in der nacht vom 3. zum 4. september 1913 ermordet der hauptlehrer ernst august wagner* in seiner wohnung in stuttgart-degerloch seine frau anna wagner und seine vier kinder klara, elsa, robert und richard wagner. am morgen des 4. september versendet er per post mehrere (abschieds)briefe an verwandte, freunde, seinen rektor, die rentenanstalt in stuttgart, sowie seine über 4 jahre verfasste autobiografie an die zeitungs-redaktion des „neuen tagblatts“. gegen abend fährt er in das dörfliche mühlhausen a.d. enz, wo er von 1901 bis 1902 lehrer war, zündet mehrere häuser an und erschießt acht männer und ein mädchen. noch in der nacht seiner überwältigung durch einwohner:innen mühlhausens schildert wagner unumwunden seine pläne – er wollte seine gesamte familie ausrotten, alle männer in mühlhausen töten, das schloss zu ludwigsburg anzünden und schlussendlich in den flammen im bett der herzogin verbrennen. wagner wird im folgenden gerichtsprozess für unzurechnungsfähig erklärt und in eine heil- und pflegeanstalt eingewiesen, in der er 1938 stirbt. sein gehirn wird entnommen, konserviert und erst in den 1990er jahren in einem medizinischen archiv wiederentdeckt. in einer wissenschaftlichen arbeit wird es mit den konservierten gehirnen von ulrike meinhoff und charles whitman verglichen. der breiten öffentlichkeit heute ist der fall von 1913 nicht mehr bekannt, in der forensischen psychiatrie und den medizinischen rechtswissenschaften ist er aber immer noch ein wichtiger wissenschaftlicher referenzfall.
seit fast zehn jahren recherchiere ich** zum fall, nehme fäden auf und lasse sie teils wieder liegen. gesellschaftliche diskurse über schuld, unschuld, krankheit, wahn und verbrechen werden mit der eigenen künstlerischen position verflochten und überlagert, ich schreibe mich selbst in die arbeit ein. entstanden ist ein text, den ich als sammlung, collage und digitalen notizzettel umschreiben will und ein podcastprojekt. beide arbeiten wurden und werden weiterhin in unterschiedliche künstlerische räume (kino, theater, galerie und weiteren) übersetzt. jede umsetzung soll zwischenstand sein, die arbeiten sollen sich stetig weiter entwickeln und unabgeschlossen bleiben – eine künstlerische wucherung mit dem herausfordernden anspruch mein leben lang anzudauern.
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* „ernst august wagner (* 22. september 1874 in eglosheim; † 27. april 1938 in winnenden) war ein deutscher lehrer und dichter. er wurde bekannt durch den von ihm verübten
massenmord im jahr 1913, der insgesamt 14 todesopfer forderte. (...)“ (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/ernst_wagner_(mörder…)
** „johannes hoffmann, 1981 in graz geboren, ist schauspieler und autor. (...)“ (siehe: https://www.felix-bloch-erben.de/index.php5/aid/92…
6bfad5638f68d8c3b4c1a/
in der nacht vom 3. zum 4. september 1913 ermordet der hauptlehrer ernst august wagner* in seiner wohnung in stuttgart-degerloch seine frau anna wagner und seine vier kinder klara, elsa, robert und richard wagner. am morgen des 4. september versendet er per post mehrere (abschieds)briefe an verwandte, freunde, seinen rektor, die rentenanstalt in stuttgart, sowie seine über 4 jahre verfasste autobiografie an die zeitungs-redaktion des „neuen tagblatts“. gegen abend fährt er in das dörfliche mühlhausen a.d. enz, wo er von 1901 bis 1902 lehrer war, zündet mehrere häuser an und erschießt acht männer und ein mädchen. noch in der nacht seiner überwältigung durch einwohner:innen mühlhausens schildert wagner unumwunden seine pläne – er wollte seine gesamte
familie ausrotten, alle männer in mühlhausen töten, das schloss zu ludwigsburg anzünden und schlussendlich in den flammen im bett der herzogin verbrennen. wagner wird im folgenden gerichtsprozess für unzurechnungsfähig erklärt und in eine heil- und pflegeanstalt eingewiesen, in der er 1938 stirbt. sein gehirn wird entnommen, konserviert und erst in den 1990er jahren in einem medizinischen archiv wiederentdeckt. in einer wissenschaftlichen arbeit wird es mit den konservierten gehirnen von ulrike meinhoff und charles whitman verglichen. der breiten öffentlichkeit heute ist der fall von 1913 nicht mehr bekannt, in der forensischen psychiatrie und den medizinischen rechtswissenschaften ist er aber immer noch ein wichtiger wissenschaftlicher referenzfall.
seit fast zehn jahren recherchiere ich** zum fall, nehme fäden auf und lasse sie teils wieder liegen. gesellschaftliche diskurse über schuld, unschuld, krankheit, wahn und verbrechen werden mit der eigenen künstlerischen position verflochten und überlagert, ich schreibe mich selbst in die arbeit ein. entstanden ist ein text, den ich als sammlung, collage und digitalen notizzettel umschreiben will und ein podcastprojekt. beide arbeiten wurden und werden weiterhin in unterschiedliche künstlerische räume (kino, theater, galerie und weiteren) übersetzt. jede umsetzung soll zwischenstand sein, die arbeiten sollen sich stetig weiter entwickeln und unabgeschlossen bleiben – eine künstlerische wucherung mit dem herausfordernden anspruch mein leben lang anzudauern.
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* „ernst august wagner (* 22. september 1874 in eglosheim; † 27. april 1938 in winnenden) war ein deutscher lehrer und dichter. er wurde bekannt durch den von ihm verübten
massenmord im jahr 1913, der insgesamt 14 todesopfer forderte. (...)“ (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/ernst_wagner_(mörder…)
** „johannes hoffmann, 1981 in graz geboren, ist schauspieler und autor. (...)“ (siehe: https://www.felix-bloch-erben.de/index.php5/aid/92…
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der große mörder ist ein großer kasper alles was er totschlägt lebt lustig weiter
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Datierung
06.03.2022
Beschreibung
in der nacht vom 3. zum 4. september 1913 ermordet der hauptlehrer ernst august wagner in seiner wohnung in stuttgart-degerloch seine frau anna wagner und seine vier kinder klara, elsa, robert und richard wagner.
am morgen des 4. september versendet er per post seine über vier jahre verfasste autobiografie an zeitungsredaktionen. gegen abend fährt er in das dörfliche mühlhausen a.d. enz, wo er von 1901 bis 1902 lehrer war, zündet mehrere häuser an und erschießt acht männer und ein mädchen.
noch in der nacht seiner überwältigung durch einwohner:innen mühlhausens schildert wagner unumwunden seine pläne – er wollte seine gesamte familie ausrotten, alle männer in mühlhausen töten, das schloss zu ludwigsburg anzünden und schlussendlich in den flammen im bett der herzogin verbrennen.
wagner wird im folgenden gerichtsprozess für unzurechnungsfähig erklärt und in eine heil- und pflegeanstalt eingewiesen, in der er 1938 stirbt – sein gehirn wird entnommen und konserviert.
in den 1990er jahren wird sein gehirn in einem medizinischen archiv wiederentdeckt und in einer wissenschafltichen arbeit mit den konservierten gehirnen von ulrike meinhoff und charles whitman verglichen.
der breiten öffentlichkeit heute ist der fall von 1913 nicht mehr bekannt, in einem medizinisch juristischen diskurs aber füllt die rede über wagner und seine taten immer noch gesellschaftspolitische
funktionen aus und ist bis heute wissenschaftlicher referenzpunkt in der forensischen psychiatrie und den medizinischen rechtswissenschaften.
ein podcastprojekt, das sich mit dem fall, einer 10-jährigen recherche und dem daraus gewonnenen und selbst generierten materialsammlung beschäftigt. aufgenommen von zuhause, höchst subjektiv.
es werden auszüge aus den ersten podcastfolgen als hörspielinterpretation im kino gezeigt.