Meditation, schamanische Naturrituale und Yoga: Spiritualität ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Masterarbeit von Tobias Söldi geht dem Phänomen in vier journalistischen Porträts nach. Da ist der privilegierte Sohn aus gutem Hause, der nach einer LSD-Erfahrung zuerst zum Hippie und dann zum Zen-Meister wurde. Da ist der reformierte Pfarrer, der sich als Eremit im Kloster, als Obdachloser auf der Strasse und als Einsiedler im Wald auf die Suche nach dem Göttlichen gemacht hat. Da ist die schamanisch arbeitende Therapeutin in einer Welt voller beseelter Gegenstände, verstorbener Ahnen und unsichtbarer Energien. Und da ist der Jesuiten-Priester und Zen-Meister, für den budddhistische Meditation und katholische Eucharistie nahtlos mit einander verbunden sind. Die vier Porträts geben einen Einblick in die Biografien, Gedankenwelten und Wirkstätten ihrer Protagonist:innen, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit immer wieder überraschende Parallelen aufweisen.
Die Deutschschweiz hat eine grosse Dichte an Künstler:innen, die Musik für Kinder produzieren. Die Szene ist dynamisch. Beinahe jährlich kommen neue Künstler:innen dazu, einige machen nur ein Album und widmen sich dann wieder anderen Projekten. Divers ist auch die Vermarktung: Während einige (vor allem Männer) auf grossen Festivalbühnen auftreten und auf Spotify präsent sind, muss man bei anderen (vor allem Frauen) ganz genau wissen, wo suchen. Nina Gehrigs Thesis ist ein Podcast, der Eltern, Lehrpersonen und allen anderen, die sich für Kindermusik interessieren, helfen soll, interessante Musik zu finden. Ihre Gespräche mit Künstler:innen drehen sich um deren Musik und die Beweggründe, die zur Entstehung Ihrer Lieder führten. Für die fünf vorliegenden Podcast-Folgen wurden mit Sibylle Aeberli, Sarah Laupper, Eva Zihlmann, Jaël Malli, sowie Laurent Aeberli & Max Kämmerling Künstler:innen ausgewählt, die verschiedene Zugänge, Erfahrungshintergründe, Musikstile und auch Geschlechter vertreten.
Diese Masterarbeit liefert die Basis zur Konzeption einer Plattform für digitale Vermittlungsangebote von Filmfestivals für Kinder und Jugendliche, wobei der Schulkontext im Vordergrund steht. Ausgehend von einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit den Themenfeldern Digitalisierung und Kulturvermittlung werden derzeit vorhandene analoge wie digitale Vermittlungsangebote für Kinder und Jugendliche der neun wichtigsten Filmfestivals der Schweiz vorgestellt. Die skizzenhafte Konzeption der Plattform wird methodisch durch das Digital Engagement Framework abgestützt. Den Abschluss bilden ein Fazit sowie Ausblick auf die weiteren Schritte in der praktischen Umsetzung der möglichen Implementierung einer solchen Plattform.
Nanuschka Bolekis Masterarbeit setzt sich in Form von literarischen Texten mit dem Thema Angst und Unheimlichkeit in der Stadt auseinander. In den sieben Texten wird das Spannungsfeld des urbanen öffentlichen Raumes untersucht: Was ist Angst im öffentlichen Raum und an welchen Orten manifestiert sie sich ins Erlebbare? Die von der Popkultur produzierten und reproduzierten Angstbilder einer Stadt – die Stadt als Ort des Verbrechens, der düsteren und zwielichtigen Gestalten, der bedrohlichen Anonymität – prägen unsere Wahrnehmung. Die subjektive, ästhetische Erfahrung von Stadt ist nicht nur von ihrem Erscheinungsbild, sondern auch stark von der eigenen Identität abhängig. So ist die düstere Tiefgarage unheimlicher je nach Geschlecht, der Bahnhof unangenehmer je nach sozialer Herkunft und das Navigieren durch die Stadt und ihre Menschen gefährlicher je nach Alter. Die Masterarbeit von Nanuschka Boleki ist ein Versuch, sich durch semifiktionale Texte mit realen Schauplätzen an eine schwer zu definierende Emotion anzunähern, und dabei das Unheimliche im Urbanen Raum für die lesende Person erfahrbar zu machen.
Raffaela Kolb geht in ihrer Masterarbeit polemisch ihrer inneren Zerrissenheit auf den Grund: ihre Lust an Popmusik, die ihr unter anderem Möglichkeiten geboten hat, sich von einer mädchenhaften Sozialisation abzugrenzen, trifft auf die Auffassung von Pop als Teil der kapitalistischen und patriarchalen Verhältnissen. Und weiter noch: In der Auseinandersetzung mit ihrer Arbeitspraxis reflektiert sie selbstkritisch, ob sie selbst einen vermarktbaren, verwässerten (Pop-)Feminismus instrumentalisiert, der von den Forderungen nach Gleichstellung, Emanzipation und nach gesellschaftlichem Wandel abgekommen ist. Sie begibt sich in ihrem Essay auf die Suche nach subversivem Potential im Pop und macht die Begriffe Schuldbewusstsein und Lustempfinden, welche sich zunächst diametral entgegenzustehen scheinen, als kritische Dimensionen dialektisch und produktiv nutzbar.
Josefin Walker befasst sich im Rahmen ihrer Masterarbeit aus einer bildungspolitischen und künstlerischen Perspektive mit dem Comic als Vermittlungsschauplatz. Dieser Ansatz führt in der Konzeption der Arbeit zu einer Verschränkung: Über die theoretische Arbeit und einen darin eingebetteten Erklär-Comic wird die künstlerische Arbeit reflektiert, währenddessen die künstlerische Arbeit auf die Erkenntnisse der theoretischen Perspektive aufbaut. Kernthemen der Arbeit sind dabei Praktiken multimodalen Lesens, inkludierende Vermittlungsstrategien sowie bedeutungsoffenes Erzählen. Die Masterarbeit besteht aus zwei Publikationsformaten: dem formal freien, episodischen Comic «Gloria In Flagranti» und dessen wissenschaftlichem Gegenüber «Glorias Geburt».
Einem Bild zu begegnen heisst, einen Dialog zu führen. Das Bild wird zum Gegenüber, zum Du, zur Gesprächspartner:in. Ein Dialog kann verschiedene Formen haben und auf verschiedenen Ebenen ablaufen. Nicht immer ist es die Sprache, die kommuniziert, denn nicht alles kann in Worte gefasst werden. So können auch Bilder oder Leerstellen Teil eines Dialogs sein. Die Masterthesis von Jael Rappersberger ist ein Selbstversuch. Ein gestalterischer Prozess wird unter Anwendung verschiedener Dialogformen initiiert und protokolliert. Aus einer Reflexion über den Dialog entstand ein Malen im Dialog und so eine künstlerisch-dialogische Praxis, die das Gespräch selbst zum Bildthema macht und visuell befragt.
In der Landschaftsarchitektur wird der Begriff desire lines verwendet, um inoffizielle Wege zu beschreiben: Spuren am Boden, die von Menschen stammen, die vom vorgesehenen Weg abgewichen sind. Desire lines sind Zeugen davon, dass Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben und verschiedene Richtungen einschlagen. Sie zeigen aber auch, dass eine bestimmte Richtung vorgesehen ist und ein Abweichen davon einen Orientierungsverlust bedeuten kann.
Die Masterarbeit erfragt, was es heisst, sich zu orientieren, insbesondere dann, wenn Wege abseits der Norm eingeschlagen werden. Die Orientierung von Körpern im Raum, wird sowohl in der (Bild-/Raum-)Gestaltung sowie in einem zwischenmenschlichen und sozialen Sinn untersucht. Die Arbeit eröffnet drei verschiedene Zugänge: einen malerischen, einen theoretischen und einen narrativen – wobei die Malerei den Ursprung der Auseinandersetzung darstellt. Die halb-fiktiven Kurzgeschichten bieten persönliche Einblicke und eine Ausgangslage, um über Orientierung und inklusive Räume nachzudenken.
Die Arbeit untersucht vier von der Autorin konzipierte Silent Walks als Ereignisse, als künstlerische Formate und als kollektive Erfahrungsräume. Während dieser Spaziergänge sind die Teilnehmenden schweigend und in unterschiedlichen Gruppen im urbanen Raum der Stadt Zürich unterwegs. Die Dokumentation der Silent Walks durch aufgezeichnete Geräusche, Fotografien, zeichnerisch festgehaltene Körperbewegungen und Befragungen der Teilnehmenden dient der Masterarbeit als grundlegendes Datenmaterial. Aus dessen Auswertung lässt sich schliessen, dass sich die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden trotz erhöhter visueller und akustischer Wahrnehmung während des Silent Walks stark auf die Gruppe, auf die soziale Interaktion und auf die Fremdwahrnehmung richtet. Von dieser Erkenntnis ausgehend wird das Format des Silent Walks im Rahmen der Arbeit als kollektive und individuelle Anlage befragt. So werden Quellen von Irritationen im Zusammenhang mit kollektiv angelegten Ereignissen für weiterführende Szenarien beispielsweise als aktive Mitspieler:innen begriffen.
Wasser fliesst durch alle Arten von Körpern und verbindet uns mit anderen Lebewesen und Lebensformen, mit anderen Zeiten und Orten. Um neue Sichtweisen der Fürsorge und Kohabitation zu ermöglichen, untersucht die Masterarbeit von Martina Ehleiter ausgehend von Astrida Neimanis` Theorie des Hydrofeminismus, mit welchen Medien und Strategien Wasserkörper in zeitgenössischen künstlerischen Positionen erfahrbar gemacht werden. Schmelzende Wasserkörper in den Arbeiten der Künstlerinnen Laurence Bonvin und Katie Paterson sowie speziesübergreifende Verbindungen in der Arbeit von Lena Maria Thüring werden dabei zur theoretischen Auseinandersetzung in Beziehung gesetzt. Im künstlerischen Anteil der Arbeit erkundet Martina Ehleiter die Flüssigkeiten und wässrigen Elemente ihres eigenen Körpers. Der Prozess wird mit Hilfe von Drucken, Texten und einer Videoarbeit reflektiert. Fragen der Materie, Relationalität, Ökologie und Fürsorge begleiten sowohl die theoretische Auseinandersetzung als auch den künstlerischen Prozess.
Zuhören bedeutet, in Beziehung zu treten. Ein Klang wird angesetzt, es entsteht eine Geräuschwolke, die in der Schwebe bleibt, bis der Klang auf einen Körper trifft. Doch was passiert mit dem Körper, der den Klang empfängt und wahrnimmt? In der Arbeit wird untersucht, wie Zuhören als soziale und gesellschaftskritische Praxis entwickelt werden kann. Ausgehend von Erprobungen in unterschiedlichen Bildungskontexten, wie im Unterricht für Bildnerisches Gestalten oder einer Reading Group im Hochschulkontext, werden selbstgesetzte Scores umgesetzt, verändert und wiederholt. Entlang der konkreten Erprobungskontexte eröffnen sich Fragen zur Konstruktion von politischen, sozialen und ökologischen Realitäten. Inwiefern fordert Zuhören als gesellschaftskritische Praxis immer auch ein Handeln heraus, das zu gesellschaftlichen Veränderungen führt? Mit Hilfe der Erprobungen von Listening-Praktiken und entlang der konzipierten Scores möchte die Arbeit Handlungsformen und Resonanzräume entwickeln, durch die wir der Natur, der Welt und uns selbst mit mehr Achtsamkeit und Fürsorge begegnen können.
Wie kann ich eine eigene künstlerische Arbeit vermitteln? Was erzählt mir meine Arbeit und wie kann ich diese Erzählungen für andere in einem von mir geschaffenen, vermittelnden Ereignis erfahrbar machen? Welche Erfahrungen, die ich als Künstlerin mache, kann ich auch als Vermittlerin nutzen? Von diesen Fragen geht Kathrin Affentrangers Untersuchung «Lovestories» aus. Die Autorin ersucht zeichnend, schreibend, lesend und reflektierend nach einer vertiefenden Verknüpfung ihrer Selbstwahrnehmungen als Künstlerin und Vermittlerin. In der hybriden Rolle als Künstlerin und Vermittlerin sieht sie ihre Aufgabe darin, körperliche Empfindsamkeit zu teilen und dadurch Resonanzräume zu öffnen. Musikalisch betrachtet kann «Lovestories» als Album und können die Zeichnungen als einzelne, darin vorkommende Lieder gelesen werden. Die Lieder besingen die körperliche Anziehung sowie die Reibung und den Schmerz, der damit einhergeht. Sie fröhnen dem bunten Chaos des Lebens und umschreiben die Ambivalenz des Begehrens und Begehrt-Werdens.