Gedanken zum Verhältnis von Motion und Emotion ausgehend von der Arbeit am Tanzstück „On pleasure and fear“ in Verbindung mit psychologischen und neurowissenschaftlichen Emotionstheorien.
Gedanken zum Verhältnis von Motion und Emotion ausgehend von der Arbeit am Tanzstück „On pleasure and fear“ in Verbindung mit psychologischen und neurowissenschaftlichen Emotionstheorien.
Warum Emotion – Motion?
Seit ich mich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Darstellenden Kunst, im Speziellen des Tanzes beschäftige, setze ich mich mit der Frage auseinander, was eine Emotion ist, wie sie sich ausdrückt, wo sie ausgelöst wird – im Gehirn und im Körper – und welche philosophischen und soziologischen Konzepte damit zusammenhängen. Besonders beschäftigt mich dabei, gerade weil ich ursprünglich im Tanz ausgebildet bin, das körperliche Potential und dessen Ausdrucksmöglichkeiten, das Verhältnis von Bewegung „Motion“ und Gefühlsausdruck „Emotion“.
Dieses Interesse rührt zum einen daher, dass ich mich bei der Konzeption und Erarbeitung jedes Stücks frage, wie man die Körpersprache, die Interaktionen der Darsteller und den Raum konzipiert, um die Zuschauer nicht nur intellektuell, gedanklich anzuregen, sondern vor allem auch emotional. Sind doch immer Ein- und Mitfühlen zentrale Funktionsweisen der Darstellenden Kunst – auf Seite der Darsteller genauso wie auf Seite der Rezipienten.
Zum anderen, direkt mit dem vorangehenden Punkt verbunden, beschäftigt mich der politische Aspekt: Mein Interesse an der Funktionsweise der Emotionen rührt auch daher, dass die jeweils gestaltete Körpersprache, Situation und Interaktion und die damit einhergehende Art und Weise Emotionen zu erzeugen, ein bestimmtes Menschenbild vermitteln. Oder anders formuliert: Emotionstheorien sind immer auch mit bestimmten Vorstellungen verbunden, was uns als Menschen ausmacht und was unsere Subjektivität konstituiert – und damit natürlich auch, wie wir miteinander umgehen, unserem Gegenüber begegnen. So galt beispielsweise seit der Aufklärung die Vernunft als höher gestellte menschliche Eigenschaft als die Fähigkeit zu Gefühlen. Letztere wurden einer evolutionär früheren Stufe zugeordnet und in die als verzichtbar erachteten Bereiche des Tierischen und Fleischlichen verbannt.
Wenn wir nun in der Darstellenden Kunst den emotionalen Ausdruck und emotionale Ereignisse gestalten, welches Menschenbild repräsentieren und bestärken wir dann gleichzeitig damit? Meine Überzeugung und die der Künstler, mit denen ich zusammenarbeite, ist, dass wir, indem wir Körper, Sprache und Dinge auf bestimmte Art und Weise anordnen und bewegen, eine nachhaltige Wirkung auf die Wahrnehmung der Menschen, ihr Menschenbild und darauf, wie sie miteinander umgehen erzeugen.