Ich kam müde in London an. Ich hatte mein Fahrrad in einem großen Karton und meinen Reiserucksack, in dem ich über Nacht alle Sachen reingeworfen habe, die ich für einen 5 Monate langen Auslandsaufenthalt für wichtig gehalten hatte. Am Vorabend hatte ich Dernière erlebt von meinem selbstgeschriebenen und inszenierten 60-minütigen Kindertheaterstück mit einem 9-köpfigen Ensemble, in dem ich zusätzlich die Hauptrolle übernahm. Ich hatte noch kein Zimmer und schlief die ersten zwei Nächte bei einem Bekannten auf der Couch. Zwei Jahre Schauspielstudium lagen hinter mir, in dem ich unglaublich viel gelernt hatte, in dem ich aber auch an meine persönlichen Grenzen gekommen war. In dieser Zeit sind meine Kindheitswunden wieder aufgegangen, die ich dachte, hinter mir gelassen zu haben. So lag ich teilweise auf dem Nachhauseweg auf dem kalten Boden und wollte nicht mehr aufstehen. Fremde Menschen, Freund:innen über Telefon, Kommiliton:innen haben mich aufgelesen und nachhause gebracht. London erschien mir als Flucht und darin als eine Chance aus meinem eigenen Hamsterrad zu entkommen. Nach ein paar Wochen in London entstand das Gedicht „Destruction“, als wäre es schon immer in mir drin gewesen, als hätte es lediglich Form angenommen. Mit diesem Gedicht bin ich durch London getourt. Ich habe es an unterschiedlichsten Orten vor unterschiedlichsten Menschen performt und jedes Mal hatte ich danach eine Schar von Leuten um mich rum, die berührt und dankbar waren, dass ich es geteilt hatte. Die Reise mit dem Gedicht war nach meinen Begegnungen in London nicht vorbei - es ging danach weiter. In mir, in den Menschen, in Freundschaften, in Gesprächen. In dieser Arbeit möchte ich die Entstehung, Umsetzung und Wirkung meiner autobiografischen Solo-Performance mit „Destruction“ untersuchen unter der Leitfrage: Wie kann die Autobiografie in der Performancekunst als Mittel genutzt werden, um kommunikative Räume zu eröffnen?