This year's degree show of the Master of Fine Arts at the ZHdK draws on the notion of the ‘desired path’ as used in planning and landscape architecture to describe a convenient or accessible path that often avoids or ignores existing infrastructures. Desired Lines highlights the lines we choose over the lines imposed on us. The artworks presented by graduating students are the result of a careful examination of those lines that precede, are accommodated by and lead into and out of institutions of art.
The exhibition is curated by Gianmaria Andreetta.
Artists:
Yumna Al-Arashi
Olga Antonova
Dalit Arnold
Tobias Bärtsch
Luca Basello
Victoria Cheredeeva
Manuela Cossalter
Serhat Ertuna
Simona Ferrari
Vincent Graf
Roman Häfliger
TaeHwan Jeon
Laura Laucella
Elio Lüthi
Denise Maud
Fabio Melone
Miriam Rutherfoord
Sara Rutz
Ladina Schillig
Myléne Seck
Otto Szabo
Tajda Tomšič
Rachel TonThat
Rodrigo Toro Madrid
Begüm Ürek
Gregor Vogel
Niki Yelim
Shannon Zwicker
Parallel to the exhibition a publication organized by the students will be released.
In seiner Masterthesis beschäftigt sich Remo Bolt mit dem Haus seiner Grosseltern und der darin aufbewahrten Sammlung ethnografischer Objekte. Indem er das Haus temporär bewohnt, nimmt er die Räume, mitsamt der darin versammelten Dinge, wahr und stellt sich dem, was sich zeigt: In einem literarischen Rundgang durch das Haus wird Inventar aufgenommen. Dabei verdeutlichen sich die Dinge mehr und mehr in ihrem Verflochten-Sein mit Praktiken, Erinnerungen, Erzählungen und Beziehungen. Die schiere Fülle der Dinge verdichtet sich zu einem Bild von gelebtem Leben im 20. Jahrhundert, gehabten Interessen, angestrebten Ästhetiken, verfolgten Ideen und geteilten Leidenschaften. Auch wenn Veränderungen absehbar und indirekt Thema werden, ist alles noch da. Dieser Moment der Latenz wird beobachtet und festgehalten, um alles in seiner Verflechtung aufzubewahren. Über die Versprachlichung und performative Verkörperung wird das Erbe gewissermassen entmaterialisiert und teilbar.
Die Ausstellung «Zones of Potential Encounters. Eine multiperspektivische Ausstellung mit Objekten aus der Sammlung der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG» ist im Rahmen eines Kooperationsprojekts zwischen dem Master Art Education Curatorial Studies, Zürcher Hochschule der Künste, dem Ausstellungsraum oxyd – Kunsträume und der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG zwischen September 2021 und Mai 2022 entstanden. Sally Schonfeldt hat das Kooperationsprojekt künstlerisch begleitet. Die Projektdokumentation gibt Einblicke in die Planungs- und Konzeptionsphase, die schliesslich zur Ausstellung «Zones of Potential Encounters» geführt hat.
Saaltext
Die Ausstellung beleuchtet sechs der über 85'000 Objekte der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG) in Winterthur. Die Sammlung des Stiftungsgründers Bruno Stefanini ist vielseitig und bis heute noch nicht gänzlich erschlossen. Einige Objekte weisen auf konfliktbelastete Spannungen hin. Die Auseinandersetzung mit den ausgewählten Objekten ist als Versuch zu verstehen, neue Assoziationen und Erkenntnissen in Bezug auf Potenziale der Sammlung anzuregen.
Objekte sind multidimensionale Dinge. Sie sind Akteure, Zeug:innen, Gespenster und Geschichten. Sie sind relational, vielseitig, komplex und sensibel. Sie wurden geformt, berührt, gebraucht und gepflegt. Sie können erinnern. Sie haben ihre eigene Reise hinter sich und eine komplexe Beziehung zur Welt.
Als Besucher:in sind sie nicht alleine hier. Sie treffen auf Objekte und künstlerische Arbeiten, Archivmaterialien und Interviews, Klangkompositionen und nicht zuletzt andere Besucher:innen. All diese Protagonisten reagieren aufeinander, interagieren miteinander, und lassen so immer neue Begegnungen entstehen.
Das oxyd ist in drei Begegnungszonen unterteilt: Storytelling-Zone, Zwischenzone und Reflexionszone. Jede ist in eine eigene Lichtstimmung eingefärbt, die unterschiedliche Stimmungen und Denkprozesse anregen. Gerade betreten sie die Zwischenzone, die auch als Begrüssungszone gedacht ist. Der Spiegel weist den Weg in die Storytelling-Zone in der die Objekte aktiviert werden. Im Barbereich befindet sich die Reflexionszone, in der Sie mehr über das Ausstellungskonzept sowie die Objekte und ihre Kontexte erfahren können.
Wie ist das Kooperationsprojekt entstanden?
Im Januar 2021 gingen fast zeitgleich zwei Anfragen für Kooperationsprojekte beim Master Art Education an der Zürcher Hochschule der Künste ein. Zunächst war da eine Anfrage von Seiten der Sammlung der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte. Severin Rüegg, Leiter der Sammlung der SKKG, war auf der Suche nach einem Kooperationspartner, der einzelne Objekte aus der Sammlung mit Blick auf die gesellschaftliche Funktion befragt, denn die SKKG möchte in den nächsten Jahren auf verschiedenen Wegen herausfinden, welche soziale Wirkung ihre Sammlungsobjekte entfalten können. Zum Zeitpunkt der Anfrage befand sich die Sammlung mitten in einem grossen Inventarisierungs- und Reinigungsprozess. Die Befragung durch die Studierenden wäre eine Art Testlauf für mögliche zukünftige Projekte der SKKG. Die Sammlung der SKKG umfasst ca. 85.000 Objekte. Sie beinhaltet herausragende Kunstwerke und historische Objekte von der Steinzeit bis heute und wurde durch den Stiftungsgründer Bruno Stefanini (1924-2018) ab Mitte der 1970er-Jahre aufgebaut. Bruno Stefanini brachte es im Bauboom der Nachkriegszeit zum Multimillionär. Nachdem er sich sukzessiv aus dem Baugeschäft zurückgezogen hatte, begann er, sein Vermögen und die Erträge aus seinen Immobilien in den Aufbau einer riesigen Sammlung zu investieren. Jedoch wurden die Sammlungsobjekte zu Lebzeiten von Bruno Stefanini nie richtig erfasst und die Objekte zum Teil vernachlässigt. Bis zur Inventarisierung, die im März 2022 abgeschlossen wurde, war den Sammlungsmitarbeiter:innen unklar, was sich alles in der Sammlung befindet.
Die zweite Anfrage kam ebenfalls aus Winterthur. Eve Hübscher, künstlerische Leiterin im oxyd – Kunsträume und Absolventin des Master Art Education Curatorial Studies, wollte schon länger ein Ausstellungsprojekt mit Studierenden der ZHdK im oxyd umzusetzen. Das oxyd in Winterthur ist ein nicht-gewinnorientierter Ausstellungs- und Experimentierraum. Der Fokus der Ausstellungen liegt auf dem regionalen und nationalen Kunstschaffen mit dem Ziel, inhaltliche, orts- und generationenübergreifende Dialoge herzustellen. Das oxyd bietet Raum für Unerprobtes und Experimentelles und ermöglicht unerwartete Gegenüberstellungen. Nicht nur die grosse Ausstellungsfläche von knapp 400 qm und die zentrale Lage direkt am Bahnhof in Winterthur würden für die Studierenden einen äussert spannenden Ausstellungsort darstellen.
Die beiden Anfragen lagen nun im Postfach von Angeli Sachs, Leiterin des Master Art Education Curatorial Studies. Gemeinsam mit Bruno Heller, Assistent im Master Art Education Curatorial Studies, entstand die Idee, die beiden Projektanfragen zu verbinden und ein Ausstellungsprojekt im oxyd mit Objekten aus der Sammlung der SKKG zu realisieren. Praxisprojekte stellen einen integralen Bestandteil des Studienprogramms dar. Der Master Art Education Curatorial Studies richtet sich an Personen, die sich für eine innovative, kreative und reflektierte Praxis des Ausstellens und Vermittelns qualifizieren wollen. Ausgangspunkt der Vertiefung sind das Museum und die Ausstellung als Ort von Bildungsprozessen mit ihrem Auftrag des Forschens, Sammelns, Ausstellens und Vermittelns sowie die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Diskursen und Praxen in diesem Feld.
Im Februar 2021 kamen die Stiftung, der Studiengang und der Ausstellungsraum erstmals zusammen, um sich über ihre Interessen, mögliche thematische Schwerpunkte sowie den Umfang der Kooperation auszutauschen. Alle drei verbindet ein Interesse an experimentellen Formaten des Ausstellens und Vermittelns, eine kritische Reflexion von Sammlungen sowie die Suche nach Schnittstellen, die sich auch ausserhalb des Kunst- oder Kulturkontextes befinden. Nach dem ersten gemeinsamen Gespräch war klar, dass eine Kooperation stattfinden sollte und sich aus einem Seminar im HS 2021/22 sowie einem Praxisprojekt im FS 2022 zusammensetzen würde. Unklar war jedoch noch, mit welchen Objekten die Studierenden arbeiten sollten und wer das Projekt betreuen würde.
Wie wurde das Objektkonvolut ausgewählt?
Das Kooperationsprojekt ist als Experiment angelegt, in dem sich die Student:innen des Master Art Education aktiv mit ausgewählten Objekten und ihren Bedeutungspotentialen auseinandersetzen und diese insbesondere mit künstlerisch-vermittlerischen Strategien befragen. In der Planungsphase wurde deutlich, dass sogenannte «Kontaktikonen» für das Projekt interessant sein könnten. Als «Kontaktikonen» können Gegenstände bezeichnet werden, die entweder mit einer berühmten Persönlichkeit in Kontakt waren, oder die ein historisches Ereignis dokumentieren. Bruno Heller, der das Kooperationsprojekt seitens des Studiengangs betreut, beschäftigt sich in seiner Lehre insbesondere mit nicht-menschlichen Akteuren als Zeug:innen sowie den künstlerischen Aktivierungen von Sammlungsobjekten. In Rücksprache mit Severin Rüegg und Domingo Ramos, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sammlung der SKKG, wurde ein Konvolut von 40 Objekten zusammengestellt. Neben den «Kontaktikonen» wurde das Konvolut noch mit künstlerischen Arbeiten, die den Kunstkanon befragen, erweitert. Zum Konvolut gehörten Alltagsgegenstände, wie ein Zeichnungsheft von Albert Anker, aber auch Kunstwerke, wie ein Gemälde von Winston Churchill, Uniformen oder Kostüme, wie beispielsweise die Uniform von Charlie Chaplin aus dem Film «The Great Dictator» oder auch ein Nachlass einer Sexarbeiterin aus der Nachkriegszeit in Deutschland. Somit war der Grundstein gelegt, historische Objekte in einem Raum für Zeitgenössisches zu zeigen.
Wie kam die Zusammenarbeit mit Sally Schonfeldt zu Stande?
Auf Grund der gemeinsamen Interessen an künstlerischen Strategien in der Auseinandersetzung mit Sammlungen sowie dem Leistungsauftrag des oxyds sollte das Projekt durch eine zeitgenössische künstlerische Position ergänzt werden, die das Gesamtprojekt begleitet. Im Mai 2021 konnte Sally Schonfeldt für das Kooperationsprojekt gewonnen werden. Sie brachte ihre Expertise im Zusammenhang mit künstlerischer Forschung und ihren Umgang mit Sammlungen, Objekten und Ausstellungen ein. Sally Schonfeldt (geboren 1983 in Adelaide) lebt und arbeitet in Zürich. Die bildende Künstlerin untersucht historische Narrative im Zusammenhang mit dem Erbe des europäischen Kolonialismus. Ihre künstlerische und forschungsbasierte Praxis erforscht die Beziehung zwischen oft vergessenen Geschichten und unserer Gegenwart in einem antikolonialen und feministischen Rahmen.
Erste Projektphase: Seminar «Exploring the Collection of the SKKG», HS 2021/2022
Im September 2021 startete das Modul «Exploring the Collection of the SKKG» unter der Leitung von Bruno Heller und Sally Schonfeldt gemeinsam mit insgesamt 15 Student:innen aus den drei Vertiefungen des Master Art Education (Curatorial Studies, Kulturpublizistik und Kunstpädagogik). Zwischen September und Dezember setzten sich die Student:innen intensiv mit dem Objektkonvolut auseinander. Die Leitfragen des Seminars lauteten: Wie können wir durch Sammlungsobjekte über gegenwärtige gesellschaftspolitische Kontexte sprechen? Sind Objekte stumme Zeugen? Wie können sie aktiviert werden? Durch Zeitzeug:innen, historisierende und fiktionalisierende Erzählformen oder durch das materielle Wissen, das in den Objekten steckt? Was ist unsere Verantwortung gegenüber Objektgeschichten, die mit Leiderfahrungen verbunden sind?
Die Studierenden konnten aus dem Objektkonvolut frei eigene Fallstudien auswählen. Für ihre Recherche sind die Studierenden ins Depot im Wintower in Winterthur gefahren, um sich die Objekte vor Ort anschauen und sich mit den Mitarbeiter:innen der Samlmung der SKKG auszutauschen. Die Ergebnisse der insgesamt fünfzehn Fallstudien wurden im Dezember in einer Pop-Up-Ausstellung im Kunstraum im Toni-Areal präsentiert. Als Ausstellungsdisplay dienten SBB-Palettrahmen, die auch im Sammlungsdepot der SKKG genutzt werden. In der Abschlusspräsentation wurden ganz persönliche Ansätze sicht- und nachvollziehbar gemacht, um die Objekte zu befragen, zu deuten und zu aktivieren.
Zweite Projektphase: Praxisprojekt «Zones of Potential Encounters», FS 2022
Im Anschluss an das Seminar wurde im Dezember 2021 eine fünfköpfige Studierendengruppe gebildet, die im Rahmen eines Praxisprojekts die Ausstellung «Zones of Potential Encounters» sowie das Vermittlungsprogramm im oxyd – Kunsträume umsetzen sollte. In der Ausstellungsgruppe waren erneut alle drei Vertiefungen des Master Art Education vertreten: Melissa Jetzer, Vivianne Tat und Linda Walter studieren im Master Art Education Curatorial Studies, Milos Stolic studiert im Master Art Education Kunstpädagogik und Jonas Wandeler studiert im Master Art Education Kulturpublizistik.
Zwischen Februar und Mai 2022 hatten die Studierenden Zeit für die Konzeption und Realisierung der Ausstellung; es gab eine Auftaktveranstaltung (14.-15.02.2022) eine Projektwoche (11.–14.04.2022) und eine Aufbauphase (02.–24.05.2022). Die Studierenden sammelten in dieser Zeit Erfahrungen in allen zentralen Bereichen der Projektarbeit. Es wurden Informationen über einzelne Sammlungsobjekte und Formen der Sammlungspräsentation erarbeitet, eine Ausstellungsszenografie realisiert, eine Kommunikationsstrategie ausgearbeitet und Vermittlungsformate erprobt. Bei der Auftaktveranstaltung im Februar wurden zunächst Aufgaben für das Projektmanagement verteilt. Die Studierenden erhielten Verantwortlichkeiten in den Bereichen Finanzen, Vermittlung, Kommunikation, Ausstellungstexte, Szenografie, Koordination mit der SKKG, Aufbau, Technik, Plakatgestaltung und Ausstellungsgrafik. Im April fand eine Projektwoche statt, in der vor allem die szenografischen Elemente, die Verteilung der Arbeiten im Raum sowie das Vermittlungsprogramm diskutiert wurden. Sally Schonfeldt erarbeitete ein inhaltlich-szenographisches Grundkonzept, das einen Rahmen für die Ausstellung bieten sollte.
Wie wurden die Objekte für «Zones of Potential Encounters» ausgewählt?
Bereits im Februar bei der Auftaktveranstaltung musste die definitive Objektauswahl für die Ausstellung feststehen, was insbesondere mit der Planung der Leihverträge sowie konservatorischen Abklärungen zusammenhing. Für die Auswahl trafen sich das kuratorische Team mit Domingo Ramos und Julian Cech im oxyd – Kunsträume. Auf dem langen Tisch im oxyd wurden die Abbildungen der 40 Objekte aus dem Konvolut ausgelegt. Zunächst wurden die Schwerpunkte aus dem Konzept von Sally Schonfeldt aufgezählt: Object as witness, Aura, Sensitive Objects, Outsider Artists, Object-Storytelling. Im Anschluss wurde diskutiert, wie viele Objekte überhaupt gezeigt werden sollten und wie diese ausgewählt werden sollten. Mit Julian Cech, Konservator der SKKG, fand ein Austausch darüber statt, welche Objekte überhaupt ausstellbar sind.
Schnell wurde deutlich, dass jede:r Student:in sich mit einem Objekt vertiefend beschäftigen wollte, weshalb zunächst fünf Objekte ausgewählt werden sollten. Die Abbildungen wurden gruppiert, sortiert, zur Seite gelegt und wieder umsortiert. Während des Auswahlprozesses rückte immer mehr folgendes Kriterium in den Vordergrund: Welches Objekt berührt und beschäftigt uns auf einer emotionalen Ebene am stärksten?
Am Ende lagen sechs statt fünf Objektabbildungen auf dem Tisch; diese gaben wir an die SKKG zur Prüfung weiter. Wenige Tage später kam die Rückmeldung, dass das Feldbett Napoleons nicht ausgestellt werden konnte. Die Tatsache, dass ein Objekt aus konservatorischen Gründen nicht gezeigt werden konnte, gefiel uns jedoch so gut, dass wir am Feldbett festhielten. Da wird jedoch auch am Sportanzug festhalten wollten, übernahmen schliesslich Sally Schonfeldt und Bruno Heller die Recherche zum Objekt. So stand die definitive Objektauswahl fest:
- Feldbett, vermutlich aus dem Besitz Napoleon Bonapartes, hergestellt von Marie-Jean Desouches, Anfang 19. Jahrhundert. Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Inv.-Nr. 07579
- Nachlass einer Sexarbeiterin, Deutschland, Nachkriegszeit, ca. 1945 – 1950. Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Inv.-Nr. 13824
- Schminktisch aus dem Besitz von Sarah Bernhardt, um 1900. Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Inv.-Nr. 07759
- Sonnenbrille eines Crew-Mitglieds des Vorführungsteams der «Enola Gay», ca. 1946 – 1950. Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Inv.-Nr. 14631.04
- Sportanzug, Bund Deutscher Mädel, dazu Leistungsbuch und Schuhe,
ca. 1930 – 1945. Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Inv.-Nr. 17043
- Hedi Zuber, Mein Vater, 1992, Mischtechnik auf Papier. Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Inv.-Nr. 01014
Kuratorisches Team
Bruno Heller, Assistent Master Art Education Curatorial Studies, ZHdK
Eve Hübscher, Künstlerische Leiterin oxyd – Kunsträume
Melissa Jetzer, studiert im Master Art Education Curatorial Studies, ZHdK
Sally Schonfeldt, Künstlerin
Milos Stolic, studiert im Master Art Education Kunstpädagogik, ZHdK
Vivianne Tat, studiert im Master Art Education Curatorial Studies, ZHdK
Jonas Wandeler, studiert im Master Art Education Kulturpublizistik, ZHdK
Linda Walter, studiert im Master Art Education Curatorial Studies, ZHdK
Beiträge in der Ausstellung von
Martin Andereggen, Ethan Braun, Julian Cech, Marlene Daut, Milky Diamond, Aya Domenig, Heinz Emigholz, Bruno Heller, Beratungsstelle für Sexarbeitende «Isla Victoria» Rita Höltschi und Grazia Aurora, Melissa Jetzer, Josef V. John, Kooni, Minako Matthäus-Sado, Clément Maurice, Tatjana Rüegsegger, Sally Schonfeldt, Thomas Sieber, Gilles Yann Smrkovsky, Milos Stolic, Vivianne Tat, Michèle Tratschin, Juliette Uzor, Linda Walter, Jonas Wandeler, Reto Wollenmann
Weitere Projektbeteiligte
Franca Bernhart, Vorstand (Co-Präsidentin) oxyd – Kunsträume
Julian Cech, Restaurator / Konservator, Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG
Stefani Frey, Vorstand (Co-Präsidentin) oxyd – Kunsträume
Domingo Ramos, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Sammlung, Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG
Severin Rüegg, Leiter Sammlung, Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG
Angeli Sachs, Leiterin Master Art Education Curatorial Studies, ZHdK
Beiträge Rahmenprogramm
Bruno Heller, Eve Hübscher, Miguel Garcia, Melissa Jetzer, Christian Kunz, Severin Rüegg, Sally Schonfeldt, Milos Stolic, Linda Walter, Jonas Wandeler
Szenografisches Konzept
Sally Schonfeldt
Szenografische Umsetzung
Melissa Jetzer, Sally Schonfeldt, Linda Walter
Aufbau und Bauten
Rolf Baumgartner, Léo Frézel, Matthias Gallati, Stefan Sigrist,
Claudius Thür
AV Technik
Roger Bachmann, AV-Services, Zürcher Hochschule der Künste,
oxyd – Kunsträume, Sally Schonfeldt, Milos Stolic
Licht
Eve Hübscher, Sally Schonfeldt, Linda Walter
Ausstellungsgrafik, Plakat
Jonas Wandeler, Linda Walter
Kommunikation
Bruno Heller, Eve Hübscher, Laura Rosini, Vivianne Tat, Eva Vögtli,
Laura Walde
Aufsicht
Brigitte Berginz, Franca Bernhart, Nils Lange, Pascal Mettler, Elsbeth Neumeyer, Rebekka Nitsch, Helene Schütz, Fant Wenger
Wir danken für Mitarbeit und Leihgaben
Rolf Baumgartner, Sergio Bonin, Marius Faber, Léo Frézel, ican films gmbh, Beratungsstelle für Sexarbeitende «Isla Victoria», Chantal Küng, Migros Museum für Gegenwartskunst, Angeli Sachs, Sammlungszentrum, Schweizerisches Nationalmuseum, Antonio Scarponi,
Mit freundlicher Unterstützung von
Johann Jacob Rieter-Stiftung
Kanton Zürich Fachstelle Kultur
oxyd – Kunsträume
Stadt Winterthur
Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte
Zürcher Hochschule der Künste
Ein Kooperationsprojekt zwischen
Master Art Education Curatorial Studies, Zürcher Hochschule der Künste
oxyd – Kunsträume, Winterthur
Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG, Winterthur
Strawinskys monumentales «Sacre du Printemps» in der Augustinerkirche in Zürich!
Die Auferweckung der Natur und des Menschen, aber auch die entfesselte Kraft und Energie der Erde sind Thema dieses machtvollen und eindrücklichen Werkes.
Der Choreograf Bryan Arias inszeniert eines der berühmtesten Ballettwerke der Musikgeschichte für den sakralen Raum, es tanzen Studierende des
BA Contemporary Dance der ZHdK.
Frédéric Champion und Merit Eichhorn haben mit einer eigenen Bearbeitung für Orgel vierhändig und vierfüssig mit Perkussion eine neue Version des
Sacre geschaffen.
Mit dem «Boléro» von Maurice Ravel als Vorspiel wird das Tor zu Strawinskys Werk geöffnet.
Das Seminar/die Konferenz möchte gemeinsam mit internationalen Gästen Praxen, Positionen und Perspektiven von «Museum und Ausstellung als gesellschaftlicher Raum» befragen. Nach einer Einführungsveranstaltung geschieht dies entlang der thematischen Schwerpunkte «Museen und Ausstellungen als Kontakt- und Konfliktzonen», «Künstlerische und kuratorische Praxis als politische Intervention» sowie «Ausstellungsinstitutionen als kritische Instanz». Zur Diskussion gestellt wird, inwiefern Museen, Ausstellungsinstitutionen und Ausstellungen als Möglichkeitsräume für demokratische Aushandlungsprozesse fungieren könnten.
Konzeption und Moderation
Sønke Gau, Angeli Sachs, Thomas Sieber
Was ist eigentlich ein Museum? Für lange Zeit schien relativ klar zu sein: Unabhängig davon, ob sich ein Museum in privater oder öffentlicher Trägerschaft befindet, ob es der Kunst, Geschichte oder Naturkunde gewidmet ist – es «… erwirbt, bewahrt, beforscht, präsentiert und vermittelt das materielle und immaterielle Erbe der Menschheit und deren Umwelt zum Zweck von Studien, der Bildung und des Genusses». So definiert der Internationale Museumsrat (ICOM) seit 2007 die Institution. Seit 2016 versucht die ICOM eine neue Definition zu erarbeiten. Auch mit dem seit 2019 vorliegenden Neuvorschlag – der Museen als polyphone Orte definiert, die für soziale Gerechtigkeit einstehen, demokratisch agieren und zum globalen Wohlsein beitragen – ist die internationale Diskussion über die Frage, was ein Museum ist, bzw. was es in Zukunft sein soll, keineswegs verstummt. In jüngerer Zeit hat insbesondere die Debatte um die Dekolonisierung von Sammlungs- und Ausstellungsinstitutionen gezeigt, dass dominante, (neo-)koloniale Narrative nach wie vor (re-)produziert werden und die Mehrheit der epistemologischen Grundlagen, auf denen die Wissensordnungen von Ausstellungsinstitutionen beruhen, davon bestimmt sind.
Zur Diskussion gestellt wird, inwiefern Museen, Ausstellungsinstitutionen und Ausstellungen als Möglichkeitsräume für demokratische Aushandlungsprozesse fungieren könnten. Wie können Museen zu vielstimmigen Orten werden, die zuvor marginalisierte Stimmen und unsichtbare Geschichten hör- und sichtbar machen und dabei die Grundlagen ihrer eigenen Wissensordnungen zur Disposition stellen? Wie können Ausstellungen in ihrem Zusammenspiel von diversen Akteur:innen, Kunstwerken und Objekten mit Architektur, Displays, kuratorischen Konzepten und Vermittlungsprogrammen als Versuchsanordnungen im gesellschaftlichen Raum verstanden werden? Inwiefern können und sollen Ausstellungsinstitutionen über ihre traditionellen Funktionen, Selbstverständnisse und Expertisen hinausgehen und zu Akteur:innen einer politischen Demokratisierung und sozialen Inklusion werden?
Termine
Museum und Ausstellung als gesellschaftlicher Raum
29.4.2022, 10–17h
Toni-Areal, Kunstraum, 5.K12, Ebene 5
mit
Léontine Meijer-van Mensch
Absolvent:innen des Master Art Education Curatorial Studies:
Katrin Bauer, Jonas Bürgi, Julian Denzler, Yulia Fisch, Martina Oberprantacher
Museen und Ausstellungen als Kontakt- und Konfliktzonen
13.5.2022, 10–17h
Toni-Areal, Raum 4.T09, Ebene 4
mit
Anna Greve
Bonaventure Ndikung
Ismahan Wayah
Künstlerische und kuratorische Praxis als politische Intervention
20.5.2022, 10–17h
Toni-Areal, Raum 4.T09, Ebene 4
mit
Kathleen Bühler
Forensic Architecture
RELAX (chiarenza & hauser & co)
Ausstellungsinstitutionen als kritische Instanz
27.5.2022, 10–17h
Toni-Areal, Raum 4.T09, Ebene 4
mit Binna Choi
Clémentine Deliss
Maria Lind
Ziel des Praxisprojektes ist es, basierend auf der Idee des Netzwerkmuseums einen «Dritten Ort» im neu zu schaffenden Entréebereich des GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig als multifunktionalen und flexiblen Multiplikator*innenraum zu entwerfen. Der Willkommensraum zeigt das neue Gesicht des Museums und dient verschiedenen Akteur*innen aus unterschiedlichen Kontexten als Raum für eigene Projekte zwischen Ausstellungen, für Veranstaltungen oder als Community-Space. Die Umsetzung ist im Herbst 2022 geplant.
Ein Treibhaus als Richard-Wagner-Vermittlungsort
Vor und während der Festspiele Zürich präsentierte sich ein Treibhaus in der Zürcher Innenstadt als mobiler Richard-Wagner-Vermittlungsort. Das Projekt «Wagner im Schauhaus», in Kooperation zwischen den Festspielen Zürich und dem Master of Arts in Art Education, ausstellen & vermitteln der ZHdK entstanden, wollte Passanten Einblicke in Richard Wagners Leben und Werk geben, neugierig machen und zum Dialog auffordern. Die von Cristina Kaufmann, Alice McCabe und Sarah Uehlinger konzipierte Ausstellung war in wöchentlichen Etappen an fünf wechselnden Standorten zu sehen und entwickelte sich stetig weiter.
Unter dem Motto «Treibhaus Wagner» liessen die Festspiele Zürich 2013 eine Werkstatt entstehen, in der in den unterschiedlichsten Darstellungsformen über Richard Wagner und seine produktive Zürcher Zeit nachgedacht wurde. «Wagner im Schauhaus», hiess eines der Projekte – ein Treibhaus, das als rund zwölf Quadratmeter grosser, mobiler Richard-Wagner-Vermittlungsort diente. Mit dem Ausstellungskonzept wurden bewusst keine Wagner-Experten, sondern Nachwuchs-Kuratorinnen der Zürcher Hochschule der Künste betraut. Das Projektteam, Cristina Kaufmann, Alice McCabe und Sarah Uehlinger, hatte vor, auf kreative Weise nicht nur Wagner-Liebhaber, sondern insbesondere auch Personen anzusprechen, die nicht zum typischen Opernpublikum gehören und bisher kaum mit Richard Wagner und seinem Werk in Berührung gekommen waren. Wiederkehrende Besucher konnten das Wachstum der Ausstellung mitverfolgen und sich selbst in die Ausstellung einbringen.
Vom «Tristan-Akkord» zum Gesamtkunstwerk
Der Auftakt der Ausstellung trug den Titel «Tristan-Akkord» und war vom 10. bis 16. Juni an der Seepromenade beim Bellevue zu sehen. Der in Wagners «Tristan und Isolde» leitmotivisch verwendete Akkord entzieht sich wegen seiner harmonischen Undurchsichtigkeit einer einfachen, allgemein akzeptierten Deutung und gilt als Inbegriff der Dissonanz. Auch Richard Wagners Leben war voller Widersprüche. Sein Mäandern zwischen Heimatlosigkeit und grossem Freiheitsdrang, zwischen Geldnot, Luxusbedürfnis und der Rolle eines visionären Revolutionärs sowie seine antisemitische Haltung, wurden mittels Karikaturen veranschaulicht. Blieb das Anschauungsmaterial in der ersten Woche noch wortwörtlich an der Oberfläche (des Treibhauses) verhaftet, so öffnete sich das Schauhaus in den Folgewochen zu bestimmten Zeiten für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Komponisten und seinem Werk. Vom 17. bis 23. Juni tauchten die Besucher auf dem Hechtplatz in eine Wagner-Wasser-Welt mit dem Titel «Richard Wagners Leitmotiv: das rauschende Wasser» ein. Hörproben aus seinem Werk wurden zu besuchten Landschaften, persönlichen Befindlichkeiten und Gefühlsstimmungen in Beziehung gesetzt. In der Woche vom 24. bis 30. Juni machte das Schauhaus am Limmatquai Wagners Vision des Gesamtkunstwerkes sinnlich erlebbar. Musik, Dichtung und Szenografie wurden in ihre Einzelteile zerlegt, um wieder in einem szenografischen Bild zusammenzufliessen.
Vom Schauhaus zum Lautsprecher der Stadt
Laufend fing das Projektteam die Meinung der Stadt über Richard Wagner, das Programm «Treibhaus Wagner» der Festspiele Zürich und das Projekt «Wagner im Schauhaus» im Besonderen ein und ergänzte damit die Inhalte des Schauhauses in der letzten Ausstellungsphase. An den Standorten Pestalozziwiese (1. bis 7. Juli) und Gessnerallee (8. bis 14. Juli) entwickelte sich das «Schauhaus Wagner» so zum Lautsprecher der Stadt und zum Spiegel des Verhältnisses ihrer Einwohner und Gäste zu dieser ebenso umstrittenen wie bewunderten Persönlichkeit, der Zürich einst Asyl gewährte. Inspiriert von Richard Wagners unbändigem Mitteilungsbedürfnis und Sendungsbewusstsein, erweitern die Studentinnen den Radius der Aufmerksamkeit mit einem begleitenden Blog und transportierten damit Richard Wagners Strategien der Selbstverwirklichung in die heutige Zeit. Nach einem grossen Finale am Festspielfest in der Gessnerallee verschwand das Schauhaus ebenso sang- und klanglos aus dem Stadtbild wie einst Wagner nach dem unrühmlichen Ende seiner Affäre mit Mathilde Wesendonck – hoffentlich jedoch nicht ohne Spuren in der Stadt hinterlassen zu haben.
Die Standorte:
10.–16. Juni Seepromenade beim Bellevue: «Tristan-Akkord»
17.–23. Juni Hechtplatz: «Richard Wagners Leitmotiv: das rauschende Wasser»
24.–30. Juni Limmatquai (beim Café Rathaus): «Gesamtkunstwerk: eine Vision»
1.–7. Juli Pestalozziwiese (bei Globus Bahnhofstrasse): «Das Schauhaus als Lautsprecher»
8.–14. Juli Gessnerallee Zürich (Innenhof): «Das Schauhaus als Lautsprecher»
Mentor/innen: Till Löffler, Alain Rappaport, Angeli Sachs, Luisa Ziaja
Importiert am
28.10.2016
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Studienreise Curatorial Studies nach Israel
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Untertitel
7. - 15. April 2019
Beschreibung
Ein Bericht von Bruno Heller
Die Studienreise des Master Art Education Curatorial Studies nach Israel setzte sich mit Gedenkorten, Ausstellungen, Sammlungen, künstlerischen Positionen und Stadtprojekten auseinander und ging dabei der Frage nach, welche Rolle diese Orte, ihre Konzeption und Formate in Bezug auf die «kulturellen Identitäten» in Israel spielen. Das dichte Programm, das am 7. April in Jerusalem begann und am 15. April in Tel Aviv endete, bot dazu ein aussergewöhnliches Erfahrungsfeld. Der folgende Bericht geht auf drei Programmpunkte ein: (1) die Internationale Gedenkstätte Yad Yashem; (2) die Dauerausstellung «Israeli Art» im The Israel Museum; und (3) das Vermittlungsprojekt «Art Road to Peace» im Tel Aviv Museum of Art.
«Identität ist eine Erzählung vom Selbst (narrative); sie ist die Geschichte (story),
die wir uns vom Selbst erzählen, um zu erfahren, wer wir sind.»
Stuart Hall, in «Ethnizität: Identität und Differenz», 1999, S. 94
Gerade Gedenkorte oder Sammlungen, wie wir sie in Israel besuchten, sind an der Produktion und Herstellung von Identität in speziellem Masse beteiligt, da sie gewisse Erzählungen hervorheben und andere vernachlässigen oder sogar bewusst auslassen. Erzählungen sind an Erinnerung geknüpft und Erinnerung ist von besonderer Bedeutung für Identität und Integrität. Ob wir jemanden oder etwas erinnern, ist oft ein Zeichen dafür, ob uns eine Person oder Sache wichtig ist und wir uns um sie sorgen. Um so wichtiger war es, die verschiedenen Orte, die in Israel an dieser Bedeutungsproduktion beteiligt sind, selbst zu besuchen, mit involvierten Personen zu sprechen und als Gruppe – bestehend aus sieben Studierenden im Abschlussjahr und drei Begleitpersonen – über das Erlebte zu reflektieren. Doch selbst dann blieb die Frage nach «kulturellen Identitäten» äusserst anspruchsvoll, denn sie setzte einen gewissen Kenntnisstand in Bezug auf Israels konfliktreiche Geschichte, dessen heterogene Einwohnerstruktur und geografische Lage voraus. Nicht zuletzt aus diesem Grund waren wir sehr dankbar, dass die Reise gemeinsam mit dem Rabbiner Drs Edward van Voolen erarbeitet und durchgeführt wurde. Als Direktoriumsmitglied des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam und als ehemaliger Kurator am Jüdischen Historischen Museum Amsterdam hat er zahlreiche Ausstellungen entwickelt und zu jüdischer Kunst, Kultur und Identität publiziert. In den Gesprächen wies er uns immer wieder auf unterschiedliche jüdische Identitätsentwürfe und ihren Wandel hin. Die Diskussion über museologische, kuratorische und vermittlerische Fragen wurde von der Leiterin des Master Art Education Curatorial Studies Prof. Angeli Sachs bereichert.
Braucht Erinnerung einen Ort?
Yad Vashem und das Holocaust History Museum
Der Tag nach der Anreise begann in der Strassenbahn, die quer durch Jerusalem führt und ausserhalb der Stadt am «Har Herzl» endet. «Har» bedeutet auf hebräisch Berg und «Har Herzl» verweist auf den berühmten Zionisten Theodor Herzl (1860-1903). Herzl hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts die Idee eines eigenen Staates für alle Jüdinnen und Juden, die irgendwo auf der Welt unter Druck stehen oder verfolgt werden. Bis heute prägen die Werte der zionistischen Idee die Debatte über das Selbstverständnis des Staates Israel. Auf dem «Har Herzl» befinden sich der Nationalfriedhof und mehrere Gedenkstätten, neben dem Grab Theodor Herzls (sein Leichnam wurde 1949 aus Wien geholt und hier neu beigesetzt) vor allem für jüdische Soldaten, die für die Unabhängigkeit Israels gekämpft haben. Eine Besonderheit bezüglich «Identität» ist der sogenannte «Connections Path» der zwischen dem Har Herzl und der Internationalen Gedenkstätte Yad Vashem verläuft. Auf einer Anzeigetafel wird der Weg folgendermassen beschrieben:
«The path leading from Yad Vashem to Har Herzl links the Holocaust commemoration site with the military cemetery, the national leaders burial site and Herzl’s grave. […] Passage along it is a symbolic voyage in time from Diaspora to the homeland of the Jewish people, from exile and destruction to a life of endeavor and hope in the State of Israel.»
Der eher unscheinbare und leicht zu begehende Weg entpuppte sich als begehbarer Zeitstrahl von der Zeit der Diaspora bis zur Staatsgründung Israels im Jahr 1948. Der Holocaust in Europa nimmt in dieser Entwicklung eine zentrale Rolle ein, denn er gab der zionistischen Idee weltweit Legitimität und beschleunigte ihre Umsetzung. Vom «Har Herzl» kommend liefen wir die Zeit rückwärts in Richtung Yad Vashem, auf dem westlichen Teil vom Herzl Berg, der passenderweise auch Har HaSikaron, Berg der Erinnerung heisst. Vom Weg aus war die Empfangshalle und dahinter das Holocaust History Museum zu sehen. Das nach oben spitzzulaufende, dreieckige Museumsgebäude bildet einen 180-Meter langen Riss durch den Hügel, was symbolisch für den katastrophalen Bruch im Judentum durch die Shoah interpretiert werden kann. Das Museum ist aus solidem Beton gebaut, ein seltenes Material in dieser Region, denn die meisten Gebäude sind aus sandfarbigem Dolomitstein.
Wir versammelten uns vor der Empfangshalle, um über die Gründungsmotivation der Gedenkstätte zu sprechen. Formell geht die Gründung der Gedenkstätte auf ein Gesetz zurück, welches Anfang der 1950er-Jahre im israelischen Parlament erlassen wurde. Dieses ist mit mehreren Aufgaben verbunden; eine Hauptaufgabe ist das Sammeln von Namen von Jüdinnen und Juden, die während der Shoah ermordet wurden. Dieser Gedanke steckt auch in den Worten «Yad» und «Vashem»:
«Ich will ihnen in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal (Yad) und einen Namen (Shem) geben […] der nicht vergehen soll» Jesaja 56.5.
Ein Ziel von Yad Vashem ist es, Jüdinnen und Juden als Menschen darzustellen, deren Identität die Nationalsozialisten im Namen ihrer faschistischen Ideologie zu vernichten suchten. Wie diese Erzählungen gesammelt, bewahrt und vermittelt werden, wird an der Gedenkstätte selbst beforscht, dazu wurden in den letzten Jahrzehnten mehrere Archive, ein eigenes Forschungszentrum und das Holocaust History Museum errichtet.
Am Eingang zum Museum trafen wir uns mit Nannie Beekman. Sie arbeitet für Yad Vashem in der Abteilung «The Righteous Among The Nations». Diese Abteilung betreut eine weitere Hauptaufgabe von Yad Vashem: es soll auch an die nichtjüdischen Menschen erinnert werden, die das Schicksal der Juden damals nicht gleichgültig hinnahmen, sondern ihnen auf vielfältige Weise zu helfen versuchten und dazu persönliche Risiken und Nachteile auf sich nahmen. «The Righteous Among The Nations» soll diesen Personen den Dank des Staates Israel vermitteln.
Nannie Beekman kennt das Holocaust History Museum bis ins Detail. Durch ihre Erzählungen fügte sie eine zusätzliche Leseebene in die dichte, historisch chronologische Ausstellung ein. Diese zeigt eine enorme Fülle an Bildmaterial und Exponaten aus der Zeit zwischen Hitlers Machtergreifung und dem Kriegsende 1945. Umso wichtiger war es, dass Nannie Beekman ihre Schlüsselexponate präzise auswählte und die Blicke der Gruppe auf bestimmte Fotografien und Objekte lenkte. Die durch die Architektur vorgegebene Besucherführung ermöglichte keine Auslassungen oder Abkürzungen. Nannie Beekman reagierte als Vermittlungsperson auf diese szenografische Vorgabe und führte uns bewusst zu gewissen Ausstellungsbereichen, wie zum Beispiel zu Zeitzeug*inneninterviews. Nach ihrer Führung sassen wir noch eine Weile gemeinsam unter einem Baum und diskutierten. Unter anderem kam dabei die Frage auf, was ein solch künstlich geschaffener Gedenkort leisten kann und soll, und an wen er gerichtet ist.
Welche Auswirkung hat Kunst auf die Gegenwart?
The Israel Museum, Dauerausstellung «Israeli Art»
Auf Grund seiner Grösse und Bedeutung als Nationalmuseum planten wir zwei halbe Tage im «The Israel Museum» im Programm ein. Der erste Tag, an dem wir das Museum besuchten, war kein gewöhnlicher Öffnungstag, denn am 9. April 2019 waren 4,5 Millionen Israelis zur Parlamentswahl aufgerufen. Viele Institutionen und Geschäfte waren geschlossen, das Nationalmuseum blieb jedoch bis zum Mittag geöffnet. Es befindet sich direkt neben der Knesset, dem israelischen Parlament. So fuhren die Studierenden am Wahltag ins Regierungsviertel, um im Museum eine individuelle Tour zum Thema «Identität» zu erarbeiten. Diese Übung stellte sich als eine ideale Vorbereitung für die Führung mit Dr. Amitai Mendelsohn am folgenden Tag heraus, er ist Leitender Kurator des David Orgler Departments für Israelische Kunst.
Amitai Mendelsohn empfing uns am Eingang zur Dauerausstellung «Israeli Art». Die Wahlergebnisse, die Benjamin Netanjahu vorläufig wieder zum Präsidenten machten, waren nur kurz ein Thema, denn dann führte uns Amitai Mendelsohn unter dem Titel «Re-thinking the canon of Israel Art» auf äusserst eindrückliche Weise durch die von ihm kuratierte Dauerausstellung. Zunächst warf er mehrere Fragen auf: Was bedeutet israelische Identität? Was sind die Grenzen einer kulturellen Identität? Ist die israelische Identität eine rein jüdische Identität? «Sicher nicht!» fügte er zügig hinzu. Welche Geschichte kann mit einer Sammlung erzählt werden? Hat eine Kunstsammlung eine Auswirkung auf die Gegenwart? Welches Licht wirft israelische Kunst auf israelisches Leben? Im Einleitungstext zur Dauerausstellung werden seine Fragen aufgegriffen:
«Israeli art has always found itself pulled in two conflicting directions: the need to address what was happening outside and the desire to focus on the autonomous concerns of art itself, of material, method, and definition. Moreover, it has developed in a complex context of socio-political tension, war, and bloodshed, a context in which it is impossible to separate everyday individual life from a collective history that enfolds the dreams and traumas and memories and mythologies of both Jews and Palestinians.»
In identitätspolitischen Statements wird gelegentlich auf Ereignisse oder Personen verwiesen, die Jahrzehnte oder Jahrhunderte vor unserer Zeit lebten. Inwiefern diese zeitlichen Kontinuitäten oder Diskontinuitäten unsere heutigen Identitätsvorstellungen prägen, ist sehr umstritten, denn sie sind immer an Machtstrukturen, territoriale Ansprüche und Meinungshoheiten geknüpft. Im Atrium vor der Dauerausstellung steht auf einem grauen Sockel eine Skulptur aus rötlich-braunem Sandstein. Der Figur fehlen die Beine, dadurch gleicht sie eher einem archäologischen Fund; sie ist nackt, hat markante Gesichtszüge und ein männliches Geschlechtsteil. Auf der rechten Schulter sitzt ein Falke. Ist das eine Verbindung zu Ägypten? Oder ein Verweis auf eine alte heidnische Welt? Auf dem Rücken der Skulptur ist ein Bogen gespannt, der in das Rückgrat übergeht. Ein Krieger?
Amitai Mendelsohn klärte uns auf. Bei der Skulptur handelt es sich um «Nimrod». Sie wurde vom Bildhauer Itzhak Danziger im Jahr 1939 aus nubischem Sandstein gehauen. Die Figur Nimrod war ein mächtiger Krieger, der sowohl in der Bibel, als auch im Tanach und im Koran erwähnt wird. Der hebräische Name bedeutet ins Deutsche übersetzt «der Widerstreitende» oder «Rebell». Nach jüdischer Überlieferung war Nimrod der Gründer des assyrischen und babylonischen Reiches. Ausserdem gilt er als derjenige, der den Bau des Turms von Babel anregte. Keine andere Skulptur in der Sammlung des Museums hat so starke Reaktionen hervorgerufen und für viele gilt sie als das bedeutsamste Werk in der Geschichte Israelischer Kunst. Beispielsweise wurde die Skulptur in den 1940er-Jahren zum Symbol der jüdischen identitätspolitischen Bewegung «Canaanism». Diese wollte eine hebräische Nation aufbauen, losgelöst von der jüdischen Vergangenheit, welche auch die arabische Bevölkerung im Nahen Osten umfassen würde. Für sie verkörperte die Skulptur so etwas wie einen Prototyp einer einheimischen Persönlichkeit und war ein Vorbild für ihre «imaginierte Gemeinschaft» der «neuen Hebräer» auf der Suche nach einer eigenen Identität. In den 1990er-Jahren wurde Nimrod häufig als Repräsentant einer postzionistischen Haltung interpretiert. Im Mittelpunkt dieser Haltungen stand die Überzeugung, Israel müsse angesichts der vielseitigen kulturellen, konfessionellen und nationalen Realitäten ein Staat für alle seine Bürgerinnen und Bürger werden und seinen Anspruch, ein jüdischer Staat zu sein, aufgeben.
Mit diesen einführenden Worten betraten wir die Dauerausausstellung und bleiben vor einem grösseren Gemälde stehen. Amitai Mendelsohn sagte, dass dieses Bild von ehemaligen Kuratoren im Israel Museum lange nicht in Ausstellungen gezeigt wurde. Er hängte es in der Dauerausstellung ins Zentrum. Es ist ein Gemälde aus dem Jahr 1951 von Naftali Bezem und trägt den Titel «To the Aid of the Seamen». Es bezieht sich auf einen Streik der Seeleute, der 1951 ausbrach und heftige Debatten über Israels Kibbuzim und ihre Unterstützung des Streiks auslöste. Naftali Bezem war zu dieser Zeit einer der wichtigsten sozialrealistischen Maler in der Region um Haifa. Diese sozialrealistischen Künstler*innen engagierten sich für die Arbeiterklasse, sie zeigten Klassenkonflikte und die sozialen Verhältnisse in den Anfängen des Staates Israel auf. Das Gemälde brachte uns thematisch wieder zurück zu den Wahlergebnissen. Bei den Knessetwahlen stürzte die Israelische Arbeiterpartei «Awoda» auf 4,45 % ab und erzielte damit das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Amitai Mendelsohns Entscheidung, sozialrealistische Maler zu zeigen, kann als ein Weckruf an die Gesellschaft interpretiert werden, sich jenseits von kultureller und religiöser Zugehörigkeit und populistischen Wahlkampfthemen für soziale Gerechtigkeit zu engagieren, um eine ethischen Gemeinschaft zu bilden, die durch Beziehungen gegenseitiger Sorge geprägt ist.
Kann Kunstvermittlung etwas bewirken?
Tel Aviv Museum of Art, «The Art Road to Peace»
Nach vier intensiven Tagen in Jerusalem fuhren wir mit dem Zug ins knapp 45 Minuten entfernte Tel Aviv – sozusagen vom religiösen ins kosmopolitische Zentrum Israels. Über die Differenzen dieser beiden Städte und die in die Stadtlandschaft eingeschriebenen «kulturellen Identitäten» könnten mehrere Berichte verfasst werden. Dieser letzte Abschnitt bezieht sich auf die Vermittlungsarbeit im Tel Aviv Museum of Art und das Projekt «The Art Road to Peace». Das Tel Aviv Museum of Art ist ein städtisches Museum und gilt als eine der führenden Kunst- und Kulturinstitutionen Israels. Der im Jahr 2011 eingeweihte Erweiterungsbau verdoppelte die Ausstellungsfläche des Museums. Im Museum wurden wir herzlich von Galit Landau-Epstein und Raafat Hattab in Empfang genommen und in einen Konferenzraum geführt. Galit Landau-Epstein ist Assistenzkuratorin in der Abteilung «Contemporary Art». In ihrer Präsentation gab sie uns einen Überblick in die verschiedenen Ausstellungen der letzten Jahre zu zeitgenössischer Kunst. Die Sammlung der Abteilung umfasst internationale Werke von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.
Im Anschluss übernahm Raafat Hattab das Wort. Er ist Künstler und Kunstvermittler im Education Department und einer der wenigen Museumsangestellten, die sowohl Hebräisch als auch Arabisch sprechen. Raafat Hattab wuchs in Jaffa in einer muslimischen Familie auf, besuchte eine französische und eine jüdische Schule und schloss vor vier Jahren seinen Master in Fine Arts an der Bezalel Academy of Arts and Design ab. Er ist in besonderem Masse in das vermittlerische Projekt «The Art Road to Peace» involviert. Dieses organisiert Workshops für jüdische, muslimische und christliche Kinder und Jugendliche aus verschiedenen sozialen Schichten. Auf einer Folie, die er uns präsentierte, wird das Ziel des Projekts durch die Institution wie folgt beschrieben:
«The importance of cooperation between Arabs and Jews is clear, and we believe that bringing together members of these two communities, through art, will reduce stereotypes and prejudice. […] The Art Road to Peace is a specialized project focused on coexistence and making a change.»
Gegenstand der Vermittlung des «Art Road to Peace» Projekts ist die Kombination aus einer gemeinsamen Werkbetrachtung und dem spielerischen Ausprobieren von künstlerischen Praktiken. Ein Workshop dauert drei Stunden und findet einmalig statt; es begegnen sich dabei nicht nur die teilnehmenden Kinder, sondern auch ihre Eltern. Für manche Kinder kann dies die erste persönliche Begegnung mit einem Kind aus einer anderen Community bedeuten. Der Workshop ist mehrheitlich instruktiv, jedoch erhalten die Kinder nonverbale Instruktionen in Form von Piktogrammen und Comics. Nur wenn nötig, wird auf Hebräisch und Arabisch vermittelt; die Kinder sollen lernen, gemeinsam die Aufgabenstellung zu verstehen und umzusetzen.
Raafat wünscht sich langfristigere Projekte, durch die das Museum eine Community aufbaut, die sich aus arabischen und jüdischen Communities zusammensetzt, aber dazu bräuchte es mehr Personal. Und als Institution müsse man sich entscheiden: «more groups in a short time or fewer groups with more time”. Der Ansatz, der durch das Projekt «The Art Road to Peace» aufgezeigt wird, ist wichtig und weist auf das Potenzial vermittlerischer Tätigkeiten im Museum hin. Im Anschluss an die spannende Einführung ins Projekt erhielten wir von Raafat Hattab noch eine Führung durch die Sammlungsausstellung “Remotely Related. The Museum Presents Itself».
Was können wir uns dieser Studienreise lernen?
Nach einer White-City-Bauhaus-Tour, entlang geschwungener Balkone und weissen Eckhäusern, die wie Schiffe aussahen, endete das Programm der Studienreise in Tel Aviv. Am Abend trafen wir uns in einem trendigen veganen Restaurant in der Nähe des Dizengoff Square, um die Studienreise Revue passieren zu lassen. Jeder erzählte von seinen persönlichen Erfahrungen und welche Orte, Menschen oder Momente Eindrücke hinterliessen. Beispielsweise das Industrieviertel «Kiryat Hamelacha» südlich von Tel Aviv, hier haben sich in den letzten Jahren einige Offspaces, Künstlerstudios und Galerien angesiedelt. In den Gesprächen mit Künstler*innen und Kurator*innen vor Ort konnten viele Überschneidungspunkte mit der eigenen kuratorischen Praxis und Erfahrungen mit der freien Kunstszene in der Schweiz gezogen werden. Dort gab es auch eine unerwartete Begegnung mit dem Galeristen Zaki Rosenfeld, der uns spontan in die Sammlung seiner Galerie für zeitgenössische Kunst einlud und einen persönlichen Blick hinter die Kulissen ermöglichte. Lobend erwähnt wurde die Ausstellung «In Statu Quo – Structures of Negotiation» im TAMA, die mit ihren präzisen Ausstellungstexten über die komplexen und widersprüchlichen Entwicklungen von heiligen Stätten in Israel überzeugte und ein Architekturverständnis vermittelte, das Identitäten mitverhandelt. Die Ausstellungsinhalte waren eine hilfreiche Ergänzung zum Rundgang durch die Altstadt von Jerusalem ein paar Tage zuvor. Ein immer wiederkehrender Aspekt in den Rückmeldungen war der Einbezug der palästinensischen Perspektive in das Thema «kollektive Identitäten». In diesem Zusammenhang wurde der Besuch in der NGO Zochrot sehr geschätzt. Die NGO erarbeitet u.a. kritische Stadtvermittlungsprojekte und Lehrmittel für Schulen in Bezug auf den Israel-Palästina-Konflikt. Eine weitere wichtige Erfahrung war die mehrstündige Führung mit Edward van Voolen durch das «Museum of the Jewish People at Beit Hatfutsot», auf dem nördlichen Campus der Tel Aviv University. Das Museum zeigt vor allem das jüdische Leben in der Diaspora. Edward van Voolen hat wichtige Verbindungslinien und Unterschiede zwischen der israelisch-jüdischen Identität und den jüdischen Identitäten in der Welt gezogen.
Die Studienreise des Master Art Education Curatorial Studies nach Israel war eine wichtige Erfahrung. Die Analyse von Gedenkorten, Ausstellungen, künstlerischen Positionen hat den eigenen Blick auf dieses Berufsfeld geschärft und verdeutlich, dass die gesellschaftliche Rolle von Museen und Ausstellungen in einer konfliktbehafteten Welt von grosser Bedeutung ist. Der Begriff «kulturelle Identitäten» ist jedoch nicht eindeutig zu definieren und das Begriffspaar ist mit Schwierigkeiten verbunden. Für einige war es die erste Reise in dieses facettenreiche Land, jedoch ist davon auszugehen, dass weitere Reisen nach Israel folgen.
Die Ausstellung SITUATIONS/Closure wurde von Studierenden des Studiengangs MA Art Education Curatorial Studies unter der Leitung von Dr. Heiko Schmid in Zusammenarbeit mit dem kuratorischen Team des Fotomuseum Winterthur entwickelt. Gezeigt werden künstlerische Arbeiten von Samrat Banerjee, FRAUD, Simon Fujiwara, knowbotiq, Rhea Storr, Alba Zari und weiteren. Die Ausstellung läuft vom 24. Oktober 2020 bis zum 14. Februar 2021.
Das von dem Closure-Projektteam erarbeitete Ausstellungskonzept rückt zeitgenössische künstlerische Positionen in den Blick, die die Relevanz des Digitalen für das Fotografische in ihrer technologischen Komplexität adressieren und hierbei etwa Fragen des Postkolonialen oder der digitalen «Materialität» zeitgenössischer Bildlichkeit thematisieren. Für eine Ausstellung an einem Fotomuseum eher ungewöhnlich, wird hierbei die Wand als dominante Ausstellungsfläche in Frage gestellt und sich auf installative «Diskurs-Räume» fokussiert. Das Ausstellungsprojekt wird von Doris Gassert, research curator am Fotomuseum Winterthur und von Heiko Schmid betreut. Mit Katrin Bauer, Kim Bassen und Laura Schläpfer sind drei Studierende des Master Art Education Curatorial Studies in das Praxisprojekt involviert.
Pressemitteilung Fotomuseum Winterthur
Mit dem Cluster Closure geht SITUATIONS in die letzte Runde: Über fünf Jahre lang hat das Fotomuseum Winterthur mit seinem experimentellen Ausstellungsformat das vernetzte Bild in seinen technischen, kulturellen, sozialen und politischen Kontexten untersucht – und mithilfe künstlerischer, wissenschaftlicher und kuratorischer Strategien in 25 thematischen Clustern aufgearbeitet.
Unsere visuelle Kultur hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal verändert: Mit unglaublicher Geschwindigkeit hat das vernetzte Bild neue Bildformen und kulturelle Praktiken hervorgebracht – mit zuvor noch nie dagewesenen sozialen und politischen Auswirkungen. Memes und GIFs, Selfies und Instagram-Filter, Algorithmen und neuronale Netzwerke, Screenshots und Drohnenbilder, Netzfeminismus und Online-Aktivismus, Content Moderator_innen, Influencer_innen und Aufmerksamkeitsökonomien: Die bildbasierten Phänomene unserer Zeit haben die Fotografie und ihre Funktionen nicht nur verändert und erweitert, sondern auch in unserem Verständnis herausgefordert.
Mit SITUATIONS hat das Fotomuseum Winterthur über fünf Jahre lang die Techniken, Praktiken und Ästhetiken des Post-Fotografischen untersucht und die Auswirkungen aktuellster Bildphänomene zur Diskussion gestellt. Mit dem Cluster Closure geht das Format in dieser Form nun zu Ende – nicht aber die dezidierte Auseinandersetzung mit vernetzten digitalen Bildpraktiken. Mit diesem Schwerpunkt hat das Fotomuseum Winterthur zusammen mit wenigen anderen Fotografieinstitutionen international eine Vorreiterposition eingenommen, die es auch weiterhin verfolgen und ausbauen will: Einerseits soll der Schwerpunkt stärker in das Gesamtprogramm einfliessen, andererseits soll unter dem Namen [permanent beta] ein Labor an der Schnittstelle von Theorie und Praxis, von Forschung und Experiment entstehen.
Das letzte Cluster von SITUATIONS widmet sich dem Umstand, sich an einer Fragestellung oder einem Ereignis abzuarbeiten mit dem Wunsch, klare Antworten und damit einen Abschluss – eine closure – zu finden. Innerhalb dieses oft zum Scheitern verurteilten Prozesses nehmen fotografische Praktiken eine zentrale Rolle ein, indem sie eine Auseinandersetzung initiieren, einen Schlusspunkt setzen oder eine Endlosschlaufe in Gang setzen. Sei es in Form von rituellen Handlungen, von der Wiederaneignung und Neubesetzung von Räumen, Narrativen und Blickregimen, oder vom Abschluss, der sich als Kurzschluss entpuppt: Die präsentierten Arbeiten irritieren und fordern ideologische, kapitalistische und koloniale Systeme heraus – und damit letztlich auch die Fotografie als universale Ausdrucksform.
Ausgewählte Arbeiten
Alba Zari, «Occult», 2019
In ihrer fortlaufenden Arbeit Occult reflektiert die italienische Künstlerin Alba Zari die Propagandawerkzeuge der christlich-fundamentalistischen Sekte The Children of God (heute: The Family International), in die sie hineingeboren wurde. Zari kombiniert dabei öffentliche Archivbilder der Sekte, die ein Gefühl von Gemeinschaft, Ekstase und Zugehörigkeit vermitteln, mit propagandistischen Comics und Videos und privaten Familienfotos, die die Verherrlichung von Kindesmissbrauch und Zwangsprostitution aufdecken und ein über mehrere Generationen verwurzeltes Trauma erfahrbar werden lassen.
Samjeet Banerjee, «Anonimals», 2019
Am Beispiel der Stadt Zürich hinterfragt die Videoarbeit Anonimals des aus Indien stammenden und in Zürich lebenden Künstlers Samrat Banerjee koloniale Machtsymboliken im öffentlichen Raum, die oftmals durch Darstellungen von Tierwesen aus Kolonien gekennzeichnet sind. Die in Anonimals nachgezeichnete und über Fotografien zur Diskussion gestellte, bis heute im Schweizer Stadtraum versinnbildlichte «Überlegenheit» des (europäischen) Menschen ist, nach Banerjee, als Fundament der Ausgrenzung, Ausbeutung und Unterdrückung zu begreifen.
Dada-Spektakulationen
Hundert Jahre Dada – diesem Jubiläum widmeten sich die Festspiele Zürich vom 3. bis 26. Juni 2016 und mit ihnen sieben Studierende der ZHdK. Für das Vermittlungsprojekt «Dada-Spektakulationen» realisierten die Studierenden des Master of Arts in Art Education akustische Installationen auf Toiletten von ausgewählten Festspielorten und weiteren (halb-)öffentlichen WCs. Splittercollagen auf den WC-Spiegeln und subtile Veränderungen der Signaletik spannten visuell einen roten Faden zwischen den bespielten Orten. Die Installationen wollten für das interessierte Publikum unterschiedliche Facetten von Dada erfahrbar machen.
Ausgangslage, Grundidee und Konzept:
Hundert Jahre, nachdem die Dada-Bewegung in Zürich ihren Anfang nahm, begaben sich rund dreissig Zürcher Kulturinstitutionen im Rahmen der Festspiele Zürich auf die Spuren von Dada. Es entstand ein Kaleidoskop an Perspektiven auf Dada, wofür die Studierenden des Masters of Arts in Art Education der ZHdK ein Vermittlungsprojekt erarbeiteten. Die Kooperation verfolgte das Ziel, die Neugier des Publikums zu wecken, neue Blickwinkel zu eröffnen und Verknüpfungen zwischen den einzelnen Programmpunkten zu schaffen.
Hans Richters Spiegelmetapher diente als Epizentrum und zentraler Reflexionspunkt des Projekts. Die Studierenden suchten eine Form, um zwischen Dada heute und Dada damals, zwischen Sinn und Unsinn und zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit zu vermitteln. Analog zum Programm der Festspiele insgesamt sollte keine blosse Historienschau entstehen, sondern vielmehr dem Echo von Dada nachgespürt werden.
Die zahlreichen Manifeste und Eigendefinitionen der Dadaist_innen dienten als Ausgangspunkt für eine Audiocollage, die in spielerischer Weise mündliche Statements und Geräusch- und Rückwärtsaufnahmen mit Ausschnitten von Produktionen im Rahmen der Festspiele Zürich verband und dazu historisches sowie zeitgenössisches Material in einen Dialog treten liess. Neben den akustischen Bruchstücken spielte die Spiegelinstallation auf visueller Ebene mit der Splitterhaftigkeit von Dada und verband so die verschiedenen Veranstaltungsorte. Durch die Verfremdung der Spiegel mit Foliensplittern sollte sich die visuelle Reflexionsebene auf die akustische verlagern. Subtile Eingriffe in die Signaletik verwiesen auf die Installationen.
Auf der Website wurden alle Versatzstücke des Projekts zusammengeführt und über eine textliche Ebene kontextualisiert. Zudem diente sie der Offenlegung der Quellen, der Sammlung von Impressionen und wird zukünftig als digitales Archiv des Projekts «Dada-Spektakulationen» verwendet: http://dada-spektakulationen.zhdk.ch/
Pünktlich zum Saisonbeginn des Kunstgewerbemuseums Dresden startet das Praxisprojekt mit dem Museum und Studierenden von ausstellen & vermitteln. Im Dialog wird das Thema «Ornament» in drei Workshops erarbeitet. Gemeinsam wird diskutiert, entwickelt und probiert. Ziel ist nicht die vollständige Entwicklung einer neuen Dauerausstellung, sondern durch Diskussion und aktivem Verhandeln sollen unterschiedliche Ansätze formuliert werden. Neuigkeiten und Updates bei Facebook oder hier.
Workshop 1 «Das Museum meiner Träume», 27.–28. Juni 2015
Ende Juni hat der erste Workshop aus der Reihe «Fest oder Flüssig» im Kunstgewerbemuseum Dresden stattgefunden. Während zwei Tagen haben sich dreizehn motivierten Teilnehmer_innen intensiv mit Objekten aus der Museumsammlung auseinandergesetzt und bearbeiteten mit Hilfe des Museumsteams unterschiedliche Perspektiven auf die jeweiligen Exponate. Am Sonntag lag der Fokus auf der Frage: «Wie lässt sich ein Objekt ausstellen?» Nach einer kritischen und dialogischen Führung durch die Dauerausstellung haben die Teilnehmer_innen selber Displays getestet und vier spannenden Miniausstellungen eingerichtet, die beim zweiten Workshops weiterentwickeltet werden. Der Workshop wurde von Stefanie Frey, Katharina Kurz und Aline Suillot entwickelt und durchgeführt.
Workshop 2 «Ornamentgeschichten», 24.–25. Juli 2015
Ende Juli hat der zweite Workshop aus der Reihe «Fest oder Flüssig» im Kunstgewerbemuseum Dresden stattgefunden. Dieses Mal drehte sich der Workshop um eigene Objekte der Teilnehmer_innen und den damit verbundenen Ornamentgeschichten. Die 20 Teilnehmer_innen unterschiedlicher Herkunft liessen mit ihren Objekten einen interkulturellen, multiperspektivischen Dialog entstehen. Am ersten Tag stellten sich die Teilnehmer_innen in Gruppen gegenseitig ihre mitgebrachten Dinge vor und informierten über die jeweilige Bedeutung bzw. den kulturellen Kontext und erstellten Texte zu ihren Objekten. Am zweiten Tag wurden diese mit Objekten des Museums in Beziehung gebracht. Aus diesen neuen Vernetzungen entstanden spannende Miniausstellungen, die auch Bezug auf Installationen des ersten Workshops nahmen. Der Workshop wurde von Jessica Hornung und Lea Rudolph entwickelt und durchgeführt.
Workshop 3 «Sampling», 28.–30. August 2015
Ende August fand der letzte Workshop aus der Reihe «Fest oder Flüssig» im Schloss Pillnitz statt. Eine Klasse des Kreuzgymnasiums wurde vom Kunstgewerbemuseum eingeladen, an diesen spannenden und intensiven Tagen teilzunehmen. Als Voraufgabe hatten die 17 Schüler_innen im Stadtraum Dresden fotografiert und gesammelt. Diese Bilder wurden dann mit Fotos von Exponaten und architektonischen Elementen des Museums ergänzt. Beide Konvolute wurden am zweiten Tag mit Methoden des «Samplings» neu kombiniert. Die Ergebnisse wurden gemeinsam in einer kleinen Ausstellung installiert. Am Sonntag, bei sonnigem Wetter, hatten die Teilnehmer_innen der drei Workshops, im Rahmen eines wunderschönen Festes, die Gelegenheit, ihren Familien und Freunden zu zeigen, was sie mitgemacht hatten. Der Workshop wurde von Stefanie Frey, Katharina Kurz, Lea Rudolph und Aline Suillot konzipiert und durchgeführt.