"Gutes Beispiel für die Anwendung eines Relatoskops. In der [Abbildung] ist das Relatoskop mit einem Leitsystem kombiniert, so dass gleichmässig verfahren werden kann. Alle Bewegungen sind elektronisch steuerbar. Dadurch wird die Relatoskopie film- und videogerecht." (Rolf Janke, Architekturmodelle, Stuttgart 1978, S. 146)
Das Bild zeigt die komplexe Verweisstrukur, die durch ein Relatoskop/Endoskop/Modelscope eröffnet wird: Das bereits für sich auf Illusionseffekte angelegte und überdies für die fotografische Aufnahme durch ein Relatoskop optimierte Modell wird mittels einer speziellen Kamera abgefilmt oder fotografiert. Das Resultat verunklärt die reale Skalierung des Modells und ermöglicht im Bild die Illusion der filmischen oder fotografischen Ansicht eines bereits existierenden Gebäudes. Die Verunklärung der Skalierung steht damit wirkursächlich im Zusammenhang mit der Vorstellung, man könne einen Blick in die Zukunft werfen. Das Scheitern zahlreicher Bauprojekte zeigt, dass dies nur eingeschränkt zutrifft. (rw)
Das Bild stiftet visuelle Unklarheiten, an denen sich für unser Projekt interessante Überlegungen anstellen lassen: So sind Innen- und Aussenraum nur unklar voneinander unterscheidbar. Vorder- und Hintergrund stören einander, auch wenn man sie nicht wirklich miteinander verwechselt. Mit dem Fotoapparat ist ein Selbstbezug gegeben und zudem ein Bild im Bild. Es handelt sich hierbei um eine fruchtbare Form der visuell-bildlichen Auseinandersetzung mit dem Bedeutungsraum des Windkanals. (rw)
Die Skulptur erscheint, als sei sie zuvor als Modell im Windkanal getestet worden. Jedenfalls erzeugt sie sozusagen ex negativo einen gerichteten Raum, der von links im Bild heranströmend einen Wind oder eine anderen Kraft denkbar werden lässt. Indem die Skulptur auf eine äussere Kraft zu reagieren scheint, erzeugt sie eben diese in der Vorstellung der Betrachtenden. (rw)
Durch den schwarzen Hintergrund wird das Modell visuell dekontextualisiert. Durch den Mangel an räumlicher Verortung scheint es zu schweben. Damit wird auf bildliche Weise nachvollzogen, was in der gezeigten Architektur zum Grundprinzip gehört: Die Umkehrung der abwärts gerichteten Kräfte nach oben, die Verwandlung einer hängenden in eine tragende Struktur. Oftmals werden Bilder wie diese umgedreht, wobei diese Bildpraxis wiederum direkt mit der Kernidee dieser Architektur verbunden ist. (rw)
Das Bild ist für unsere Frage nach dem Zusammenhang von Windeffekten an Kleidung und Haaren und dem Affektausdruck von Bedeutung. Mit ihr greifen wir einen Aspekt auf, den Aby Warburg in seiner Dissertation behandelt hatte und der ihn sein Leben lang beschäfigt hat. Im vorliegenden Fall scheint, was zu prüfen wäre, eben dieser Zusammenhang prägnant hergestellt: Die fliegenden Haare sind das visuelle Zeichen einer heftigen Auseinandersetzung. (rw)
Für die Ausstellung «Skulpturen Projekte Münster» im Jahre 1987 schufen Peter Fischli & David Weiss ein vierstöckiges Geschäftshaus aus bemaltem Plexiglas im Massstab 1:5. In einer Baulücke unweit des Bahnhofs platzierte das Duo dieses Mini-Gebäude, das sich unauffällig dem Architekturstil der umliegenden Bauten anpasste und als «verkleinertes Abbild mittelständischer Macht und Prachtentfaltung» (Fischli/Weiss, Konzept 1987) seine Wirkung erzeugte. Das Haus – ist es Modell oder Original – verwirrt durch seine Zwischengrösse, wirkt vertraut und befremdlich zugleich. Der verkleinerte Massstab schafft ein Spiel der Irritation, wo in der Schwebe bleibt, was Schein und was Wirklichkeit ist. (ms)
Zwei Gebläse pusten kräftig und in unregelmässigen Abständen durch die Beinöffnungen einer Männerhose, die sich durch die Windströmung zu bewegen anfängt. Der vertraute Alltagsgegenstand wird durch die entstehenden Luftwirbel seiner ursprünglichen Bestimmung beraubt und wird konkret und sinnbildlich zur «Windhose». Ob die Hose des Künstlers wohl als Windtunnel und aerodynamisches Labor verwendet werden kann? (ms)
Seit vielen Jahren sehe ich immer, wenn ich durch eine Stadt gehe, die mich umgebende Architektur gleichzeitig wie ein übergrosses Modell. Es ist wie eine Vision, ein nicht-Ausblenden-können der Skalierung als Herstellungstechnik heutiger Architektur. Das obere Foto entstand am 29.8.2012 aus einem Fenster des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt. Drinnen wurde die Ausstellung "Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie" gezeigt, draussen schien die Sonne auf Mainhattan. (fd)
Rechteinhaber/in
Dombois, Florian
Es sind keine Metadaten zu diesem Kontext bereitgestellt.
Importiert am
26.11.2012
Übergeordnete Sets
1
Foto eines frühzeitlichen Modells im Ägyptischen Nationalmuseum, Kairo
In den ethnographischen Abteilungen der Museen finden sich immer wieder Modelle aus früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden. Hier ein Beispiel aus dem Ägyptischen Museum in Kairo: ein Hausmodell als Grabbeigabe. Weitere Beispiele sind zahllos, sei es in der ägyptischen, der chinesischen oder anderen frühen Hochkulturen. Ja, sogar die älteste Statuette überhaupt, die Venus vom Hohlefels (40'000 Jahre alt) könnte man als skaliertes Menschmodell anschauen. Damit wäre die Technik der Skalierung und die Modellierung so alt wie der homo sapiens sapiens selbst. (fd)
Rechteinhaber/in
Dombois, Florian
Es sind keine Metadaten zu diesem Kontext bereitgestellt.
Die Zeichnung, die Charles Darwins um das Jahr 1837 in sein Notebook B eintrug, wurde mehrfach als Glücksfall der Wissenschaftsgeschichte bezeichnet, weil Darwin zu schreiben begann: „I think“, dann aber zeichnend fortfuhr und so das erste Zeugnis der im Entstehen begriffenen Evolutionstheorie nicht in Form eines Textes, sondern einer Zeichnung hinterließ. Darwins Eintrag gilt daher im gegenwärtigen Paragone von Bild und Wort als Zeugnis der grundsätzlichen Fundiertheit des wissenschaftlichen Denkens im Bilden und im Bild.
Schon Howard E. Gruber hatte die Zeichnung als bedeutend gekennzeichnet (Darwin´s Tree of Nature and Other Images of Wide Scope, in: ders., Katja Bödeker (Hg.), Creativity, Psychology, and the History of Science, Dordrecht, Boston 2005, S. 241–258, hier 247f). Julia Voss schrieb über sie: „Von dem verbal mit „I think“ angekündigten Gedankengang wechselt Darwin ins Bild, um das Gedachte zu konturieren.“ (Julia Voss, Darwins Bilder. Ansichten der Evolutionstheorie. 1837–1974, Frankfurt am Main 2007, 96). Horst Bredekamp hält fest: “Das Bild ist nicht Derivat oder Illustration, sondern aktiver Träger des Denkprozesses. ‘I think’ schreibt der Denker – und spricht die Skizze.” (Horst Bredekamp, Darwins Koralle. Frühe Evolutionsmodelle und die Tradition der Naturgeschichte, Berlin 2005, 24).
Pünktlich zum einhundertfünfzigsten Jubiläum der Erstausgabe von Darwins „The Origin of Species“ hat die Skizze nun die Schwelle zur Ikone überschritten. Die in die Fibroblasten der Dermis einer Doktorandin des Faches biologische Anthropologie eingebrachte Skizze weist ihre Trägerin als Mitglied des Clans der Evolutionskoralle aus, der sich aus den Stämmen der Biologen und der Wissenschaftshistoriker speist. Dass das für Kunst- und Wissenschaftshistoriker so interessante „I think“ der Originalzeichnung und damit der Medienwechsel weggelassen wurde, weist die Trägerin des Tatoos zudem als Zugehörige zum Zweig der intuitionistischen Ikonodulen innerhalb des Clans der Evolutionskoralle aus. (rw)
Das Modell besteht aus Ketten, Fäden, Stoffen und Gewichten, die an der Decke der Werkstatt aufgehängt wurden. Die Umkehrung des Bildes auf den Kopf vollzieht die Verwandlung in ein Architekturmodell. Aus hängenden werden stützende Strukturen, aus Zwischenräumen werden Räume. Die Modellpraxis der hängenden Strukturen, mit der auch Frei Otto ausgiebig experimentieren sollte, tritt mit Gaudì ans Licht der Architekturgeschichte. Der Umstand, dass die Resultate an den neogotischen Baustil ebenso erinnern wie an den Jugendstil, bringt ein zusätzliches Moment in diese Modellierung hinein und verwandelt sie in eine Aporie. (rw)
Bemerkenswert ist ausserdem, dass das Bild aus einer Position nahe der Werkstattdecke fotografier wurde, sodass nach seiner Umkehrung die hängende Struktur als Modell oder Gebäude aus der Untersicht dargestellt zu sein scheint. (rw)
Das kleine Modell des Zeiss-Planetariums im Modellpark Berlin-Brandenburg führt eine der weniger spektakulären Sehenswürdigkeiten Berlins vor Augen. Der Zugewinn an Greifbarkeit, der mit diesem Modell einhergeht, ist letztlich nicht gross genug, um die Existenz des Modells vollends zu rechtfertigen. Weitaus schöner und auch aufschlussreicher ist das Spiel der Skalierung, in welches das Modell, der Kies, die Wiese, die Wege und die versteuten anderen Modelle miteinander eingehen. (rw)