Ob in Form eines Essays oder einer nüchternen Abhandlung, eines Fachtextes oder eines historischen Berichtes, die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, meiner Annahme, es gäbe gewisse Parallelen zwischen den Institutionen Kirche und Theater, mithilfe von Fachliteratur nachzugehen. Vielleicht ist diese meine Kernthese zu verwerfen und wird das Fazit zu dem Schluss kommen, dass diesem Thema in einer vierzigseitigen Arbeit nicht Genüge getan werden kann. Es besteht aber die Möglichkeit, schlussendlich nicht nur Überschneidungen zwischen dem Kirchlichen und dem Theatralen aufzeigen, sondern auch eine Antwort auf die im Vorwort formulierte Fragestellung finden zu können.
Diese Fragestellung – nämlich ob das Theater auf eine bestimmte Weise von der Kirche und umgekehrt die Kirche vom Theater lernen kann – soll in Folge immer mitgedacht werden, die einzelnen Kapitel aber nicht gleich vereinnahmen. Erst wenn man sich mit den Besonderheiten der einzelnen Kategorien vertraut gemacht hat, wird es möglich sein, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die beiden Institutionen von ihrem Spannungsverhältnis profitieren können.
In einem ersten Schritt ist es wichtig, den Untersuchungsgegenstand klar zu benennen: Was versteht die Arbeit unter den Begriffen Theater und Kirche, Drama und Gottesdienst? Geht es nur um die beiden Institutionen und deren Machenschaften oder sind auch theatrale und liturgische Prozesse gemeint? Anschließend wird die Beziehungsgeschichte des Theaters und der Kirche dargestellt, was zur Erhellung blinder Flecke beitragen soll, von der beide Institutionen im Idealfall profitieren können. Ein Fokus soll hierbei außerdem auf die Architekturgeschichte der beiden Einrichtungen gelegt werden. Von Bedeutung wird in diesem Kapitel die Frage sein, ob der moderne Kirchenbau wegweisend für den Bau von Theaterhäusern werden kann bzw. ob nicht umgekehrt sogar das antike Theater Vorbild für zum Beispiel den Bau der Auferstehungskirche in Essen oder den Entwurf der Sternkirche von Otto Bartning gewesen sein könnte. Der zweite Abschnitt der Arbeit wird es sich zur Aufgabe machen, den Umgang der beiden Instanzen mit Begriffen wie Verwandlung, Katharsis, Inszenierung oder Abwesenheit zu zeigen, und hofft, neben gewiss sehr vielen unterschiedlichen Zugängen zu denselben Thematiken auch ein paar wenige Parallelen aufzeigen zu können. Bevor schließlich in einem Fazit versucht wird, auf die eingangs formulierte Fragestellung Bezug zu nehmen, sollen in einem dritten Abschnitt Inszenierungen und Performances erwähnt werden, in denen sich Theater und Kirche begegnen. Aus historischer Höflichkeit wird hier neben Romeo Castellucci und Lot Vekemans der Nürnberger Meistersinger Hans Sachs eine Rolle spielen, der bereits im sechszehnten Jahrhundert den Kirchenraum mit Podium und Vorhang versieht und dem theatralen Spiel aussetzt.