"Inwiefern trägt der Umgang mit Zeitlichkeit im Probeprozess des Labors im Theater Hora zu diversitätsbewussten Räumen im Theater bei - und wie können Erkenntnisse daraus die theaterpädagogische Praxis beeinflussen?"
Menschen, die ein Leben lang auf eigenen Beinen standen, werden alt und sind plötzlich auf
Hilfe angewiesen, Menschen machen Unfälle, haben Burnouts, psychische Krisen,
Menschen sterben und wir trauern. Von den klaren binären Seiten wird ein fluider Fluss, in
dem Menschen die Richtung und die Ufer wechseln, ohne jeh in eine Richtung still zu
stehen. Aus Gesunden werden Kranke, aus Ärzt:innen – Patient:innen, aus able – disabled
people. Nichts scheint so sicher wie das Wechselbad des «able» oder «fähig» sein.
Natürlich macht es einen Unterschied, mit welchen Möglichkeiten und Dysfunktionen ein
Mensch geboren wird. Inwiefern wir uns entwickeln, wie wir uns sozial erwünscht verhalten
und wie wir auf die Möglichkeiten, die wir haben oder welche uns entfallen reagieren. Durch
meinen Beruf als Pflegerin, haben mich diese anderen Lebensrealitäten stets begleitet und
ich bin auch während des Studiums mit «Kreti u Pleti» in Kontakt gekommen. Dieser
erweiternde Blick, in andere Realitäten, hinter andere Türen dieser Stadt, hat mir sicherlich
gut getan. Einerseits, mir meinen eigenen Privilegien bewusst zu bleiben und dankbar zu
sein für die Möglichkeiten, welche ich habe und andererseits, durch die Erweiterung meines
sozialen wie künstlerischen Blicks auf Gesellschaft und Theater sowie der Austausch mit
Menschen, welche ich im Theater nicht als genügend repräsentiert und vertreten sehe.
Diese Blickwinkel versuche ich stets in die Strukturen meines künstlerischen Arbeitens
einfliessen zu lassen - Sind die Räume, Aufführungsorte etc. barrierefrei ; ist die Sprache auf
den Ausschreibungen zugänglich ; sind die Perspektiven, welche wir auf der Bühne
verhandeln im Team / Ensemble enthalten oder wurden diese in der Recherche und im
Prozess miteinbezogen?