«Das Hauptziel all meiner Forschungen war, jene Bedingungen zu finden, die am besten [...] dieses flüchtige Phänomen herbeirufen könnten, das man Inspiration nennt.»
Michael Tschechow (1891–1955) gilt bis heute als einer der großen Theatererneuerer des 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der Tschechowschen Bühnenpraxis stehen der Schauspieler bzw. die Schauspielerin und das Vertrauen in die Kraft der Imagination. Erst die Sensibilität für innere Bilder befähigt den Schauspieler dazu, diesen Bildern eine künstlerische Form zu geben und sie auf die Bühne zu bringen. Schauspielkunst will damit mehr sein als die bloße Abbildung von Wirklichkeit, sie erfindet neue Welten und fragt ständig nach neuen Spielweisen. Michael Tschechow hat auf dieser Basis eine Reihe von Trainingstools entwickelt wie die «Psychologische Geste», das «Imaginäre Zentrum», den «Imaginären Körper» oder «Atmosphäre».
In den letzten 15 Jahren hat die von Michael Tschechow entwickelte Schauspielmethode eine beeindruckende Renaissance erlebt, sowohl in Amerika als auch in Europa. Dies veranlasst uns, mittels praktischer Arbeit in einem Workshop und im Rahmen eines Symposiums, die Wirkung dieser und weiterer Methoden auf Theaterformen des beginnenden 21. Jahrhunderts zu befragen.
Für den Zürcher Workshop konnten eine Reihe international renommierter Experten der Tschechow-Methode gewonnen werden, darunter seine ehemalige Schülerin Joanna Merlin (New York). Während fünf Tagen stellen sie und ihre KollegInnen ihr Wissen und ihre Erfahrung den TeilnehmerInnen zur Verfügung. In der praktischen Arbeit lernen diese die Methode kennen, resp. vertiefen ihre Vorkenntnisse.
Am abschließenden Symposium diskutieren ExpertInnen aus Theatertheorie, -praxis und -ausbildung die Frage, welchen Stellenwert Schauspielmethoden – insbesondere jene Michael Tschechows – für SchauspielerInnen heute einnehmen.
Mit Living Images – Die Kraft der inneren Bilder im Schauspielprozess setzt das IPF seine kontinuierliche Auseinandersetzung mit Fragen der Ausbildungsforschung fort, welche durch die vier Tagungen Wieviel Schule braucht das Theater? 2009, Wirkungsmaschine Schauspieler 2010, Regie heute 2011 und Disembodied Voice 2012 begonnen wurde.
«Die Methode ist nötig für die Pflege des Theaters, nicht nur für uns, sondern auch für unsere Nachkommen. Darin besteht mein eigener Impuls, auf der Methode zu bestehen, wo auch immer ich bin, weil mich die Vorstellung, was aus dem Theater werden könnte, so sehr mit Angst erfüllt, da ich ja weiss, wie schön es sein kann.»