober 2021 erscheint und sich dem Thema Zucht & Züchtigung im Feld der Mensch-Tier-Beziehung widmet. HOX ist ein Projekt von Valérie Hug, Jakob Lienhard und Marcel Hörler.
Die Stärkung der kulturellen Teilhabe gehört seit 2016 zu den drei zentralen Förderungszielen der nationalen Kulturpolitik und stellt Schweizer Kulturbetriebe vor neue Herausforderungen. Angesichts der wachsenden Diversität der Schweizer Gesellschaft ist es notwendig, gezielt den Zugang zum kulturellen Leben für möglichst viele Bevölkerungsgruppen zu fördern, wie auch bestehende Hindernisse, die dieser Beteiligung im Weg stehen, abzubauen.
Anouk Brunners Masterarbeit bietet allen Interessierten einen Einstieg ins Thema, indem Einblicke in die Praxis von Deutschschweizer Kulturschaffenden gegeben und Möglichkeiten zur effektiven Umsetzung von Prozessen der interkulturellen Öffnung und Inklusion gezeigt werden. Der Fokus liegt einerseits auf den persönlichen Erfahrungen und Perspektiven der Gesprächspartner:innen, andererseits auf konkreten möglichen Massnahmen und Strategien. Die Interviews werden abgerundet von einem Glossar der Diversitäts- und Inklusionsdebatten und einem Factsheet zur interkulturellen Öffnung von Kulturbetrieben, welches die zentralen Erkenntnisse aus den Gesprächen zusammenfasst.
This master thesis explores ways that mediations in the “Open Workshop” of the Museum Rietberg, Zurichs Museum for non-European Art, take a proactive role in facilitating public discourse. Its processes are viewed ontologically alongside Richard Sennett’s character of “The Craftsman”. Roles and agencies of participants in workshop activities are questioned. The artefacts made in the curatorial setting of the Open Workshop constitute the materialisation of adopted cultural agency, the integrity of which becomes the responsibility of the participants.
The master thesis concludes that the museum’s function is the care, use and creation of public narrative artefacts, and the workshop is a channel for public access to expertise in the disciplined, responsive use of its tools. By introducing visitors to methods of weaving narratives with artefacts, they become active participants in the central activity of the museum and an avenue for assuming an effective agency in the critical public discourse of cultural narratives.
Mentorin: Dr. Nora Landkammer
Ko-Referent: Paolo Bianchi
This Master Thesis engages in analyses of the contested issues interwoven into the hegemonic narrative and memory within monumental propaganda. The aim of the work is to analyze and find curatorial and artistic strategies, which lay beyond historic annihilation and affirmative preservation and lead to the plurality of memories and storytelling through revealing conflicts and open discussions. Grounded in the Post-Soviet bloc context current research turns to the questions of the constructions of memory and hegemonic historic narration within a monument. Figure of a ghost in the relation to monuments is used in this thesis as a metaphor and social concept to shape marginalized, suppressed or neglected stances in the past and present. Facing the ghost author strives to produce another type of knowledge and understanding of conflicts that manifest themselves in contested symbols and issues. Building on five recent examples of performative, discursive, archival and exhibition curatorial and artistic strategies Yulia Fisch layouts a sketch of series of acts and formats, that aim to provide a platform for discussions, conscious commemoration rituals and critical reflection of monuments, that inhabit post-soviet landscape.
Mentor: Prof. Thomas Sieber
Ko-Referent: Dr. Sønke Gau
In der Bildungspraxis beziehungsweise an der Schnittstelle zwischen Kunst und Bildung werden seit einigen Jahren diskriminierungskritische Diskurse geführt, die unter anderem als Gegenbewegungen zum unkritischen Umgang mit Diversität zu verstehen sind. Kurator:innen und Kulturvermittler:innen kommen also nicht umhin, sich mit ihren eigenen Diskriminierungen auseinanderzusetzen.
Es stellt sich nur die Frage, wie sie dies innerhalb von institutionellen Strukturen tun sollen. Getrieben von eigenen Widersprüchen, Eingeständnissen und Selbstzweifeln untersucht Marcel Hörler, wie eine diskriminierungskritische Praxis in Kulturbetrieben entwickelt werden könnte. Die institutionellen, projekt-/programm- sowie publikumsbezogenen Handlungsdimensionen bilden den Rahmen und Literaturbezüge aus der diskriminierungskritischen Bildungsarbeit, den Sozial-und Kulturwissenschaften, Praxisbeispielen sowie persönlichen Erlebnissen aus dem eigenen kuratorischen und kulturvermittelnden Handeln die Grundlagen, die zur Ausarbeitung von vier Strategien führt.
Mentorin: Dr. Nora Landkammer
Ko-Referent: Dr. Heiko Schmid
The canton of Vaud recently undertook the construction of a new building designed to house three of Lausanne's main museums. This architectural ensemble located near the train station will bring together the museums of fine arts, photography and design – and will reshape the cultural landscape of the city.
For its part, the city of Renens opened a cultural center called “La ferme des Tilleuls” in 2017, which is its first cultural institution focused on the visual arts. On the municipality’s scale, this is also a major development. These two cities, both belonging to the same urban area, have thus restructured their cultural scene, and this almost simultaneously.
This study is based on Pierre Bourdieu's concepts and offers a reflection on the impact of these two events, each on their own scale, for the whole arts scene. By identifying its main stakeholders and sketching the relations linking them, I have tried to highlight some of the major concerns related to this sudden metamorphosis.
Mentor: Prof. Thomas Sieber
Ko-Referent: Dr. Heiko Schmid