Jael Rappersberger findet in ihrer Diplomarbeit einen malerischen Ausdruck, das Sich-erinnern-wollen darzustellen. In der Diplomausstellung im Januar 2020 inszeniert sie die Bildträger – Umzugskartons – in einer Raumecke, womit sie die Assoziation einer Umzugssituation weckt.
"Auf der Suche nach dem Ursprung des starken Bedürfnisses, meine eigenen Kindheitserinnerungen lückenlos festhalten zu wollen, fand ich den Grund meiner Angst vor dem Vergessen. Als Kind einer Scheidung wurde ich durch diesen Zerfall der Familie und die damit verbundene Verlusterfahrung geprägt. Mein Projekt setzt an diesem wunden Punkt an.
Die Bilder zeigen Erinnerungen an die Wohnung, wo mein Vater nach der Scheidung lebte und ich zum ersten Mal lernte, mit einem solchen Verlust umzugehen. Sie visualisieren ein Herantasten an diese subjektiven Rekonstruktionen des Gedächtnisses. Leerstellen verweisen auf die Lückenhaftigkeit und lassen den narrativen Bildträger - den Umzugskarton - sichtbar werden. Momente der machtlosen Betroffenheit wurden direkt aus der Erinnerung mit den Händen als Malinstrument „rematerialisiert“ und hinterlassen eine persönliche Handschrift in den Spuren."
(Jael Rappersberger, Auszug aus der Dokumentation zur Diplomarbeit)
Leere PET-Flaschen im Gebüsch. Kunststofffasern im Abwasser. Mikroplastik im Verdauungstrakt der
Seegurke. Die Hinterlassenschaften unserer Zivilisation schwimmen in den Gewässern, sickern in den
Boden ein und lagern sich im Sediment ab. Wir leben im Anthropozän: Im Zeitalter, in dem der Mensch
zum primären geologischen Einflussfaktor geworden ist. Die Tragweite der damit verbundenen
Auswirkungen wird von diversen Disziplinen erkannt und aufgegriffen. Nicht nur in der Politik und
Wissenschaft, sondern auch in der Kunst.
Diese Arbeit stellt die Hypothese auf, dass die Annäherung an naturwissenschaftliche Themen auf eine
künst-lerisch / gestalterische Weise unter Einsatz von Modellen geschehen kann. Eine damit verbundene
Vermutung ist, dass diese Modelle auf grundlegende Weise Einfluss nehmen auf den Entwicklungsprozess
und die Rezeption der künstlerischen Werke. Die entsprechende Forschungsfrage lautet:
Welches Potential hat der Einsatz von ‹Modellen› im künstlerisch / gestalterischen Kontext
als Strategie zur Annäherung an naturwissenschaftliche Themen?
Dazu werden drei künstlerische Werke betrachtet: Pinar Yoldas ‹An Ecosystem of Excess› (2014),
Cornelia Hesse-Honeggers Projekt ‹Die Macht der Schwachen Strahlung› (2016) und Gerda Steiner und
Jörg Lenzlingers Ausstellung ‹Nationalpark› (2013).
Die Künstlerinnen und Künstler sprechen im Zusammenhang mit ihren Arbeiten selber nicht von
Modellen. Dieser Blickwinkel wird bewusst eingenommen, um eine neue Perspektive auf die eingesetzten,
gestalterischen Elemente zu erlangen. Als zentrales Werkzeug der Untersuchung dient dabei
Reinhard Wendlers Publikation ‹Das Modell zwischen Kunst und Wissenschaft› (2013).
Wie sich in der Auseinandersetzung zeigt, ist die Frage danach was ein Modell ist viel weniger fruchtbar
als die Frage danach, welche Konsequenzen es hat, einen Gegenstand in einer bestimmten Situation
als Modell aufzufassen. Grossen Einfluss auf solche Vorgänge hat neben der materiellen Verfasstheit der
Modelle auch die Art und Weise, wie man den Modellen begegnet beziehungsweise in welche Prozesse
man sie einbindet. Je nach dem welchen Blick man auf sie richtet, können Modelle Vermittlungsobjekt,
Entwurfswerkzeug, visuelle Spekulation oder Denkinstrument sein.
Im Umgang mit Modellen darf deren aktives Potential nicht ausser Acht gelassen werden. Modelle
ermöglichen Visualisierungen und Denkvorgänge, sie schränken diese jedoch gleichzeitig auch auf
eigenmächtige Weise ein.
Modelle können als Instrument genutzt werden, um sich mit bisher unbekanntem oder gar utopischem zu
beschäftigen. Dieses Potential wird in der eigenen gestalterischen Arbeit genutzt. In Form von narrativen
Texten, sowie Objekten werden sprachliche und plastische Modelle entwickelt. Mit deren Hilfe versucht
die Autorin nicht nur dem Thema der plastikverschmutzen Meere näher zu kommen, sondern auch der
darin lebenden Seegurke.
Im Zentrum meiner Masterarbeit stand das Interesse einer Ermächtigung der einfachen Userin* und des einfachen Users*. Angesichts der zunehmenden Diskussion um deren prekäre Rolle und die Gefahren der digitalisierten, vernetzten Welt, stellte ich mir als Userin, aber auch als Künstlerin die Frage: Wie kann ich zu einer Ermächtigung beitragen?
Im Rahmen dieser Arbeit habe ich die künstlerische Strategie des zoom in verfolgt, die ich mir im Wechselspiel zwischen künstlerischer und schriftlicher Arbeit angeeignet habe. Zoom-in meint nicht nur die technische, digitale Handlung des Näherherangehens. Es ist eine Metapher für die Beachtung des Unscheinbaren, des Individuums in der Masse, für die Suche nach dem Unberechenbaren in einem berechenbaren System. Die Strategie basiert auf eigenen Erfahrungen und Beobachtungen, welche auf dem Blog www.areyousure.blog gezeigt werden. Mein Bedürfnis dem Computer näherzukommen, entwickelte sich aus der Behauptung, dass der Computer unnahbar sei. Der Computer ist unnahbar, weil es sich um eine komplexe, vielschichtige Anlage von Interface-Dispositiven handelt. Diese Interfaces werden zunehmend unbemerkbar, da Prozesse vermehrt im Hintergrund laufen und es weniger technische Hindernisse gibt.
Mit meiner eigenen Strategie Zoom in sollen die Interfaces als unsere Handlungsräume beleuchtet werden. Was heisst es, ein Such- oder Eingabefeld ins Zentrum der Aktivität zu stellen und es nicht zu «nutzen»? Das zu nahe rangehen oder das zu tiefe eintauchen greift in die vorgesehene Struktur ein. Die Beziehung zwischen den Interfaces und uns wird aufgerüttelt und wir müssen uns neu orientieren.
Die skulpturale Installation ist eine Sammlung von mehrfarbigen, handgemachten Keramikgefässen in verschiedenen Grössen, die mit Sauerteig in verschiedenen Gärungsstadien gefüllt sind. Beide Materialien sind in der heutigen Gesellschaft allgegenwärtig und in der Geschichte verankert und schaffen so eine Plattform, um zeitgenössische Diskurse über Materialität, Natur versus Kultur versus Subjekt versus Objekt, Koexistenz, Verstrickung von Geschichten und den Akt des Machens als Form des Wachstums zu untersuchen. Das Kunstwerk wird von einer theoretischen Arbeit begleitet, in der untersucht wird, wie ein Fokus auf Materialität einen Kontext bietet, um unsere Beziehung zur Umwelt neu zu bewerten.
"ADHS. Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Vielen bekannt — von den wenigsten verstanden. Die Hintergründe und Symptome kennt fast niemand. Sogleich haben die meisten das Bild vom Zappelphilipp vor Augen. Der extrovertierte Junge, der nicht stillsitzen und keinerlei Konzentration halten kann. Doch ADHS ist unabhängig von Alter, Geschlecht sowie Gesellschaftsschicht. Hyperaktivität ist nicht unbedingt gegeben, Aufmerksamkeit kann sehr wohl gehalten werden.
Diese Arbeit zeigt einen Teilaspekt dieser höchst spannenden und nicht nur mit Problemen einhergehenden Persönlichkeitseigenschaft auf. Anhand der Thematik der «lösungsorientierten Aufgabenstellung» kann die Art einer ADHS betroffenen Person gut aufgezeigt werden. Wie wird in dieser Situation vorgegangen, was sind die Gedanken- und Handlungsabläufe, wird eine Lösung erzielt und wenn ja, wie? In einer Installation wird mit einem einfachen Auftrag das Verhalten der Ausstellungsbesuchenden auf die Probe und dem einer ADHS betroffenen Person gegenübergestellt."
(Jennifer Kos, Auszug aus der Dokumentation zur Diplomarbeit)
Heute feiern wir unsere Liebsten: Heute feiern wir, dass Florin lebt. Und dass wir leben. Wir nehmen uns Zeit dafür, zu feiern, was wir aneinander haben. Bestimmt hast auch du eine*n Florin - komm und feiere sie*ihn mit uns!
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Importiert am
18.02.2020
Übergeordnete Sets
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Eine Begegnung mit der Unruhe
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Untertitel
oder warum die Unruhe das System nährt und das Erzählen als Kulturtechnik um Darstellbarkeit ringt
In meiner Masterthesis suchte ich die Begegnung mit der Unruhe im Bereich der Soziologie (im systemischen
Denkmodell), der Erzähltheorie und der Kunst. Woher kommt die Unruhe? Wie begegnen wir ihr als
Gesellschaft? Wie kann die Kulturtechnik des Erzählens der Unruhe begegnen? Anhand der drei zeitgenössischen
Filmarbeiten von Stan Douglas, Aernout Mik und Omer Fast versuchte ich herauszufinden, welcher
«Gegenstand einer Unruhe und Sorge» mit welchen Erzählstrategien dargestellt wird.1 Die Filme (be)treffen
mich; ich verstehe nicht genau, was vor sich geht, entwickle Vermutungen, versuche die dargestellten Ereignisse
in eine Ordnung zu bringen und merke dann, dass auch alles anders sein könnte. Ich stellte die
Frage nach der wechselseitigen Bedingtheit von Denkmodellen, der soziotechnischen Entwicklungen und
kulturellen Erzeugnisse, die eine bestimmte Zeit und deren Unruhe prägen. Im Sinne der Mediologie interessierte
mich die Medialität der Filme.
Teil der Thesis ist Raffaella Popps eigene Filmarbeit Metacode, worin die Autorin Ausdrucksformen für ihre verspürte Unruhe als Zeitgenossin der komplexen Gegenwart entwickelt, die sie insbesondere auf die aktuellen Kommunikationstechniken und -medien zurückführt. Sie untersucht Erzähltechniken audiovisueller Medien; auf Video-Plattformen, smarten Apps oder von filmischen Erzählungen per se.
Mentorierende:
Prof. Dr. Sigrid Adorf
Karin Fromherz
RIVET ist ein neuer Kunstraum des Bachelor Fine Arts, welcher im Februar 2020 von den Studierenden Julia Nusser und Jonathan Steiger eröffnet wurde. In einem zweiwöchigen Rhythmus werden im Raum 7.E07 im Toni-Areal jeweils Einzel- und kleine Gruppenausstellungen von Studierenden der ZHdK gezeigt.
Der Kunstraum wird per Open Call für jede Ausstellung neu vergeben. Studierende aus dem Bachelor und dem Master Fine Arts sowie aus dem Studiengang Curatorial Studies bewerben sich mit einem vollständigen Konzept für eine Periode von zwei Wochen und organisieren in dieser Zeit eine Ausstellung. RIVET setzt auf die Initiative der Studierenden und soll auch Platz für prozessbasierte und performative Projekte wie Readings, Screenings oder Performances bieten.
Programm
21.02 - 27.02
Mute Creatures: Broken Promises Crew, Doris Dehan Son, Lara Dâmaso, Shamiran Istifan, Roman Selim Khereddine, kuratiert von Doris Dehan Son
Vernissage: Do 20.02, 18:00
06.03 - 12.03
Muriel Steiner
Vernissage: Do 05.03, 18:00
20.03 - 26.03
Helena Stadlin & Noah Engweiler
Vernissage: Do 19.03, 18:00
03.04 - 09.04
Elio Lüthi & Marco Russo
Vernissage: tbd
17.04 - 23.04
Julia Nusser & Tereza Glazova
Vernissage: Do 16.04, 18:00
01.05 - 07.05
{F_x Office}: Elza Sile & Ilona Isabel Stutz
Vernissage: Do 30.04, 18:00
RIVET
Julia Nusser & Jonathan Steiger
Raum 7.E07, Toni-Areal
Pfingstweidstr. 96
8004 Zürich
Öffnungszeiten: Die Ausstellungen sind nach Vereinbarung von 10.00 - 18.00 Uhr (außer am Wochenende) zu sehen. Bitte kontaktieren Sie julia.nusser@zhdk.ch oder jonathan.steiger@zhdk.ch.
I had her letters and I got her doctors’ notes. I collected bits and pieces out of the two and created a new whole that incorporates both fiction and documentary material. In search of a sense in all the numbers and letters, I tried to find a different insight to the documents by playing with their words and this is how I got my spot beside them. The documents and her intimate story are now only a foundation for this performance that intertwines personal with universal by putting language and its absurdities in foreground.
Participants:
– Performance and Text: Petra Rotar
– Stage Artist and Technics: Eren Karakuş
– Music: MRI by Simon Grab and Patricia Bosshard
Vier verschieden grosse gelbe Lichtspots tasten sich langsam den Wänden entlang und lenken so die Aufmerksamkeit auf die gewellten Oberflächen des grossen Konzertsaals der ZHdK. Die verschiedenen Bewegungsmuster erzählen eine abstrakte Geschichte, die an Planetenbewegungen erinnert.
Durch die Wechselwirkung mit dem Raum wird das bewegte Licht zum aktiven Protagonisten und lädt so die Zuschauer ein, den Raum in seiner Materialität physisch neu zu erleben.
Die Lichtinstallation wurde anlässlich des Hochschultages 2019 vom Farb-Licht-Zentrum entwickelt.
In der Tanzperformance «Obsession» erforschen drei Tänzer_innen und drei Musiker_innen die Abgründe der Psyche eines kannibalistischen, nekrophilen Serienmörders mit 23 Persönlichkeiten. Drei Figuren werden einander gegenübergestellt und deren jeweilige Beziehung untersucht. Im Kern der Performance steht die unaufhörliche Qual einer Zwangsstörung, einer Obsession, einer niemals gestillten Mordlust.