Das Verhältnis zwischen Klang, Farbe und Raum steht im Zentrum des Forschungsprojekts «Sound Colour Space – A Virtual Museum». Das vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Institute for Computer Music and Sound Technology und dem Institut für Theorie. Das Thema im Spannungsfeld von Musiktheorie, Farbenlehre und Mathematik wird über eine Sammlung historischer Diagramme erschlossen. Diese Diagramme sind Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und werden zu Exponaten in einem virtuellen Museum. Das Projekt versteht sich als Beitrag zu einem interdisziplinären Forschungsgebiet und erforscht seine adäquaten Darstellungs- und Vermittlungsformen.
Die Abschlusskonferenz des Projekts lotete den Facettenreichtum der fächerübergreifenden Fragen um Ton, Farbe, Klangfarbe und Raum aus. Sie gab uns die Gelegenheit, unser Museumsprojekt und seine Umsetzung vorzustellen. Darüber hinaus kamen auch Aspekte zur Sprache, die nicht direkt Eingang in das virtuelle Museum gefunden haben.
Diese Komposition basiert auf der Dreiecksdarstellung der pythagoreischen Tetraktys durch zehn Punkte, welche den Tonhöhenbeziehungen im pythagoreischen Tonsystem zugrunde liegt. Um die mathematischen Interessen der Forschungsgruppe Sound Colour Space an klanglichen und farblichen Beziehungen in einer künstlerischen Performance zu vereinen, wurde die Verwendung gefärbten Lichts in die Komposition integriert.
Das Tetraktys-Modell dient als algorithmisches Kompositionsprinzip, wobei die drei Perspektiven auf das Dreieck nicht nur die Grundlage für Dauern, Tonhöhen und Farben bereitstellen, sondern auch direkt in die Konstruktion des produzierten Klangs einfliessen. Dieser ist aus elementaren Sinustönen, die in den Verhältnissen der Tetraktys stehen, konstruiert. Als tonale Basis wird ein pythagoreisch gestimmtes Tetrachord verwendet.
Um die Farben zu produzieren, wird ein RBGW (Red-Blue-Green-White) 'Wall-Washer' Lichtsystem verwendet, das von der gleichen Software angesteuert wird, die auch den Klang kontrolliert. Dadurch ist Synchronizität gewährleistet. Als Setzpunkte für Farben wurde die aristotelische Siebenfarbenskala (Weiss-Gelb-Rot-Violett-Grün-Blau-Schwarz) um Indigo, Orange und ein verdoppelndes Schwarz ergänzt. Um den automatischen Weissabgleich des Auge/Gehirn-Systems zu umgehen und damit die Intensität der Farbempfindungen zu maximieren, wird gleichzeitig eine Tetraktys aus zehn grauen Punkten vor einem weissen Hintergrund statisch auf eine Wand projiziert.
Die produzierten klanglichen Harmonien und Farben stehen sich in einer polyphonen Komposition gegenüber, in der beide Qualitäten unabhängig voneinander und in Kombination erfahrbar sind.
Die programmierten Tonhöhen-Diagramme des virtuellen Museums dienen bei dieser Performance als Steuerungsmodule für eine interaktive Klangerzeugung. Es wurden im Virtual Lab Diagramme programmiert, bei denen verschiedene Tonhöhensysteme dargestellt und in einem Webbrowser interaktiv hörbar gemacht werden können. Zusätzlich zur Vertonung mit Webaudio direkt im Browser sind die Diagramme in der Lage, Daten (OSC) an andere Musikprogramme und Anwendungen zu verschicken. Die Sonifizierung eines Diagramms aus dem Compendium Musicae von René Descartes (Hexachords, Amsterdam 1656) wurde dafür beispielhaft ausgewählt. Die Komposition entsteht im Kollektiv: Die Teilnehmer wählen sich mit ihren mobilen Devices in ein für die Performance eingerichtetes lokales Netzwerk ein und befolgen die Anweisungen auf der angewählten Website. Die Interaktionen der Teilnehmer mit dem Diagramm werden an einen zentralen Rechner übermittelt. Dort werden sie wiederum über das Wifi-Netzwerk an im Raum verteilte Minicomputer weitergeleitet und mit verschiedenen Patterns und Klangsynthesetechniken zum Erklingen gebracht. Der Klangraum des Hexachord-Systems nach Descartes wird so für den Zuhörer erlebbar.
Nach der geläufigen Auffassung wurden Logarithmen im ausgehenden 16. Jahrhundert entwickelt. In der Musiklehre pythagoreischer Prägung hingegen ist logarithmisches Denken Standard. Ausdruck und Grundlage dieses Denkens ist die terminologische Unterscheidung von Zahlenverhältnissen und Intervallen. So bezeichnet "Sesquialtera" das Zahlenverhältnis 3 : 2 und "Diapente" gibt das zugehörige Intervall der Quinte an.
Der Abstandsbegriff für Tonhöhen, der sich in den musikalischen Intervallen und der zugehörigen Sprache manifestiert, stellt ein logarithmisches Mass für Zahlenverhältnisse dar. Die Tatsache, dass wir gleiche Frequenzverhältnisse als identische Intervalle erkennen und transponierte Melodien wiedererkennen können, ist ein Beispiel für das Weber-Fechner-Gesetz der Psychophysik, das für verschiedene quantitative Wahrnehmungsvorgänge eine logarithmische Bewertung postuliert. In der Musiktheorie hat diese Erkenntnis schon früh zu einem intuitiven Umgang mit Logarithmen geführt. Der Beitrag geht den damit verbundenen Visualisierungen von Boethius bis Newton und Rameau nach.