Diese Masterarbeit geht der Frage nach, wie postmigrantisches Schreiben aussehen kann. Auf theoretische und praktische Weise wird erörtert, wie Migrationserfahrungen und Mehrfachzugehörigkeiten als gesellschaftliche Normalität im Kulturjournalismus auftreten können. Eine paradoxe Situation bildet die Ausgangslage:
Globale Wanderungen verändern und formen gesellschaftliche Realitäten. So auch in der Schweiz. Die Schweiz ist eine Migrationsgesellschaft, weil sie durch und von Migration geprägt ist – früher und heute. Doch die Migrationsgesellschaft entspricht nicht dem gesamtschweizerischen Selbstverständnis. Dieser Widerspruch zeigt sich oft in den Schweizer Massenmedien.
Auch im Kulturjournalismus – dem Berufsfeld der Autorin – werden gesellschaftliche Entwicklungen und soziale Realitäten wie die Migration reflektiert und in Diskurse eingebunden. Gleichzeitig ist der Kulturjournalismus seinerseits geprägt von kulturellen Diskursen und steht somit in einer Wechselwirkung mit dem Selbstverständnis einer Gesellschaft. Dieses Spannungsfeld zwischen Diskursmacht und Wirklichkeit wird in einer angewandten kulturwissenschaftlichen Theoriearbeit kritisch untersucht. Sie ergründet, wie eine kulturjournalistische Radiosendung die Migrationsgesellschaft diskursiv verortet. Die Erkenntnisse einer diskursanalytischen Untersuchung dienen als Wissenshintergrund für die Praxisarbeit und sensibilisieren die journalistische Praxis über diese Arbeit hinaus.
In der Praxisarbeit wurde das postmigrantische Schreiben umgesetzt. Entstanden ist ein 45-minütiges publizierbares Audiofeature, in dem sich eine Tochter dem fremd-vertrauten Verhältnis zu ihrem Vater stellt. Das Porträt, verwoben in ein Selbstporträt, macht die Komplexität der Migrationsgesellschaft hörbar. Und es beschreibt eine mobile, flüchtige Welt, in der die Vielschichtigkeit einer Gesellschaft nicht Sonderfall, sondern Normalität ist.