Wer hat nicht schon einem Gespräch im Zug gelauscht und sich gedacht: «typisch Senior:innen» oder «klassische Teenager-Sprache»? Wir neigen dazu, in Kategorien zu denken.
Ausgehend von Zuggesprächen setzt sich die Masterthesis von Noemi Brefin mit Vorurteilen und sozialen Klischees auseinander. In einem Script finden sich Dialog-Sequenzen fremder Personen, die Noemi Brefin während Zugfahrten mitgeschrieben hat. Während sogenannter «Proben» wurden diese Gespräche nachgesprochen und performt. Die Proben-Teilnehmer:innen waren eingeladen, sich in verschiedene Rollen hineinzuversetzen, die verwendete Sprache zu analysieren und eigene Vorurteile gegenüber der eingenommenen Rolle zu artikulieren. Der Raum, der sich zwischen dem Nachspielen einer Rolle und dem Anwesendsein des eigenen Körpers eröffnet, bietet Platz für Reflexion. Das eigene Differenzdenken sowie Zuschreibungs- und Abgrenzungsmechanismen werden sicht- und erlebbar gemacht.
Diese Masterarbeit ist eine essayistische Annäherung an mobile Kleinstwohnformen und eine leidenschaftliche Erforschung der verschiedenen Bereiche, die Einfluss auf die Wahrnehmung des reduzierten Wohnens nehmen. Sie erscheint in Form eines 80-seitigen Buches in Eigenpublikation.
Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert, die jeweils einen grösseren, thematischen Essay enthalten sowie eine persönliche Reflexion des eigenen Wohnens der Autorin. Jeder Teil wird ergänzt durch eine Illustration und eine Infografik, um den Aspekt des Essays zu verdeutlichen und visuell erfahrbar zu machen. So werden verschiedene Faktoren, die bei der Wahrnehmung von Kleinstwohnformen wichtig erscheinen, einer Analyse unterzogen. Am Schluss des Buches findet sich ein Glossarbereich, der den Text entlastet und zentrale Begriffe präzise klärt. Diese verschiedenen Ebenen ermöglichen es, sowohl auf das Leben in solchen Wohnformen, als auch auf die gesellschaftlichen Trends und die Umstände, welche zu dieser wachsenden Bewegung führen, einzugehen.
Das Buch richtet sich an eine interessierte, neugierige, aber nicht zwangsläufig themennahe Leserschaft. Der Schreibstil ist zugänglich, informativ und verknüpft ein breites Spektrum an Gesichtspunkten und Themenfeldern. Die Texte sind anschaulich, kundig und im Bewusstsein, dass dabei Menschen und ihr Blick auf die Welt im Zentrum stehen. So wird einerseits ein Ein- und Überblick über die verschiedenen Facetten mobiler Kleinstwohnformen geboten und andererseits zu eigenen Gedanken und Reflexionen angeregt.
Mentorat: Janine Schiller, Eva Mackensen, Basil Rogger
Als die obdachlose Nia morgens ihr Crack rauchen will, bemerkt sie, dass sie es verloren hat. Da Dealer Charlie nur noch eine starke psychedelische Droge bei sich hat, raucht sie mit ihm diese. Als er darauf über Herzprobleme klagt, versucht sie vergebens, Hilfe zu holen. Wegen Herzrasens bekommt sie selber Todesangst und vergisst Charlie. Nachdem sie wieder runtergekommen ist, erinnert sie sich und sucht nach ihm. Unverhofft findet sie ihn auf der Strasse wieder. Er erzählt ihr von seiner Flucht vor einer Einweisung. Erleichtert und irritiert, nimmt sie sich vor, ihr Leben ändern zu wollen.
Dancing on Petals with Pythons
2021
Installation
Holzwand (orange), 195.5 x 140 x 2 cm, Holzwand (pink), 280 x 140 x 2 cm, Blüten, Nadeln, Plastikbeutel, C-Print, gerahmt, 50 x 50 cm, Inkjetprint, gerahmt, 19 x 30 cm, Text, 22,5 x 28,3 cm
Dancing on Petals with Pythons (Detail)
Photography
Inkjet print, gerahmt, 19 x 30 cm
ZORA I JA (serbokroatisch für «ZORA UND ICH») ist ein Sticklabel , das ein traditionelles Stichverfahren in einem zeitgenössischen Kontext neu interpretiert und hierbei die Stickmuster in Stichmuster überführt. Das Kreuzstichverfahren «Zmijanjski Vez» zählt zum (immateriellen) UNESCO Kulturerbe Bosniens. Als Grundlage für die Zmijanje-Stickerei dienen blaue Fäden auf weissem Leinen. Die am häufigsten auftretenden Ornamente in der Zmijanje-Stickerei sind stilisierte Pflanzenformen und symmetrisch auftretende geometrische Formen. Das Motiv des traditionellen Volkstanzes «Kolo» findet sich oft in Form einer Raute auf den Zmijanje-Stickereien. Das «Kolo» steht hierbei symbolisch für den Himmel, für Kreisbewegungen (Lebensfluss) und ist eines der Göttersymbole. Die Raute hingegen ist ein weibliches Symbol, sie steht für das weibliche Geschlecht und für die Fruchtbarkeit. Diese Tradition wird geachtet und gehütet und an die jüngere Generation weitergegeben. Sie steht für Kreativität, gesellschaftliche Gleichheit sowie Vielfältigkeit. Sandra Seb interessiert es, neue Wege einzuschlagen, eine Tradition in den gegenwärtigen gesellschaftlichen Kontext zu stellen, ohne hierbei allerdings den Kern und die Bedeutung des Ursprungs ausser Acht zu lassen oder gar zu vergessen. Die Künstlerin erhofft sich, eine respektvolle Verbindung zwischen Tradition und Moderne zu schaffen.
Die Absicht meines Projekts ist es, die bosnische Traditionsstickerei «Zmijanjski Vez» in einen zeitgenössischen Kontext zu bringen. Zusätzlich zu den ausgestellten Prototypen finden Sie ein Video und Fotografien aus dem Lookbook. Eine Webseite mit Webshop unter www.zoraija.com ist in Bearbeitung. Die Idee fand ihren Ursprung mit skizzierten Pullovern, die meine Mutter dann strickte. Später wollte ich unsere bosnischen Wurzeln mit in das Projekt einfliessen lassen. Ich bin in der Schweiz geboren und aufgewachsen, aber meine Wurzeln liegen in Zmijanje, Banja Luka in Bosnien. Meine Arbeit reflektiert unter anderem die Frage, wie es ist in einem Land aufzuwachsen, es als Heimat zu sehen, und dennoch zu wissen, dass die Wurzeln anderswo sind. Während des ganzen Arbeitsprozesses in Zürich und vor Ort in Zmijanje wurde mir zunehmend bewusst, wie sehr mich Bosnien und die bosnische Tradition generationenübergreifend geprägt haben.
BACKGROUND
Seit rund 15 Jahren stehe ich auf Bühnen und mache Musik. Ich habe während fünf Jahren in Lausanne gelebt, wo ich 2012 am Jazzdepartement der Musikhochschule den Bachelor in Elektrischer Gitarre erworben habe. Nach dem Studium an der Jazzschule habe ich angefangen, den Sexismus der Gesellschaft und speziell der Musikszene zu analysieren. Ich habe vor allem im Internet viel gelesen, um die Mechanismen zu verstehen, welche zu meinen Erfahrungen als Minderheit (es gibt nur ungefähr 5–10% weibliche Instrumentalistinnen im Jazz, Rock, Pop und Urban) geführt haben. Dabei habe ich begriffen, dass meine Erfahrungen mit Diskriminierung, Misogynie, positivem Sexismus, etc. nicht einfach individuell und selbstverantwortet sind, sondern dass sie zu einem Bigger Picture gehören, dass sie ein System haben. In der Folge beschäftigte mich die Frage, wie ich die Szene und die Praxis mit gestalten kann, so dass die Musikszenen weniger menschenverachtend werden. Wie kann ich bessere Musikbedingungen erschaffen, vorleben und lernen? Meine feministischen Handlungsmöglichkeiten sind begrenzt, aber vorhanden. Ich versuche, Solidarität zu leben, Freundinnen und Kolleginnen zu unter-stützen und mir von Ihnen helfen lassen. Ich bin Teil der Organisation Helvetiarockt. Mit meinen Trans-Mitstudentinnen Rada Leu und Nina Tshomba haben wir die Acid Amazonians gegründet, ein anti-normatives Musik- und Performance-Improvisationsprojekt.
ÜBER DIE ARBEIT
Meine Masterarbeit setzt sich aus drei Teilen zusammen:
1. Ziska’s Songbook ist das Herzstück meiner Masterarbeit.
Es wurde im Mai 2018 im Amsel Verlag Zürich veröffentlicht.
2. Die Buchvernissage im Material (Raum für Buchkultur),
wo vier Performer mit verschiedenen disziplinären Hintergründen die Songtexte lesen.
3. Eine schriftliche Reflexion zu Songwriting und Feminismus
als Praxen.
Zum Songbook: In enger Zusammenarbeit mit der Gestalterin Carla Crameri entstand die visuelle Umsetzung einer Auswahl von Texten, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Es gibt klassische Songformate (Verse-Chorus-Verse-Chorus-Bridge-Chorus), es gibt AABA-, AAB- oder ABAC-Formen, aber auch ausufernde Texte, die eher (written) Spoken Word sind und Rap Texte. Carla und ich haben diese Vielfalt mit individuellen visuellen Textsetzungen übersetzt. Als auf lockerndes Element gibt es zwischen den Texten einige Seiten mit collagierten Bildwelten und als belebendes Element sind fleckige Texturen in auffälligem Pink und Gelb darin verteilt. Das Songbook wurde mit Riso gedruckt, dessen Schmierigkeit und Knalligkeit eine an Punk und Pop, an Plakatgestaltung und Musik erinnert. Den Titel habe ich von Hand auf alle 150 Umschlägen aus haptisch interessantem, cremefarbenen Papier geschrieben. Es sind persönlich wirkende, betont rhythmische und melodische Texte. Es sind Erzählungen und Beschreibungen von Beziehungen, Erfahrungen mit Diskriminierung und Marginalisierung und Emanzipation. Es gibt darin Figuren und ihre Geschichten. Es geht um identitäre Fragen, um die Konstruktion von alternativen und queeren Narrativen. Es geht um GRRRRLS. Es geht um Glitter. Die Songs sind gezeichnet von einem Schwanken zwischen einem Sich-in-Emotionen-verlieren und einer humorvollen Distanz.
Das Songbook ist zum Gebrauch gedacht. Es soll beim Lesen dazu einladen, eine Stimme im inneren Ohr zu hören – so dass Musik im Kopf passiert. Es soll dazu einladen, seine Stimme zu gebrauchen. Es soll den Leserinnen Mut machen, selber Texte zu singen, zu sprechen und zu schreiben.
An der öffentlichen Vernissage im Material (Raum für Buchkultur) wurden die Texte vorgetragen von Performern mit diversen Herangehensweisen und disziplinären Hintergründen. Johanna Köster, eine Schauspielerin und Rapperin unter dem Künstlernamen Jiggles hat als Figur gesprochen und dazu kleine Kostümergänzungen wie ein zusätzliches Hemd benützt. Daniel Schellenberg (Hospiz der Faulheit), der unter dem Künstlernamen princess d (Queere Performancefigur mit Hintergrund in Theorie) auftrat, erzählte die Texte mit Charme. Andrina Bollinger (Musikerin u. a. bei JPTR, Flury & the Newborns) und Marena Whitcher (Musikerin, Prix Netzhdk 2015 für ihr Shady Midnight Orchestra) haben gewisse Texte gesungen, gewisse gesprochen. Zusammen sind sie die Band Eclecta – die auch noch unisono Text sprach sowie performativ gearbeitet hat.
In der Reflexion des Masterprojekts versuche ich, gewisse grundsätzliche Überlegungen fest zu halten, nach denen sich das Schreiben der Songs bzw. Texte richtet. Es geht darum, typische Songwritingthemen wie z. B. Liebesbeziehungen und Sexualität zu verarbeiten und dabei u. a. feministische Prämissen anzuwenden. Diese Prämissen sind zum Beispiel: Die Chance nutzen, alternative Stories und Narrative zu entwickeln. Macht, Grenzüberschreitungen oder Übergriffe verstehen und verarbeiten. Sich an Nicht-Männer als Publikum zu richten. Erfolg an eigenen Kriterien messen. Kurz: Die Traditionen und Regeln des Songwritings werden benutzt und erweitert.
Inhalt:
Zines sind mit vorhandenen Möglichkeiten, von A bis Z selbst hergestellte Publikationen mit kleiner Auflage, die unabhängig vertrieben werden. Hervorgegangen aus der Do-It-Yourself-Kultur der Punk-Bewegung hat sich dieses Format in den letzten Jahrzehnten zu einer nicht zu unterschätzenden Möglichkeit entwickelt, selbstbestimmt andere Formen von Öffentlichkeit zu schaffen. Die TeilnehmerInnen recherchieren in gemischten Gruppen und produzieren ein Zine in einer Auflage von mindestens 30 Stück.
Inhalt
Einwöchiges Kooperationsprojekt mit der Tokyo Polytechnika University, Tokio
Studierende: 11 ZHdK und 12 Tokyo Polytechnika University (in Teams)
Lernziele / Kompetenzen:
Künstlerische Arbeit wird weg vom medienspezifischen und antiquiertem Geniekult als eine gemeinschaftliche Praxis erfahren, die mit einfachen Mitteln ein breites Publikum erreicht und dabei – sofern sie das will – auch eine aktivistische Dimension hervorbringen kann. Während dieser Exkursion kommen die Studierenden gerade durch den kollaborativen Charakter der in Teams zu erstellenden Zines mit den Erfahrungshorizonten von japanischen Studierenden in Berührung. Darüber hinaus lernen sie aber auch Institutionen und Akteur*innen in ihren Netzwerken vor Ort kennen und zu verstehen, was längerfristig zur Internationalisierung in beide Richtungen beiträgt.
Durch das Ansprechen der historischen Dimension des Formates und der räumlichen Layouts vor Ort sind die Studierenden dazu angehalten nicht nur über “öffentlichen Raum” als universell, gültige abstrakte Kategorie nachzudenken, sondern sich insbesondere mit situiertem Wissen und spezifischen Herausforderungen wie beispielsweise den aktuellen Umweltbedingungen oder den Konsequenzen der Atomverseuchung im Umkreis von Fukushima am Vorabend der Olympiade 2020 auseinanderzusetzen.
Inhalt
Zweiwöchiges Kooperationsprojekt mit der Tokyo Polytechnika University, Tokio
Studierende: 12 ZHdK und 12 Tokyo Polytechnika University (in Teams)
Form: Produktion von Zines und einer Ausstellung von den entstandenen Zines sowie den Zines aus Zürich der letzten Jahre.
Zines sind mit vorhandenen Möglichkeiten, von A bis Z selbst hergestellte Publikationen mit kleiner Auflage, die unabhängig vertrieben werden. Hervorgegangen aus der Do-It-Yourself-Kultur der Punk-Bewegung hat sich dieses Format in den letzten Jahrzehnten zu einer nicht zu unterschätzenden Möglichkeit entwickelt, selbstbestimmt andere Formen von Öffentlichkeit zu schaffen. Die TeilnehmerInnen recherchieren in gemischten Gruppen vor Ort und produzieren ein Zine in einer Auflage von mindestens 30 Stück.
Wie sich öffentlicher Raum konstituiert und wie er durch Gespräche und Handlungen hergestellt wird, kann sich von Ort zu Ort auch in den baulichen Gegebenheiten spiegeln und unterscheiden. Das Fanzine ist ein stark auf breite und demokratisierte Distribution ausgerichtetes Format. Zugleich erlaubt es in kollektiven bzw. gemeinschaftlichen Arbeitsprozessen disparates Material zusammenzutragen um es in der Zusammenstellung subjektiv neu zu bewerten. Die Exkursion bringt mehrere aktuelle Themen zusammen, bietet aber auch Gelegenheit Formate und Kontexte in ihrer historischen Dimension zu verstehen, während die Auseinandersetzung mit der Foto- und Printmedien-Kultur im künstlerischen und populären Bereich eine breite Palette von grafischen oder visuellen Herausforderungen und Anreizen bereithält. Die Begegnung mit der piktografischen Schrift, den Leserichtungen und Distributionsmechanismen von Druckerzeugnissen in Japan liefert dabei einen weiteren Bezugsrahmen, der eine Vielzahl von Impulsen für den transkulturellen Dialog unter den involvierten Studierenden bereithält.
Neben Abfallcontainern sucht eine Köchin ihr Rezept. Ein Kehrichtmann versucht in Ruhe seine Zeitung zu lesen. Eine Mitarbeiterin wirft ihre Brotkrümel den Vögeln zu. Sieben Orte zeigen Menschen bei ihrer Zigarettenpause. Durchatmen und die Sorgen in Rauch auflösen, bevor das Menü bestellt wird, das Altpapier recycelt und die Vögel davonfliegen.
Diese Masterarbeit ist ein essayistisches Porträt über die Grossmutter der Autorin, ihr Leben und Sterben und über die reflektierende Tätigkeit des Schreibens selbst. Der Text handelt von Ablösung und dem Abschiednehmen in verschiedenen Formen von gesellschaftlichen Idealen, der Kindheit, der Mutter, von geliebten Menschen. In essayistischer Weise und auf Zitate anderer Autor*innen gestützt, funktioniert er autofiktional; er greift auf Autobiografisches zurück, ohne dass die Biografie der Autorin im Vordergrund steht. Vielmehr wird ausgehend von einer Biografie eine Allgemeingültigkeit gesucht, indem Prozesse, Phänomene und Gedanken aufgegriffen werden, die mehrere Generationen als Gesellschaft beschäftigen. Die Biografie der Grossmutter dient dabei als Orientierungspunkt und Schreibanlass. Details wie Eigennamen wurden erdichtet, während die Ereignisse mindestens in ihren Grundzügen so stattfanden, historische und psychologische Erläuterungen wissenschaftlich erforscht und belegt sind.