Seit Beginn meines Masterstudiums hat mich die Frage nach der Wahrheit beziehungsweise Wahrhaftigkeit im Beruf des Schauspielers beschäftigt. Für mich beinhaltet das Darstellen von meist fiktiven Figuren immer eine Suche nach dem grossen Wahrheitskern in der zu erzählenden Geschichte und ebenso in den zu spielenden Rollen und Situationen. Welche Momente schaffen Möglichkeiten für eben diese Auseinandersetzung mit dem grossen Thema „Wahrheit im Spiel“ beziehungsweise was führt zu Authentizität im Spiel? „Wahrheit im Spiel“ bedeutet für mich, eine Figur ganz zu erkennen: Ihr Denken zu durchdringen, ihre tiefen Bedürfnisse zu sehen und im Verlauf der schauspielerischen Arbeit vor allem, diese zu spüren, um einen Menschen ganz zu zeigen, sprich authentisch darstellen zu können. Die Idee zu dieser Arbeit entspringt meiner persönlichen Erfahrung und Auseinandersetzung mit Karoline aus Ödön von Horváths Stück „Kasimir und Karoline“. Dass Horváth in seinem Text die Stille und die Pausen ausschreibt und klar definiert, war für mich neu. Durch diese Art des Umgangs mit der Stille habe ich gelernt, dass die Momente der Stille sehr viel mehr über die Haltung einer Figur erzählen und weniger, wie ich anfangs gedacht habe, den Handlungsablauf einer Szene lenken sollen. Die Stille als bestimmendes Element im Drama und gleichzeitig als Anknüpfungspunkt zu meiner Suche nach der Wahrheit in der Darstellung habe ich durch die Arbeit mit Horváths Text erfahren können.In dieser Arbeit werde ich der Frage nachgehen, wie der Schauspieler mit dem Element Stille in Horváths Texten umzugehen hat und wie er dieses für seine Arbeit, mit dem Ziel einer möglichst authentischen Darstellung, nutzen kann. Ich konzentriere mich in meiner Arbeit auf „Kasimir und Karoline“. Dies aus folgenden Gründen: In diesem Stück wird sehr viel mit der Stille gearbeitet, ich als Schauspielerin habe mit der Arbeit an diesem Text Erfahrung und kann diesen somit exemplarisch für meine Auseinandersetzung mit seiner Sprache gut verwenden.