Being a teacher is my greatest work of art / Art teachers are boring artists
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Datierung
2015
Beschreibung
«Vielleicht können die neusten kuratorischen Diskussionen, die damit begonnen haben, die Produktivität von Wissen hervorzuheben, von den ruhigen, mühsamen, ‹unpresentable processes› der Kunsterziehung lernen.»
-Nora Sternfeld, Unglamorous Tasks: What Can Education Learn From Its Political Traditions?
Während das Selbstverständnis von Kunstvermittler_innen sich unter anderem mit dem wandelnden Kunstverständnis verändert und abgleicht, bleiben institutionelle Strukturen oft hartnäckig und langfristig dieselben. Mit diesen Vorgaben einerseits und den „unpresentable processes“ von Kunsterziehung andererseits gilt es immer wieder umzugehen.
Dabei verändern sich nicht nur die Kunstverständnisse und die Lehrer_innen, auch die Formen des Unterrichtens, die Bedingungen und Formate, in welchen eine künstlerische Bildung gedacht und praktiziert wird, nehmen andere Konturen an. So ist mitunter die künstlerische Praxis eine edukatorische, das Vermittlungsfeld die Galerie, die Methode kollaborativ, das Endprodukt unvorhersehbar und vielleicht auch unsag- und unzeigbar.
Art Education weitet sich somit aus als Praxis, welche vom BG-Unterricht bis zur selbstorganisierten Lecture-Reihe, von der Gründung eines Kulturvereins bis hin zur kollaborativen Produktion gedacht und umgesetzt wird. Die damit einhergehenden Verschiebungen der Rollenverständnisse von Künstler_innen und Lehrer_innen ist dabei nur eines der Themen, welches uns umtreibt.
Wie verhält sich das „Eigene“ zum „Kollektiven“? Wie wird zusammengearbeitet, im Schulzimmer, als Künstler_innenkollektiv, und als Künstler_innenkollektiv im Schulzimmer? Wie geht man mit dem Unspektakulären, Kompromissvollen um, welches edukatorische Prozesse begleitet?
Diese Grenzbereiche zwischen Kunst und Education sind Teil der Erkundungen und Erforschungen der hier gezeigten Arbeiten.
Wie beeinflussen uns sensorische und räumliche Begebenheiten in unserem Lehr-und Lernverhalten? Wie wird gelehrt und gelernt an der ZHdK und anderswo? Wie lassen sich solche Formen umdenken, umstellen und wie können wir über sprachliche, räumliche, performative, materielle und immaterielle Interventionen die Bedingungen von education im weitesten Sinne verändern? Dies sind Fragen, welche in kritischen und radikalen pädagogischen Ansätzen diskutiert werden und seit geraumer Zeit im künstlerischen Feld (wieder) Einzug halten. Seien es temporäre Schulen, Seminare, Lecture-Reihen oder freie Universitäten; die Frage nach Bildungs- und Vermittlungsformen, welche klassische institutionelle Formate überschreiten und überdenken ist gerade in Zeiten der forschreitenden Ökonomisierung von Bildung virulent. Mittels verschiedener Herangehensweisen wurden diese Themen im Seminar other classrooms forschend-experimentell untersucht.
Das Seminar «other classrooms» fand an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) im Programm Master of Arts in Art Education statt. Der Kurs fand ausserhalb des Schulgebäudes in einem kleinen Atelier mit der Bezeichnung ENKLAVE statt. Es war wichtig, ausserhalb der Schule zu sein, denn eines der Ziele des Seminars war ja, Gebäudestrukturen von Art Education und deren Auswirkungen auf pädagogische Ansätze und künstlerische Arbeit zu untersuchen. Ein weiteres Vorhaben war das kollektive Lesen von Grundsatztexten über kritische und radikale pädagogische Ansätze und den «educational turn», die «edukatorische Wende». Zu diesem Zweck wurde das Schriftstück «other classrooms» zusammengestellt (zum Herunterladen: https://otherclassrooms.files.wordpress.com/2015/1…). Während des Seminars stellten Gäste aus den Bereichen Kunsterziehung, künstlerische Forschung und kollektive Praxis ihre Arbeit vor, führten uns durch Schulgebäude oder diskutierten mit uns. Eine weitere Forschungsplattform ist der Blog https://otherclassrooms.wordpress.com, der Informationen über radikale pädagogische Ansätze, Künstlerschulen, freie Universitäten und Ausbildungskollektive erfasst. Sicher, nur schon das Setting des Seminars warf eine wichtige Frage auf: Da stand ein grosser Holztisch mit «Werkzeugen» für die Auseinandersetzung mit dem Material und wurde zu einem Beleg: die Langeweile, das Ringen um einen Konsens, die kleinen Textfragmente und Zitate: Dies alles nahm die Form einer Vision kollektiver Entscheidungsfindung an. Diese Interaktionen und das Eintauchen in Diskurse hatten den Zweck, uns für die Teilnahme am Symposium PLEASE WORRY! im Migros-Museum vorzubereiten. Zuerst hatten wir die Absicht, das Setting des Symposiums zu ändern. Denn wir erwarteten, dass es klassisch sein würde wie alle anderen Symposien, die wir zuvor besucht hatten. Doch nachdem wir einen Blick auf die Situation im Migros-Museum geworfen hatten, erkannten wir, dass das Setting in der Ausstellung bereits mit Informationen überladen war. Es war voraussehbar, dass es schwierig sein würde, 100 Leute unterzubringen. Deshalb beschlossen wir, uns nicht während des Symposiums einzubringen. Wir suchten nach einer anderen Art, aktiv zu werden, und kamen zum Schluss, dass wir am Freitagabend das Essen für alle Teilnehmenden organisieren würden. Wir fanden die Vorstellung eines Abendessens als eine kollektive Erfahrung und die Möglichkeit einer ersten Interaktion für die Leute, die für die Veranstaltung zusammenkamen, sinnvoll. Wir lasen oder hörten während des Seminars oft von der Wirkung, die Zusammenkünfte wie gemeinsame Mahlzeiten und gemeinsame Arbeitssituationen auf die Entwicklung experimenteller Ansätze in der Bildung und den Künsten haben können. Ein Beispiel dafür ist eine Aussage von John Cage über die Bedeutung des Speisesaals am Black Mountain College: «Was meiner Meinung nach in Black Mountain so wichtig war, war die Tatsache, dass wir die Mahlzeiten gemeinsam zu uns nahmen. Ich unterrichtete zum Beispiel Komposition, doch niemand studierte bei mir. Ich hatte keine Studierenden. Aber ich sass dreimal am Tag an einem Tisch und da fanden Gespräche statt. Diese Mahlzeiten waren die Kurse. Und es entstanden Ideen. «Wir wählten den Satz «Diese Mahlzeiten waren die Kurse» als Titel für unser Abendessen am Workshop im Migros-Museum. Jede anwesende Person musste verschiedene Stationen durchlaufen, um am Schluss eine köstliche Piadina essen zu können. Am Eingang zum Workshop erhielten alle eine Schürze und eine Portion Teig und mussten den Produktionskreislauf abschliessen. Dieses Setting ermöglichte Gespräche und wies allen denselben Grad an Verantwortung zu. Das war unser grösstes Anliegen: Wie schaffen wir eine Situation mit so wenig Hierarchie wie möglich?
Am Samstagvormittag stellten wir unser Seminar am Symposium vor. Entsprechend unserem Vorgehen wollten wir nicht, dass eine Person vor dem Publikum sitzen und über das Seminar und das Abendessen reden würde. Deshalb verfassten wir ein Script, das von den Mitgliedern der Gruppe vorgelesen wurde, während sie mitten im Publikum standen. Das Script hielt fest, dass unser Abendessen ein wichtiger Teil des Symposiums war, weil alle Dozierenden das von uns zubereitete Essen zu sich nahmen und so auf einer «immanenten» Ebene durch die Lebensmittelteilchen und die Erfahrungen vom Vorabend verändert wurden. Während aus dem Script vorgelesen wurde, wurde ein Film vorgeführt, auf dem der Piadina-Teig zu sehen war und immer kleiner wurde, weil Hände ein Stück nach dem andern davon entfernten. Diese mit einem Augenzwinkern gemachte Erklärung, wie Theorie und Praxis unterschiedlich verstanden werden können, war unser letzter Beitrag an das Symposium.
Ein Projekt für Amnesty International
Seit Edward Snowden aufgedeckt hat, in welchem Umfang die NSA international Bürgerinnen und Bürger ausspioniert hat, steht der Schutz der Privatsphäre neu zur Debatte. Uns ist oft nicht bewusst, dass all unsere Daten in grossem Stil gesammelt werden. Und für die Erleichterung von Kommunikation, Navigation und Konsumtion geben wir leichtfertig unsere Vorlieben, unsere Routen und Aufenthaltsorte preis. Wir denken: «Ich habe ja nicht zu verbergen!».Dabei ist das Recht auf Privatsphäre ein wichtiges Menschenrecht, Amnesty International setzt sich für dieses Recht ein. Aber was heisst Privatsphäre heute überhaupt, wie definiert sie sich im digitalen Zeitalter? Ist die Krankenakte privat? Oder das Schlafzimmer? Die Telefonnummern der Freunde? Wo liegen die Gefahren, wenn Privates nicht geschützt wird? Was haben Privatsphäre, Öffentlichkeit und Freiheit miteinander zu tun? Wie hängen analoge und digitale Aspekte zusammen?Diesen Fragen gingen wir mit Amnesty International nach. Es wurden Kampagnen konzipiert, die auf anschauliche Weise verdeutlichen, dass die Privatsphäre ein Wert ist, den es zu verteidigen gilt. Sie sind hier vollständig veröffentlicht.
Die in diesem Modul von Studierenden des ersten Semesters entwickelten Arbeiten basieren auf einem interdisziplinären Verständnis von Trendforschung als Lehre von den Veränderungen unserer Kultur – mit dem Schwerpunkt Alltagskultur. Die entworfenen Produkte, Phänomene und Thesen entspringen der kritischen Beschäftigung mit der binären Codierung cool/uncool und sind als mögliche Antwort auf die Frage zu verstehen, wie sich in kleinen, scheinbar profanen, alltäglichen Dingen große gesellschaftliche Zusammenhänge spiegeln.
lm Rahmen eines eintägigen Sonderprogramms hat Carla Isler an der Kantonsschule Stadelhofen mit 20 Schülerinnen und zwei zusätzlichen Lehrpersonen lllustrationen zu Textausschnitten von Judith Butler, Susan Arndt und Stuart Hall erstellt. Daraus entstand ihre Masterarbeit Aktionsforschung; Illustrationen zu Machttheorien von Jugendlichen für Jugendliche. Das Interesse der Aktionsforschung lag dabei in der Frage: Was passiert, wenn Jugendliche für Jugendliche lllustrationen zu Machttheorien entwickeln? Diese Frage hat Carla Isler in ihrer Analyse auf drei Ebenen untersucht. Zuerst wurden die Dynamiken, welche durch die Auseinandersetzung und die Gestaltung der lllustrationen frei gesetzt wurden, untersucht, anschliessend das im Unterricht entstandene Material auf den Umgang mit Reproduktionen, Verschiebungen und Verlagerungen von Machtverhältnissen analysiert und am Schluss die illustrierten Textinhalte mit den Ausgangstexten verglichen.
Das Ausmass meines Vorhabens, die gymnasiale Wissensvermittlung zu aktualisieren und dafür Machttheorien zu thematisieren, wurde mir im Laufe meiner Arbeit erst so richtig bewusst: Die Durchführung und die Ergebnisse meiner Aktionsforschung haben gezeigt, dass die Verlagerung der Auseinandersetzung mit Machttheorien direkt im bildnerisch-gestalterischen Unterricht fruchtbar sein kann. Die eigenen, sowie die Handlungsmöglichkeiten von Jugendlichen mit Jugendlichen in anhaltenden Ungleichheitsverhältnissen zu erproben, war ein einflussreicher Bestandteil dieser Forschung. Das Erarbeiten der lllustrationen hat sich als geeignete Methode bewiesen, (eigene) hegemoniale Konstruktionen zu benennen. Das bedeutet, dass problematische Konstruktionen durch das lllustrieren nicht nur aus Distanz kritisiert wurden, sondern durch die gestalterische Umsetzung ermöglicht wurde, potenzielle Verschiebung auszuhandeln und mitzuformen. Ebenfalls wurde durch das eigene Erstellen die ,Gemachtheit' von Wissen näher gebracht. Die Auseinandersetzung mit den Jugendlichen hat gezeigt, dass eine Offenheit und Bereitschaft sich gemeinsam fit zu machen, um in den bestehenden Machtverhältnissen zu agierenagieren, die Rolle von Schüler_innen, aber auch von Lehrpersonen neu befragt.
Zukunfts- und Trendinstitute sprechen von einem Wandel im Umgang mit Tod. Unter dem Begriff «New Death» wird ein Richtungswechsel prognostiziert: «Death is changing. Both the way we see it and the way we handle it are being challenged.» (the futurelaboratory) Vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert war der Tod stets etwas Soziales und Öffentliches. Erst im Laufe des 20. Jahrhunderts hat er seine Selbstverständlichkeit verloren. Dies gilt vor allem für unsere industrialisierte und technisierte Gesellschaft, die den Tod zunehmend als etwas Negatives und Schmutziges betrachtet. Hauptgründe für das negative Verständnis von Tod im 20. und 21. Jahrhundert sind die fortschreitenden Urbanisierungsprozesse, die die infrastrukturelle Auslagerung des Todes mit sich brachten, sowie die rasante Beschleunigung unseres Alltagslebens. «Die Gesellschaft legt keine Pause mehr ein. Das Verschwinden eines einzelnen unterbricht nicht mehr ihren kontinuierlichen Gang. Das Leben der Grossstadt wirkt so, als ob niemand mehr stürbe.» (P.Ariès). Als Beispiele seien das zeitlich stark reduzierte Tragen von Trauerkleidung und das vermeintliche Verschwinden der Leichenwagen aus unserem Alltagswelt genannt. Früher trug man ein Jahr lang Trauerkleider und Angehörige, Nachbarn und Freunde feierten mit den Sterbenden den Tod, heute nimmt man diskret und pikiert an einem Leichenschmaus teil. Das Modul «Todsicher - Styling für das Lebensende» möchte dem Sterben und dem Tod mehr Sichtbarkeit verleihen und Fiktionen zum Tod mit Hilfe von Stylings, Ausstattungen und Szenografien visualisieren. Es sollen Fotostrecken entstehen, die zum Denken anregen und spielerisch und spekulativ dem Tod durch Design mehr Attraktivität verleihen. Schließlich geben wir in der letzten Lebensphase weder unsere Individualität noch unseren Style an Medizin, Pflege und Angehörige ab.
Das Künstlerduo Indergand&Rauber gründete im Rahmen eines dreimonatigen Atelier-in-Residence Aufenthalts in Thalwil (ZH) einen Verein, welcher sich zum Ziel setzte, die Thalwiler Kulturproduktion zu erforschen und diese mittels künstlerischer Aktionen und Workshops zu thematisieren. Art in Thalwil! verband eine konzeptuell-künstlerische Herangehensweise mit partizipativen Strategien. Das Projekt wurde auf www.artinthalwil.com online dokumentiert und inszeniert.
Ziel der vorliegenden Masterthesis ist die Befragung der Produktion und Reflexion der projektinhärenten Machtverhältnisse, die im Verlauf eine immer dominantere Rolle einnahmen, jedoch während der Durchführung aus zeitlichen Gründen nicht genügend reflektiert und thematisiert wurden. Die Thesis bezieht Theorien von Claire Bishop, Ulrich Bröckling, Michel Foucault und Bernadette Loacker auf konkrete Machtsituationen innerhalb des Projekts und führt damit eine erweiterte Analyse von Art in Thalwil! durch.
Nebst der direkten Form der Partizipation, die sich jeweils unmittelbar zu erkennen gibt, wurde in der Analyse eine zweite, durch gouvernementale Prozesse geprägte, indirekte Form der Partizipation etabliert: Durch das grosse Engagement des neu gegründeten Vereins Art in Thalwil! wurde auch nicht direkt am Projekt Beteiligten ThalwilerInnen ihr eigener Umgang mit Engagement gespiegelt. Sie begannen dadurch, gouvernementale Formen der Macht auf sich selbst anzuwenden. Diese Situation - sie war nur teilweise von Indergand&Rauber intendiert- löste ihrerseits eine spezifische Form gegenseitiger Beobachtung aus, für die Foucault den Begriff des Panoptismus prägte: Der Unterschied zwischen effektiver und selbst imaginierter Beobachtung war nicht mehr auszumachen, was grosse Unsicherheiten auf beiden Seiten auslöste, zu Spannungen führte und unabschliessbare Machtverhältnisse zeitigte.
Unternehmerische Strukturen und inszenierte Machtrelationen
Die Gründung eines Vereins ermöglichte Indergand&Rauber auf ganz grundsätzlicher Ebene ein Arbeiten vor Ort - durch die Anlehnung an unternehmerische Strukturen führte sie beispielsweise vor Ort zu einem Legitimations- und Machtgewinn - sie stellte das Projekt im gleichen Zuge aber auch stets auf die Probe, da sie zu panoptischen Formen gegenseitiger Beobachtung führte. Eine Möglichkeit, mit diesen Strukturen spielerisch umzugehen, fanden Indergand&Rauber in der fotografischen Inszenierung des Projekts, welcher in der Thesis eine selbstschützende Funktion attestiert wird: Art in Thalwil! inszenierte sowohl seine Repräsentanz als lokaler Verein, als auch die Partizipation selbst auf eine ironische Art und Weise. Durch die Aufforderung, Gesten der Partizipation zu wiederholen oder gezielt einzunehmen, wurde das Mitmachen selbst inszeniert und eine legitimierende Macht etabliert.
Die Analyse von Art in Thalwil! als eine Form der Aktionsforschung, bei welche der Autor gleichzeitig die Rolle des Künstlers, des Vereinsvorstands und des Forschenden einnahm, ermöglichte, die inhärenten Machtverhältnisse des Projekts mit einem vertieften theoretischen Blick als massgeblichen Teil des Projekts zu verstehen und auf eine produktive Art und Weise zu thematisieren.
Das Modul stellt das Herausarbeiten der eigenen Gestaltungspersönlichkeit und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität ins Zentrum. Persönliche Geschmacksvorlieben, gesellschaftliche und sozialpolitische Stellungnahmen, sowie das eigene kulturelle Kapital können radikal herausgeschält und in Produkten anfassbar werden.
«Alles ist möglich - nichts geht» ist das Motto dieser Lehrveranstaltung. Einerseits soll sichtbar werden, welche Höhen und Tiefen ein Gestaltungsprozess in sich bergen kann und welche Irr- und Umwege ein Gestaltungsprozess benötigt, um zufriedenstellende Resultate hervorzubringen. Andererseits wird ebenfalls vermittelt, wie unumgänglich Kompromisse, aber auch Kompromisslosigkeit ist.
«Try and Error», «Kill your Darling», «Courage to fail», «Get down and dirty» sollten die Leitsätze sein. Hauptsache das Resultat, das Produkt oder die Kleinserie, überzeugt und steht marktreif und selbstbewusst für sich.
Die besondere Herausforderung liegt darin, dass die Studierenden ihre Produkte in die Geschäfte bringen müssen.
Ausgangspunkt der Masterarbeit von Alina Mathiuet ist das Potential von sogenannten Übersprungshandlungen. Sie treten unbewusst auf, sind individuell und nicht gesellschaftlich normiert. Sie untersucht das Phänomen Übersprungbewegung aus verschiedenen gestalterischen und theoretischen Perspektiven.
Mit Objekten soll die tragende Person auf die unbewusste Handlung des eigenen Körpers aufmerksam gemacht und sensibilisiert werden. Anhand prototypischer Schmuckstücke wird untersucht, inwiefern unterschiedliche Materialien und Formgebungen sich auf die Person auswirken und die haptische Empfindung in der Mensch-Objekt-Beziehung betrachtet.
Mein Blick gleitet durch einen Raum. Ein Sitznachbar folgt konzentriert der laufenden Diskussion. Er ist mit einem grauen Kugelschreiber ausgerüstet, allerdings ist er nicht besonders angeregt am Notieren, stattdessen bohrt er sich mit dem Stift eine Art imaginäres Loch in die Wange. Alle paar Umdrehungen des Stifts schliesst er sein Gebiss, drückt den Kugelschreiber dagegen und lässt mit einem Klickgeräusch die Mine hinein und hinaus fahren. Zwei Reihen weiter vorne nestelt sich eine Zuschauerin eine Haarsträhne aus dem Zopf, dreht diese um den rechten Zeigefinger, um sich dann mit dem eingewickelten Finger mehrmals über das Ohr zu fahren. Dann ist die Nächste mit ihrer Präsentation an der Reihe. Sie steht auf, geht nach Vorne und fährt sich von einem schniefenden Geräusch begleitet mit der linken Hand über die Nasenspitze, bis diese dem Druck der Reibung nachgibt, über den Nasenrücken gedrückt hochgezogen wird und wieder zurück an ihren Platz rückt. Diese Bewegung habe ich bei ihr öfters beobachtet. Zum Beispiel während hitzigen Diskussionen oder kurz vor dem Aufschlag des Gegners während einem Volleyball-Spiel. Es ist eine Berührung der Hand eines anderen Körperteils oder Kleidungsstückes, welche scheinbar nicht in die Situation passt und wird in der Literatur als Übersprungbewegung bezeichnet.
Ich selbst wurde von meiner Praxismentorin auf einige meiner eigenen unbewussten Handlungen aufmerksam gemacht. Dazu gehören: "die Hose an zwei Gurtschlaufen mit den Zeigefingern energisch nach oben zu ziehen" und "mit der rechten Hand über die linke Augenbraue fahren und die Stirnfransen zurück wischen". Nach der Rückmeldung versuchte ich mich auf die Bewegungen zu konzentrieren. Ich bemerkte die Handlung jedoch immer erst während der Ausführung. Es interessiert mich, dass diese Bewegungen unbewusst auftreten, individuell und nicht gesellschaftlich normiert sind.
In dieser Arbeit beschreibe ich dreidimensionale Objekte, die ich auf Grund dieser Beobachtungen entwickelt habe. Diese werden an der jeweiligen Körperstelle getragen, an der die spezifische Übersprungbewegung stattfindet. Durch das Objekt will ich die tragende Person auf die unbewusste Handlung des eigenen Körpers aufmerksam machen und sensibilisieren. Anhand der entstandenen Objekte untersuche ich, inwiefern unterschiedliche Materialien und Formgebungen sich auf die Person auswirken, wie sich die Funktionsweisen: Schmuck, Korrektur, Überzeichnung und Aufzeichnung auf die Übersprungbewegung übertragen und wie diese Entscheidungen bezüglich Form und Material auf meine Designpraxis zurückwirken. Der erste Teil eröffnet das Untersuchungsfeld mit den beschreibenden Beobachtungen meiner Modelle, die parallel oder im Vorfeld zur schriftlichen Arbeit entstanden sind. Durch die Untersuchungen stosse ich auf die Haptik als Bindeglied zwischen Objekt und Mensch. Auf diese Form der Empfindung wird im zweiten Teil der Arbeit, losgelöst von der Übersprungbewegung eingegangen. Ich beginne mit der Unterscheidung von taktil und haptisch, um dann die haitische Empfindung in der Mensch-Objekt-Beziehung zu betrachten. Zwei Beispiele aus der Designpraxis zeigen abschliessend auf, wie Haptik Körperempfinden vermitteln kann.
Die Schweizerische Vereinigung für Zukunftsforschung besteht seit rund 50 Jahren und hat ungefähr 700 Mitglieder aus ganz Akademia, die sich für die zukunftsrelevanten Fragen nicht nur ihrer jeweiligen Fachrichtung interessieren. Swissfuture ist Herausgeberin eines Bulletins, das vierteljährlich erscheint und an die Mitglieder versandt wird. Eine Nummer pro Jahr wird vom Studiengang realisiert, von der inhaltlichen Konzeption über das Schreiben der Texte und die Bildredaktion bis hin zum fertigen Layout. Die Swissfuture-Nummer des Jahres 2014 setzt sich mit dem Thema der Gastronomie auseinander.
Das Thema der Gastronomie ist nicht nur visuell und textlich sehr attraktiv, es ist auch auf eine interessante Art von gegenläufigen Entwicklungen geprägt: der Einfachheit und dem Qualitätsbewusstsein von nachhaltigen und bewussten Ernährungs- und Konsumformen (Stichwort: vegan) stehen exquisite und überinszenierte Ess-Events (Stichwort: Molekularküche, Fusion Food usw.) gegenüber, eine hedonistischen Konsum-Orientierung steht neben einer Nachhaltigkeits-orientierten ökologischen und politischen Haltung in Konsum- und Essenfragen.
Kann Kunst ein geeignetes Mittel/die geeignete Strategie sein um "politisch" zu agieren? Was ist Politische Kunst? Oder was kann darunter verstanden werden?
Auf welchen Ebenen und "Bühnen" und mit welchen Absichten und Strategien agiert Politische Kunst? Was kann Politische Kunst bewirken? Wie lässt sich ein Umgang finden mit den Schwierigkeiten und Ambivalenzen, welche mit Politischer Kunst einhergehen? Auf diese Fragen versucht die Masterthesis Politische Kunst: Eine Annäherung Antworten zu finden. Die Suche nach möglichen Antworten findet auf der kunsthistorischen Ebene statt, bei welcher auch Diskurse der Kunsttheorie und der Kunstkritik miteinbezogen werden. Anhand einer Kategorisierung finden Überlegungen zu Methoden und Absichten, sowie zu Wirkungsfeldern Politischer Kunst statt. Beispiele von Politischer Kunst ergänzen die Kategorisierung.
Die Ausgangslage für meine Masterthesis waren eigene Erfahrungen während eines künstlerischen Projekts in einem Asylbundeszentrum. Nach vielen Projekten mit Kindern, Familien und Jugendlichen, war dies für mich das erste Projekt mit einer "problematisierten" Bevölkerungsgruppe. Wir ProjektinitiantInnen waren uns den damit verbundenen Herausforderungen und Schwierigkeiten anfangs nicht bewusst, erst während der Durchführung erkannten wir die Komplexität der Anlage, nämlich die vorhandenen Machtstrukturen, die Rollenzuschreibungen und die eigenen Ambivalenzen gegenüber der Projektanlage. Die daraus resultierende Komplexität, die inhärenter Bestandteil einer künstlerischen Praxis ist, die sich nicht nur mit politisch, sozial und gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzt, sondern in gesellschaftliche Verhältnisse intervenieren möchte, wird in meiner Masterthesis anhand folgender Leitfragen untersucht:
Kann Kunst ein geeignetes Mittel/die geeigente Strategie sein um "politisch" zu agieren?
Was ist Politische Kunst? Oder was kann darunter verstanden werden?
Auf welchen Ebenen und "Bühnen" und mit welchen Absichten und Strategien agiert Politische Kunst?
Was kann Politische Kunst bewirken?
Wie lässt sich ein Umgang finden mit den Schwierigkeiten und Ambivalenzen, welche mit Politischer Kunst einhergehen?
Einerseits wird in der Kunstgeschichte fragmentarisch nach Antworten gesucht, wann welche Formen von Kunst als politisch galten und mit welchen Strategien vorgegangen wurde. Hierbei werden auch Diskurse der Kunsttheorie und der Kunstkritik miteinbezogen. Es folgen Überlegungen zur heutigen Positionierung von Politischer Kunst: Wie wird vorgegangen und wie wird darüber verhandelt? Anhand einer schematischen Darstellung verschiedener Ausprägungen von Politischer Kunst (auf der Rückseite abgedruckt) wird analysiert, welche Vorgehensweisen auf welche Weise wirken. Beispiele Politischer Kunst ergänzen diese Kategorisierung.
Die Teilnahme an verschiedenen Podiumsdiskussionen, Vorträgen und ähnlichen Veranstaltungen haben mir einen Austausch mit AkteurInnen aus dem Feld Politischer Kunst ermöglicht und meine Vermutung bestätigt, dass jede Form von Politischer Kunst spezifische Schwierigkeiten birgt und KünstlerInnen sich immer wieder von Neuem mit der Komplexität ihrer Betätigung auseinandersetzen müssen. Auch die Gespräche mit der Künstlerin Almut Rembges und dem Künstler Andreas Heusser (beide im Feld der Politischen Kunst aktiv) waren aufschlussreich in Bezug auf Herausforderungen und die jeweiligen Ambivalenzen die künstlerische Praktiken Politischer Kunst generieren.
Eine allgemeingültige Definition von Politischer Kunst kann nicht gegeben werden, da es auch keine allgemeingültigen Definitionen von "Kunst" und vom "Politischen" gibt. Für mich ist Kunst dann politisch, wenn damit explizit versucht wird, einen gesellschaftlichen Wandel anzuregen. Dafür gibt es unzählige Herangehensweisen und auch die Absichten der jeweiligen Akteure unterscheiden sich bisweilen sehr: Von subtileren Formen, die versuchen Wahrnehmungs- und Handlungsräume zu eröffnen bis hin zu provokativen Aktionen, die Antagonismen auslösen möchten. Alle Ausprägungen Politischen Kunst beinhalten Ambivalenzen, daher sollten Aktionen und Projekte jeweils im Einzelfall sorgfältig reflektiert und analysiert werden. Dies gelingt am besten wenn man sich in einem (interdisziplinären) Netzwerk bewegt und austauscht. Strategien können dann adaptiert und in andere Felder transformiert werden.
Über die Wirksamkeit Politischer Kunst wird viel diskutiert und sie wird sogar teilweise seitens derjenigen KünstlerInnen angezweifelt, die selbst in diesem Feld aktiv sind. Die grösste Ambivalenz liegt meiner Meinung nach hier: Häufig wird versucht politische Missstände zu kritisieren, sie als Teil grösserer gesellschaftlicher Zusammenhänge zu erkennen sowie deren Mechanismen offenzulegen und zu verändern. Statt jedoch das Beabsichtigte zu bewirken, werden häufig die kritisierten Zusammenhänge gefestigt, da aufgezeigte Schwachstellen punktuell beseitig und "Lücken" geschlossen werden können.. Die artikulierte Kritik trägt so indirekt dazu bei, dass Machtverhältnise stabilisiert werden anstatt sie zu destabilisieren.
Vielleicht liegt aber genau hier der Möglichkeitsraum Politischer Kunst: Bestehende politische, ökonomische oder gesellschaftliche Systeme werden durch künstlerische Interventionen zwar nicht von Grund auf umgewälzt und es wird auch keine Revolution ausgelöst. Doch durch das ständige Beobachten, Aufzeigen, Aushandeln, Informieren, Protestieren (und zwar nicht nur auf der Ebene der Kunst, aber eben auch!) besteht für die kritisierten Systeme die Notwendigkeit sich zu verändern, um nicht an Macht zu verlieren.
Das Gewerbemuseum Winterthur lud im Oktober 2014 gemeinsam mit der Studienvertiefung Style & Design, und dem Institut Mode-Design, HGK/FHNW Basel ein, die Ausstellung FASHION TALKS auf überraschende Art neu zu erleben. Obwohl Kleider im Alltag bewegt sind, müssen sie in Modeausstellungen immer im Stillstand und als starre Momentaufnahmen präsentiert werden.
Für einmal wurden nun diese Grenzen gesprengt und Mode geriet einen Abend lang in Bewegung. Denn Mode bewegt nicht nur sich selbst, sondern auch uns – dies ist das Motto der Veranstaltung PERSPECTIVES – PERFORMING FASHION. Zahlreiche Studierende aus Basel und Zürich verwandelten sämtliche Räumlichkeiten des Gewerbemuseums mit über zwanzig Interventionen, Performances, Installationen und Videos temporär zu einer rasanten, unkonventionellen Fashion Show, so dass die Besucherinnen und Besucher Mode auf ganz unterschiedlichen Ebenen erleben können. Die verschiedenen Projekte wurden gleichzeitig in einer Art Endlosschlaufe während des ganzen Abends in sämtlichen Ausstellungsräumen, in den Korridoren und im Eingangsfoyer präsentiert. So begannen dreidimensionale Stillleben zu atmen, Fashion dogs bellten durch die Korridore, Jeansobjekte bekamen Beine und Hosenreissverschlüsse gaben rhythmisch den Ton an.