Eine schriftliche Reflexion zur Resonanztheorie nach Hartmut Rosa und kollektiven Heilungschancen im Theater am Beispiel der Eigenproduktion Of Crying Stones
Eine schriftliche Reflexion zur Resonanztheorie nach Hartmut Rosa und kollektiven Heilungschancen im Theater am Beispiel der Eigenproduktion Of Crying Stones
In der auf wirtschaftliche Interessen ausgerichteten Gesellschaft, in der wir leben, spüre ich oft eine zwischenmenschliche Unruhe. Mir fällt auf, dass der vorherrschende individualistische Leistungsdruck die Menschen paralysiert und wenig Raum für Austausch über Ängste und Verletzlichkeit oder über Freuden und Wünsche lässt. Der Mensch entfernt sich von sich selbst, wodurch auch die Resonanz zu anderen und zur Umwelt abbricht. Hartmut Rosa beschreibt, dass die Beschleunigung und hohe Arbeitsmoral in der westlich-kapitalistischen Gesellschaft den Zustand der „Entfremdung“ und „Erstarrung“ hervorgebracht hat, die jegliches Resonanzgefüge verhindert und mit dem zusätzlich eine gewisse Selbstwirksamkeit verschwindet.(1) In seinem Buch Unverfügbarkeit schreibt er: „Wer sich selbst nicht spürt, kann sich die Welt nicht anverwandeln, und wem die Welt stumm und taub geworden ist, dem kommt auch das Selbstwertgefühl abhanden.“(2)
Die „Resonanzkatastrophe“, von der Hartmut Rosa spricht, ist mir über die Jahre immer präsenter geworden. Mich beunruhigt der Zustand, dass im Alltag wenig Raum für Verletzlichkeit, Nähe und aufmerksames Zuhören vorhanden ist. Dies kann früher oder später zu Burn-out oder anderen psychischen Problemen führen, was allerdings in unserer Gesellschaft als Tabu und Stigma behandelt wird. Aufgrund dessen hatte ich das große Bedürfnis, ein Theaterstück zu dem Thema zu entwickeln. Somit brachte ich im September 2021, gemeinsam mit einem siebenköpfigen Team, die Performance Of Crying Stones zur Aufführung. Die Inszenierung diente dem Versuch, einen offenen Raum für uns Performer*innen sowie für die Zuschauer*innen zu schaffen, in dem ein kollektives Nachdenken über Ängste, Verletzlichkeit und Unsicherheit stattfinden kann. Die Ausgangsthese dieser Arbeit bezieht sich darauf, dass wir mit der Produktion Of Crying Stones einen Raum etabliert haben, der aufzeigt, dass das Theater eine Wirksamkeit besitzt, die zu mehr Mitgefühl und dadurch zu mehr Sensibilität und Resonanzfähigkeit führen kann. Ich stelle mir damit die Frage, ob der Theaterraum als Resonanzraum dienen kann, um dem Wunsch nach mehr Verbindung, Gemeinschaft und kollektiver Heilung gerecht zu werden.