Das Künstlerduo Indergand&Rauber gründete im Rahmen eines dreimonatigen Atelier-in-Residence Aufenthalts in Thalwil (ZH) einen Verein, welcher sich zum Ziel setzte, die Thalwiler Kulturproduktion zu erforschen und diese mittels künstlerischer Aktionen und Workshops zu thematisieren. Art in Thalwil! verband eine konzeptuell-künstlerische Herangehensweise mit partizipativen Strategien. Das Projekt wurde auf www.artinthalwil.com online dokumentiert und inszeniert.
Ziel der vorliegenden Masterthesis ist die Befragung der Produktion und Reflexion der projektinhärenten Machtverhältnisse, die im Verlauf eine immer dominantere Rolle einnahmen, jedoch während der Durchführung aus zeitlichen Gründen nicht genügend reflektiert und thematisiert wurden. Die Thesis bezieht Theorien von Claire Bishop, Ulrich Bröckling, Michel Foucault und Bernadette Loacker auf konkrete Machtsituationen innerhalb des Projekts und führt damit eine erweiterte Analyse von Art in Thalwil! durch.
Nebst der direkten Form der Partizipation, die sich jeweils unmittelbar zu erkennen gibt, wurde in der Analyse eine zweite, durch gouvernementale Prozesse geprägte, indirekte Form der Partizipation etabliert: Durch das grosse Engagement des neu gegründeten Vereins Art in Thalwil! wurde auch nicht direkt am Projekt Beteiligten ThalwilerInnen ihr eigener Umgang mit Engagement gespiegelt. Sie begannen dadurch, gouvernementale Formen der Macht auf sich selbst anzuwenden. Diese Situation - sie war nur teilweise von Indergand&Rauber intendiert- löste ihrerseits eine spezifische Form gegenseitiger Beobachtung aus, für die Foucault den Begriff des Panoptismus prägte: Der Unterschied zwischen effektiver und selbst imaginierter Beobachtung war nicht mehr auszumachen, was grosse Unsicherheiten auf beiden Seiten auslöste, zu Spannungen führte und unabschliessbare Machtverhältnisse zeitigte.
Unternehmerische Strukturen und inszenierte Machtrelationen
Die Gründung eines Vereins ermöglichte Indergand&Rauber auf ganz grundsätzlicher Ebene ein Arbeiten vor Ort - durch die Anlehnung an unternehmerische Strukturen führte sie beispielsweise vor Ort zu einem Legitimations- und Machtgewinn - sie stellte das Projekt im gleichen Zuge aber auch stets auf die Probe, da sie zu panoptischen Formen gegenseitiger Beobachtung führte. Eine Möglichkeit, mit diesen Strukturen spielerisch umzugehen, fanden Indergand&Rauber in der fotografischen Inszenierung des Projekts, welcher in der Thesis eine selbstschützende Funktion attestiert wird: Art in Thalwil! inszenierte sowohl seine Repräsentanz als lokaler Verein, als auch die Partizipation selbst auf eine ironische Art und Weise. Durch die Aufforderung, Gesten der Partizipation zu wiederholen oder gezielt einzunehmen, wurde das Mitmachen selbst inszeniert und eine legitimierende Macht etabliert.
Die Analyse von Art in Thalwil! als eine Form der Aktionsforschung, bei welche der Autor gleichzeitig die Rolle des Künstlers, des Vereinsvorstands und des Forschenden einnahm, ermöglichte, die inhärenten Machtverhältnisse des Projekts mit einem vertieften theoretischen Blick als massgeblichen Teil des Projekts zu verstehen und auf eine produktive Art und Weise zu thematisieren.