1.1 Einführung und Zielsetzungen dieser Arbeit
Ich hatte immer eine grosse Schwäche für Bücherkisten, wie sie vor Buchhandlungen oder Antiquariaten stehen: mit ausrangierten oder preislich reduzierten Büchern. Ein Grund für diese Vorliebe war auch, dass ich mir in meiner Jugendzeit ansonsten Bücher fast nicht hätte leisten können. Aber ein viel wesentlicher Aspekt war, dass ich nie wissen konnte, was ich darin finden würde. So bin ich unzählige Male auf Überraschendes und Neues gestossen. Für mich waren diese Funde immer mit dem Zufall verbunden, da ich nicht wissen konnte, was ich finden würde. Ich habe mir diese Vorliebe bis heute erhalten.
Im Leben und vielleicht noch viel konkreter, in den künstlerischen Prozessen der darstellenden Künste ist man immer wieder mit Zufällen oder zufälligen Begegnungen konfrontiert. Ereignisse, Wendungen und Einfälle, welche man in Vorfeld nicht hätte erwarten können. Sie geschehen und hinterlassen im Idealfall Spuren in der künstlerischen Arbeit. Dabei lassen sich diese Zufälle weder steuern noch bewusst erzwingen. Sie manifestieren sich und haben in ihrem Wesen etwas Leichtes und Flüchtiges, was ihre Anziehungskraft nur noch erhöht. Diese Faszination hat mich zu dieser vorliegenden Arbeit motiviert. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, mich nicht explizit auf das Feld des Theaters zu beschränken. Aber natürlich sollen und können die erarbeiteten Erkenntnisse auch immer für eine Theaterpraxis angewandt werden. Allgemein gesprochen bin ich erstaunt, dass wir dem Zufall nicht mehr Raum zugestehen. Wir handeln in Konzepten und vertrauen häufig auf unsere Gestaltungskraft, Intentionen und unseren handwerklichen und interpretatorischen Fähigkeiten. Lass wir ihm mehr Raum, diesem schwer fassbaren Ding Zufall.