Das Gewerbemuseum Winterthur lud im Oktober 2014 gemeinsam mit der Studienvertiefung Style & Design, und dem Institut Mode-Design, HGK/FHNW Basel ein, die Ausstellung FASHION TALKS auf überraschende Art neu zu erleben. Obwohl Kleider im Alltag bewegt sind, müssen sie in Modeausstellungen immer im Stillstand und als starre Momentaufnahmen präsentiert werden.
Für einmal wurden nun diese Grenzen gesprengt und Mode geriet einen Abend lang in Bewegung. Denn Mode bewegt nicht nur sich selbst, sondern auch uns – dies ist das Motto der Veranstaltung PERSPECTIVES – PERFORMING FASHION. Zahlreiche Studierende aus Basel und Zürich verwandelten sämtliche Räumlichkeiten des Gewerbemuseums mit über zwanzig Interventionen, Performances, Installationen und Videos temporär zu einer rasanten, unkonventionellen Fashion Show, so dass die Besucherinnen und Besucher Mode auf ganz unterschiedlichen Ebenen erleben können. Die verschiedenen Projekte wurden gleichzeitig in einer Art Endlosschlaufe während des ganzen Abends in sämtlichen Ausstellungsräumen, in den Korridoren und im Eingangsfoyer präsentiert. So begannen dreidimensionale Stillleben zu atmen, Fashion dogs bellten durch die Korridore, Jeansobjekte bekamen Beine und Hosenreissverschlüsse gaben rhythmisch den Ton an.
Popkonzerte haben sich, seit ihren Anfängen in den frühen 1960er Jahren, von der nüchternen Bewegungslosigkeit zunehmend hin zu einem multimedialen und rauschhaften Bühnenspektakel entwickelt. Die Tendenz zur visuellen Kultur ist auch beim Konzert offensichtlich; durch Symbole werden gezielt Botschaften gesendet, die gespielte Ekstase auf der Bühne überträgt sich auf den Zuschauer, welcher durch Partizipation wiederum Teil des Ganzen wird. Laufend finden weitere Ausdifferenzierungen statt; mit dem Trend hin zur Digitalisierung der Musik stellen sich neue Fragen. Ein Konzert ist nicht nur ein akustisches Ereignis; es setzt sich aus einer Vielzahl von Komponenten zu einem umfassenden Erlebnis zusammen und bietet somit viel Spielraum für disziplinenübergreifende Zusammenarbeit.
Im Frühlingssemester 2015 realisierten Style & Design- und Popstudierende an der ZHdK zum dritten Mal ein gemeinsames Projekt. Daraus resultierten zwei Konzerte zu den Themen «Popcorn's Universe» und «Ya Ruzmi». Während die Bands im Verlauf eines Semesters ihr Konzertrepertoire erarbeiteten, entwickelte Style & Design dazupassende Ideen in den Bereichen Dramaturgie, Bühnenbild, Visuals, Kostüm und Kommunikation. Die Konzerte wurden im Rahmen einer Veranstaltung vom m4music im Frühling 2015 erfolgreich aufgeführt.
Die Arbeit geht auf der theoretischen Ebene der Frage nach, wie detaillierte Datenerhebung, Vermischung von Arbeit und Privatem und Erschöpfung zusammenspielen. Die Quantified Self -Bewegung dient dabei als Fallbeispiel in der von Ullrich Bröckling und Alain Ehrenberg beschriebenen, nach Selbstoptimierung strebenden kapitalistischen Leistungsgesellschaft.
In den Performances hat Eva Wottreng versucht, in die Praxis umzusetzen, mit was sie sich in der Theorie beschäftigte, oder zumindest Elemente davon aufzugreifen. So sind in den Performances Begriffe wie Selbstkontrolle, Fremdüberwachung, Datenveröffentlichung, Privatheit, Selbstinszenierung, Körper - Maschine und Erschöpfung Themen.
Eva Wottreng ist auf einem Laufband bis zu dem Punkt gerannt, an dem sie sich erlaubte, aufzuhören. Der Prozess der Erschöpfung, der sonst eher im Privaten geschieht, wird Zuschauern offengelegt. Ebenso Daten und Bilder, die dabei erhoben werden. Quantified Self - Anhänger legen weniger den Akt, als vielmehr Daten, die darüber erzählen, offen. Die Offenlegung der Daten beinhaltet ebenso Selbstinszenierung als auch soziale Kontrolle. So änderte sich auch das Rollenverständnis während der Performance ständig, einmal war sie Autorin und Gestalterin der Gesamtinstallation im Schaufenster, ein anderes Mal Gejagte der Maschinerie, die sie selbst erschaffen hatte, die sich aber verselbständigt hat.
Byung - Chul Han unterscheidet zwischen der Müdigkeit der positiven Potenz, eine Müdigkeit, die durch ausbleibende Limitierung und Grenzen und durch ein Übermass von Möglichkeiten und Tätigkeiten entsteht, und der Müdigkeit der negativen Potenz, eine Müdigkeit, die durch das "Nicht - Mehr" und das "Nicht - Tun" hervorgerufen wird. Ersteres führt oft zur Erschöpfung und der in unserer Gesellschaft weit verbreiteten Depression.
Die Erschöpfung, die nach Abbruch des Rennens eintrifft, ist eine andere Erschöpfung als die Erschöpfung der positiven Potenz, die Eva Wottreng in ihrer theoretischen Arbeit behandelt. Analog dazu verhält sich ihres Erachtens in der Performance am ehesten der Moment während des Rennens - der Moment, wenn die Maschine läuft und es kein Woher und Wohin gibt.
Die stetige Selbstoptimierung, das ständige Feilen am eigenen Produkt, der konstante Abgleich des eigenen Preises mit der Konkurrenz, ist ein nie abgeschlossener Prozess und ein nie abgeschlossener Wettlauf.
Denkt man dies weiter, stellt sich die Frage, welche Rolle der eventuell eintretende Kollaps spielt. Stellt dieser dann die von Han gelobte Müdigkeit der negativen Potenz dar? Oder befördert er einem nur ins Abseits der Gesellschaft?
Während der Arbeit wurde die Frage wichtig, was in einer solchen Maschinerie des Leistungs- und Selbstoptimierungsimperativs Widerstand darstellen könnte. Indifferenz? Stillstand? Leistungsverweigerung? Sabotage? Das Ausführen von sinnentleerten, nicht zielgerichteten Handlungen? Der Kollaps? Die vermehrte Sorge um die Gesellschaft statt um sich selbst?
Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Spaziergänge durch die Stadt. Ich frage nach der Tradition, in welcher ich als spazierende Künstlerin stehe. Dabei gehe ich von der Annahme aus, dass der Spaziergang durch die Stadt intensive Denk- und Wahrnehmungserlebnisse begünstigt. Ich untersuche, ob Spaziergängen auch so etwas wie ein subversives Potential inne wohnt und, wenn ja, wo ein solches liegen könnte.
Seit die Zürcher Hochschule der Künste 2014 ihre neuen Räumlichkeiten auf dem Toni-Areal bezogen hat, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, von zuhause aus zum Toni-Areal und zurück zu gehen. Nicht selten lasse ich mich vom direktesten Weg abbringen und zu Erkundungen verführen. Anstatt links gehe ich rechts, bleibe stehen, schaue mich um. Unterwegs mache ich Fotografien und Videos, die ich später als Ausgangspunkt für die Malerei verwende.
Als Spaziergängerin begebe ich mich auch in das weite Feld der Spaziergangsdiskurse. Der eingeschlagene Weg gibt Einblick in meine Auswahl künstlerischer und kulturtheoretisch-philosophischer Positionen aus Europa und Amerika seit dem 19. Jahrhundert. Ich gehe der Frage nach, in welcher Tradition ich als spazierende Künstlerin stehe. Dabei wird der Spaziergang als Tätigkeit untersucht, bei der sich die Vorgänge des Gehens, Denkens und Wahrnehmens eng miteinander verflechten und bei der auch das Denken unerwartete Richtungen einschlägt. An der Konstitution eines Spaziergangserlebnisses grundlegend beteiligt, liegt ein thematischer Schwerpunkt auf der Stadt und auf der Wahrnehmung der Stadt durch die Spaziergängerinnen und Spaziergänger. Es wird untersucht, ob Spaziergängen auch so etwas wie ein subversives Potential inne wohnt und, wenn ja, wo ein solches liegen könnte. Zum Schluss behandle ich den Spaziergang als Zugang und Themenquelle für die Malerei. Das Kapitel führt zu meiner künstlerischen Auseinandersetzung hin, die das Verfassen dieser Arbeit begleitet. Sie ist eine malerische Erkundung der Stadt, meiner Spaziergänge und meines flanierenden Denkens.
Der Komplize des Körpers ist die Kleidung, als Interface zwischen Belebten und Unbelebten unterstützt die Mode die Identität des Trägers. Im Gewand der Mode und ihrer Marken, im Schlepptau des Körperkults und seiner Codesavanciert die Mode vom persönlichen Sprachrohr zum Identitätsgeber. Zu ihrem Wesen gehört ihr schneller Wechsel, vom Trend, zum Modemeinungsterror sind es nur kleine Schritte. Inspiriert von Erwin Wurm und seinen «One Minute Sculptures», den Designern/Designerinnen Schiaparelli, Yamamoto, Margiela, Helle Mardahl, Sandra Backlund beschäftigte sich das Modul "untragbar haltungsbildend" mit der aktionistischen Erweiterung des Begriffs von Skulptur. Der menschliche Körper und/oder die Kleidung wurden in merkwürdigen spontanen oder inszenierten Handlungen und Haltungen im Zusammenspiel mit dem Raum und Dingen visualisiert. Ausgehend von bestehenden Kleidungsstücken wurden durch die Veränderung von Materialität, Passform oder Funktion neue modische haltungsbildende kleidsame Produkte entwickelt, inszeniert und fotografiert.
Die Gewaltbilder des Islamischen Staates (IS), welche seit 2014 omnipräsent sind, finden ihren Weg zu uns nicht nur über traditionelle, publizistische Medien, sondern vermehrt auch über das Internet. Die Bilder involvieren uns, ohne das wir unmittelbar betroffen sind. Gesucht sind Strategien, wie wir mit dieser neuen Herausforderung umgehen können. Als Privatperson wie auch als Kunstpädagogin sehe ich hier eine besondere Dringlichkeit. In meiner Masterarbeit mache ich mich deshalb auf eine Spurensuche. Anhand verschiedener theoretischer Positionen, unter anderem aus der Kultur- und Medienwissenschaft, der Kunst und der Kunstpädagogik und dem Werk "Ur-Collage" von Thomas Hirschhorn versuche ich ein Verständnis für Gewaltbilder und Bildgewalt aufzubauen, um daraus Erkenntnisse für einen möglichen Umgang zu gewinnen. Aufgrund der Aktualität bezieht sich meine Arbeit immer wieder auf die Bilder des IS, insbesondere auf die Enthauptungsvideos aus dem Jahre 2014.
Ida Sons und Miriam Strauss, Studentinnen des MAE bilden & vermitteln, realisierten zusammen mit einer Gruppe von ZHdK-Studierenden und Externen das Projekt Restaging Leonce und Lena im Museum Langmatt in Baden. Restaging Leonce und Lena war eine performative Reinszenierung eines Fotos des Theaterstücks Leonce und Lena von Georgette Boner aus dem Jahr 1926. Die Performance war Teil des Festivals Tanz und Performance der Ausstellungsreihe Feminine Futures - The Membrane of The Dream & The Membrane of The Real, welche im Museum Langmatt in Baden stattfand.
Die Performance Restaging Leonce und Lena bezieht sich auf eine Theateraufführung von 1926, bei der Georgette Boner, eine Verwandte der Browns, Regie geführt hat und Harry Brown die Rolle des Hofpredigers spielte. Im Sinne einer Reinszenierung der Selbstinszenierung, wird ein Gruppenfoto des Theaterensembles aus dem Archiv der Familie Brown, als lockeres "Tableau vivant" nachgestellt. Die Inszenierung soll als Annäherung und konstantes Scheitern neu untersucht werden. Zudem wird die Affinität Harry Browns und Georgette Boners zum "crossdressing", als Abweichung vom bürgerlichen Industriellenleben der Familie Brown aufgenommen, um die Visualisierung von Geschlechterrollen im Bild spielerisch mit Kostüm- und Handlungswechseln zu untersuchen und in ein performatives Gefüge zu bringen.
Im Zentrum der Arbeit «Spuren einer Denkformel in ästhetischen Expeditionen» steht das Theatervermittlungsprojekt „Ästhetische Expeditionen I – III“ (2012-2016), für das die Autorin als Co-Leiterin des Zentrum Theaterpädagogik Luzern (PHLU) verantwortlich war. Der inhaltliche Kern war eine praktische theaterpädagogische Auseinandersetzung mit «Heterogenität als Potenzial». In enger Zusammenarbeit mit Lehrpersonen und deren Klassen sowie der Arbeitsgruppe «Entwicklungsschwerpunkt Heterogenität» der PHLU rückte dabei das Verhandeln von Theaterverständnissen und damit einhergehende Methoden der Theaterarbeit mit den Schüler_innen in den Mittelpunkt.
In einer produktiven Begegnung von Schule und Kunst eröffnete sich kontinuierlich ein neues Forschungsfeld: der Zusammenhang zwischen Anerkennung, ästhetischer Bildung und der Haltung der Lehrperson bzw. der Theaterpädagogin. Geradezu zeitgleich «figurierten» sich die bisherigen Erkenntnisse (erinnernd an das Serendipitätsprinzip) in Form einer Formel. Diese manifestierte sich als eine Abbildung von Konstruktion und Dekonstruktion, Kalkül und Kontingenz, von Identität und Differenz, von produktivem Infragestellen: X ist X ist nicht X.
Um die Spuren des Denkens aus der ästhetischen Expedition III durch den Umgang mit der Denkformel fassbar und diskutierbar zu machen, rückte der Ansatz der teambasierten Aktionsforschung in den Mittelpunkt. Dabei trafen unterschiedliche Überzeugungen, Ideologien, disziplinär verankerte Verfahren sowie verschiedene Professionsverständnisse oder lebensweltliche Erfahrungen aufeinander. Die Formel wurde darin als Analyse-, Vermittlungs- und Reflexionsinstrument nutzbar und vermochte Gewohnheiten, Haltungen, Erwartungen oder institutionelle Vorgaben zu unterbrechen, sichtbar und verhandelbar zu machen. Diese transdisziplinäre Arbeitsweise ermöglichte eine produktive Grenzüberschreitung zwischen Kunst und Bildung, welche in der ästhetischen Expedition III als erweiterte Praktiken des Denkens, Sprechens und Handelns erkennbar wurden.
Ich baue mir eine Fallhöhe.
In meiner künstlerischen Tätigkeit bewege ich mich seit längerem an den Schnittstellen zwischen Bildender Kunst, Video und Performance/Bühnenkunst unter Einbezug von Elementen aus die Populärkultur. Insbesondere die Popmusik und ihre signifikanten Showeffekte, also die Verführungstechniken der Unterhaltungsindustrie, inspirieren mich immer wieder.
Eine wichtige Motivation für das Transdisziplinaritätsstudium ist mein Interesse am Theater. Das Theater als diskursiver künstlerischer Ort, an welchem gesellschaftlich relevante Fragen in Gegenwart und unter Einbezug des Publikums intensiv verhandelt werden. Ich nutze mein Masterprojekt, um mehr zu erfahren über Theatertechniken, Dramaturgie und Inszenierung, Konventionen, über künstlerische Authentizität und die vereinbarte Illusion.
Während des Studiums bin ich einem Forschungswerkzeug aus der Theoretischen Biologie begegnet: dem «Prisoner’s Dilemma-Model», das für die Kooperationsforschung entwickelt wurde. Ich habe die Wissenschaftler, die mit diesem Modell arbeiten, befragt, um mehr über diese Form von Erkenntnisgewinn zu erfahren. Diese radikal vereinfachte und nüchterne Berechnung von hochkomplexen Vorgängen hat mich provoziert. Die Frage wie, respektive ob, und falls nicht, weshalb Kooperation in unserer Gesellschaft funktioniert, ist allgegenwärtig und mächtig. Nichtsdestotrotz setze ich mich dieser Frage aus und entwickle mithilfe von verschiedenen Gesprächen mit Theaterexpert_innen und in Zusammenarbeit mit einem Musiker eine Performance für die Theaterbühne. Der Raster des Modells dient mir als Aktgeber. Ein Experiment.
Das Masterprojekt INHERENT CROSS geht mit einer Schimpansengruppe von 16 Individuen der Frage nach einer Selbstmotivation im Umgang mit Malutensilien nach. Über einen Zeitraum von zwei Jahren (2013 – 2015) wurde den Schimpansen in wöchentlichen Sitzungen die Möglichkeit geboten, sich mit Farben, Pinsel und einer Trägerfläche zu beschäftigen. Den Schimpansen wurde es freigestellt zu partizipieren und sie wurden für die Teilnahme auch nicht mit Futter belohnt.
Die Frage, ob das Hinterlassen einer Farbspur auf einer Trägerfläche ein formaler Ausdruck ist, lässt sich nur über die Intention dahinter verhandeln. Die Ersichtlichkeit der bildnerischen Intention zeigt sich aufgrund von Wiederholungen und Alterationen gewisser Handlungen, wie zum Beispiel das wiederholte Herstellen zweier sich überschneidender Pinselstriche. Aufgrund solcher Beobachtungen können wir eher von einer bildnerisch intendierten Handlung und somit von einem formalen Ausdruck sprechen. Die Faktoren, die zu einer solchen Beobachtung führen können, sind weitaus komplexer als den Schimpansen ein Blatt, ein Pinsel und Farbtöpfe hinhalten – soziale, persönliche und Umwelt bedingte Faktoren spielen eine entscheidende Rolle.
Die Masterarbeit INHERENT CROSS befasst sich deshalb genauso mit den Bedingungen, die dem Untersuchungsgegenstand zugrunde liegen: Was bedeutet es nach einer bildnerischen Intention des Schimpansen zu fragen? Was erwarten wir von einer Antwort auf eine solche Frage? Welche kulturellen Parameter machen den Schimpansen überhaupt zu einem Schimpansen?