Diese Arbeit untersucht die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Theaterdramaturgie.
Weil bisherige Inszenierungsversuche nicht mit der Unvorhersehbarkeit von KI-Output kompatibel
sind, wird eine neue Methodik, die "Zustandsdramaturgie", auf Basis der State Machine aus der
Informatik entwickelt. Diese ermöglicht eine innovative Neugestaltung der Theaterdramaturgie.
Anhand des Beispiels "Meetcelium" wird die praktische Anwendung dieser Methodik gezeigt. Die
Arbeit fordert ein Umdenken in der dramaturgischen Planung und der Zusammenarbeit aller
Beteiligten, um KI erfolgreich zu integrieren. Abschließend werden die technologischen
Herausforderungen und Anforderungen dieser neuen Herangehensweise diskutiert, um Mensch und
Technik im Theater besser zu verbinden.
Während der Arbeit an diesem Projekt mussten wir uns immer wieder Gedanken zur
Publikumsdramaturgie machen. Wir wollten keine spielende oder performende Person im
Raum. Auch sollte niemand inkognito im Publikum sein, die oder der in irgendeiner Form,
die Personen im Raum beeinflusst. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage:
Wie leite ich ein Publikum durch einen performativen Raum, ohne dass sie von anderen
Personen geführt werden.
Im zeitgenössischen Theater wird das Thema der Publikumsdramaturgie immer wichtiger.
Klassische Zuschauer:innensituationen werden immer öfter aufgebrochen und das Publikum
wird immer mehr zum aktiven Part innerhalb der Inszenierung. Viele dieser Arbeiten haben
aber immer noch eine klare Trennung zwischen Spielenden und Publikum. Die
Performer:innen leiten durch den Abend und nutzen den immersiven Raum um das Publikum
in eine Geschichte zu verwickeln. Unser Ziel war es, dass das Publikum sich durch das Licht
und die Musik in den Räumen zu orientieren vermag. Ein Vorhaben, das auch für uns neu war
und an das wir uns Schritt für Schritt herantasten mussten. Durch ausprobieren verschiedener
Möglichkeiten haben wir einen Weg gefunden, der für uns funktioniert. Diese Erkenntnisse
werde ich in dieser Arbeit teilen und untersuchen.
Wir leben in einer Gegenwart, die oft rat- und sprachlos macht. Der Aufstieg populistischer und faschistischer Kräfte in Europa und auf der ganzen Welt zeigt mehr als deutlich, dass Demokratie als Staats- und als Gesellschaftsform immer mehr unter Druck gerät. Auch viele Theaterschaffende und Institutionen scheinen alarmiert zu sein: Institutionen verstehen sich immer mehr nicht nur der grossen Kunst verschrieben, sondern sie wollen auch ein Ort der sozialen Politik sein. Unter dem Begriff der „Transformation“ reagieren sie auf gesellschaftliche und politische Herausforderungen
und formulieren: Wir wollen aktiver Teil des Wandels hin zu einer besseren Gesellschaft sein. Auf den Ebenen der Ästhetik, Vermittlung und ihrer Organisation selbst reagieren die Kulturinstitutionen, produzieren, wandeln und reagieren auf gesellschaftliche Veränderungen - und
gestalten die sich wandelnde Gesellschaft damit auch mit.
So kündigte auch die Intendanz Blomberg/Stemann zu Amtsantritt am Schauspielhaus Zürich im Jahr 2019 eine künstlerische und soziale Vision von Diversität, Inklusion und Teilhabe am Theater an. Die Theaterpraxis sollte nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine politische sein. Doch in
den kommenden Jahren gestaltete sich das Verhältnis zwischen Publikum und der neuen Intendanz nicht ganz eindeutig. Ganz im Gegenteil sogar polarisierte es die Stadtgesellschaft und löste hitzige Diskussionen in der Öffentlichkeit, der Kulturpolitik und den Medien aus. Die einen beschimpften das Schauspielhaus und seinen „woken Einheitsbrei" . Die anderen sahen auf der Bühne endlich
Minderheiten vertreten, die zuvor in den Künsten kaum zu Wort kommen durften. Und so schlichen sich die lauten Diskussionen um das Schauspielhaus Zürich wie Bühnennebel zwischen die Strassen und Gassen der Stadt Zürich, bis die Intendanz schliesslich im Mai 2022 seitens des Verwaltungsrates nicht verlängert wurde. Eine Erfolgsgeschichte war diese Intendanz aus
kulturpolitischer Sicht nicht. Oder?