Das Werk The Silence in der Schaubühne, dem ich zuerst sehr distanziert begegne,
überwältigt mich unerwartet emotional, als der Regisseur Falk Richter die Geschichte
seines Vaters Sterbeprozesses enthüllt. Die Passage ist so wahrhaftig, dass sie mich auf
eigene Erfahrungen und Ängste zurückwirft.
Viele Zuschauer*innen weinten und waren sichtlich erschrocken.
Eine Brutalität befindet sich im Raum, da der Tod unausweichlich scheint und gleichzeitig
existiert Trost, denn am selben Ort zur selben Zeit wird der gleiche Schmerz geteilt.
Als ich zwei Monate später mit Falk Richter und Dimitrij Schaad (Schauspieler des Stückes)
im gleichen Haus auf einer Premierenfeier auf der Tanzfläche stehe, sind all diese
Assoziationen verschwunden.
Wieso empfinde ich jetzt kein Mitgefühl, keine Verbundenheit, ich kenne doch die
Geschichte nun? Allerdings ist meine Verknüpfung zum Thema Tod abhandengekommen.
Diese Emotionen sind dementsprechend weder an die spezifische Geschichte Richters
gekoppelt noch an den Schauspieler, welcher sie vermittelt.
Denn in anderen Kontexten sind die Assoziationen trotz des Wissens um das Schicksal
nicht vorhanden.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage:
Ist es nicht das Wissen um die Sterblichkeit und Verluste, die berührt, sondern macht erst
das Theater diese Themen zugänglich?
Ist das Theater als vergänglicher Raum im besonderen eine Kunstform, die uns so
unmittelbar für den Tod sensibilisiert?
Diese Arbeit ist eine Suche nach dem Motiv der Vergänglichkeit im Theater. Wie wird das
Thema der Sterblichkeit auf der Bühne behandelt und kann sie uns dabei helfen, unsere
eigene Endlichkeit anzunehmen?