Wie kann ich als Theaterpädagogin bewegungsbasierte Probenprozesse durch Sprache
(unter-)stützen und darin Kollektivität fördern?
Das Vorgehen meiner Bachelorarbeit ist darauf ausgerichtet, das Zusammenspiel von
Bewegung und Sprache im Kontext von bewegungsbasierten Probenprozessen zu
untersuchen. Nach einer persönlichen Motivationseinleitung werde ich zunächst auf die
Begriffe "Bewegung" und "Tanz" eingehen und mein Verständnis davon erläutern.
Anschliessend folgen Definitionen zum zeitgenössischen Tanzbegriff und das Konzept des
"Tanzwissens" wird einführen, um eine Grundlage für diese Arbeit zu schaffen. In den
Folgekapiteln wird darauf aufgebaut. Im weiteren Verlauf werde ich mich der Bedeutung von Improvisation als allgegenwärtiges Mittel in der Material Generierungsphase eines Probenprozesses beschäftigen sowie dem
gegensätzlich scheinenden und weniger populären Begriff der "Routine" im Tanzbereich.
Hierbei werde ich sowohl die Rolle der Improvisation als auch die Neubetrachtung von
Routinen in der Tanzwissenschaft untersuchen und auf deren sprachliche Dimension
eingehen. Ein zentraler Aspekt meiner Arbeit wird die Reflexion in Bezug auf Routinen in
bewegungsbasierten Prozessen sein. Dabei werde ich verschiedene Begriffe im Tanzkontext
analysieren und die Entstehung und Bedeutung von sprachlichen Routinen beleuchten.
Das Vorgehen meiner Arbeit zielt darauf ab, das Verständnis für die komplexe Verbindung
von Bewegung und Sprache in bewegungsbasierten Theaterprobeprozessen zu vertiefen
und neue Erkenntnisse für die praktische Umsetzung in der anleitenden Rolle als
Theaterpädagogin zu gewinnen.
"Inwiefern trägt der Umgang mit Zeitlichkeit im Probeprozess des Labors im Theater Hora zu diversitätsbewussten Räumen im Theater bei - und wie können Erkenntnisse daraus die theaterpädagogische Praxis beeinflussen?"
Menschen, die ein Leben lang auf eigenen Beinen standen, werden alt und sind plötzlich auf
Hilfe angewiesen, Menschen machen Unfälle, haben Burnouts, psychische Krisen,
Menschen sterben und wir trauern. Von den klaren binären Seiten wird ein fluider Fluss, in
dem Menschen die Richtung und die Ufer wechseln, ohne jeh in eine Richtung still zu
stehen. Aus Gesunden werden Kranke, aus Ärzt:innen – Patient:innen, aus able – disabled
people. Nichts scheint so sicher wie das Wechselbad des «able» oder «fähig» sein.
Natürlich macht es einen Unterschied, mit welchen Möglichkeiten und Dysfunktionen ein
Mensch geboren wird. Inwiefern wir uns entwickeln, wie wir uns sozial erwünscht verhalten
und wie wir auf die Möglichkeiten, die wir haben oder welche uns entfallen reagieren. Durch
meinen Beruf als Pflegerin, haben mich diese anderen Lebensrealitäten stets begleitet und
ich bin auch während des Studiums mit «Kreti u Pleti» in Kontakt gekommen. Dieser
erweiternde Blick, in andere Realitäten, hinter andere Türen dieser Stadt, hat mir sicherlich
gut getan. Einerseits, mir meinen eigenen Privilegien bewusst zu bleiben und dankbar zu
sein für die Möglichkeiten, welche ich habe und andererseits, durch die Erweiterung meines
sozialen wie künstlerischen Blicks auf Gesellschaft und Theater sowie der Austausch mit
Menschen, welche ich im Theater nicht als genügend repräsentiert und vertreten sehe.
Diese Blickwinkel versuche ich stets in die Strukturen meines künstlerischen Arbeitens
einfliessen zu lassen - Sind die Räume, Aufführungsorte etc. barrierefrei ; ist die Sprache auf
den Ausschreibungen zugänglich ; sind die Perspektiven, welche wir auf der Bühne
verhandeln im Team / Ensemble enthalten oder wurden diese in der Recherche und im
Prozess miteinbezogen?
Doch spätestens seit der "Black Lives Matter" Bewegung gewinnen die kritische Weissseinsforschung und die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Kolonialismus zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung. Auch im Theater werden postkoloniale Themen vermehrt Gegenstand sowohl wissenschaftlicher Diskurse als auch künstlerischer Auseinandersetzungen.
Durchaus im Bewusstsein, dass Projekte zwischen dem globalen Süden und Norden die Gefahr beinhalten koloniale Verhältnisse zu reproduzieren, gründeten wir 2021 das Kollektiv «Pambazuko». Das Kollektiv setzt sich aus Künstler:innen aus Tansania und der Schweiz zusammen. Gemeinsam versuchen wir, neue Wege der Zusammenarbeit zu gehen und einen Dialograum zu schaffen, um sich künstlerisch mit den Nachwehen des Kolonialismus auseinanderzusetzten. «Pambazuko» ist nicht nur ein Kollektiv, sondern ein soziales und organisatorisches Labor. Wir fragen und leben (Un)möglichkeiten des Zusammenarbeitens. In unserem Kollektiv gibt es keine spezifischen Verantwortlichkeiten, stattdessen übernehmen wir gemeinsam die Leitung des Projekts.
Ich möchte unsere eigene Arbeit im Kollektiv kritisch reflektieren, mithilfe von Literatur und Interviews mit den Teilnehmenden besser verstehen und neue Perspektiven gewinnen. Für mein Schaffen haben sich folgende Frage ergeben: Welche Faktoren spielen unter dem Blickwinkel des kritisch Weiss-Seins in der künstlerisch-kollektiven Zusammenarbeit welche Rolle? Worin zeigt sich eine kritisch weisse Haltung und wo liegen ihre Grenzen? Was bedeutet das im Versuch, kollektiv zu handeln?
Access und TP haben einiges gemeinsam und können
voneinander lernen. Access Tools oder Zugänglichkeitsmittel werden wie Theaterpädagogik an
Kunsthäusern und zu Produktionen, wenn überhaupt, dann hauptsächlich für das Publikum
gedacht. Wie kriegen wir ein breites Publikum ins Haus? Welche Vermittlungs- oder
Zugangsexpert*innen müssen wir zu Hilfe holen? Aber Access wie auch TP ist nicht nur von der
Rezeptionsseite, sondern auch von der Produktionsseite her zu denken: Wer darf Kunst
machen? Wer wird ausgebildet und wer ist in einem kreativen Prozess in einer
Entscheidungsposition? Was ist in einem sich wandelndem Kunstapparat möglich, wenn
Menschen mit Beeinträchtigungen in Handlungs- und Entscheidungspositionen kommen?
Das crip-queere Theaterprojekt Criptonite nutzt Access als Ästhetik und befindet sich ständig in
Prozessen der Vermittlung.
Meine These: Bei Theaterarbeiten in denen eine kreative
Umsetzung von Access Tools versucht wird, können theaterpädagogische Formate die
Probenarbeit gewinnbringend unterstützen. Bei Criptonite ist Access kein Add-On für ein breites
Publikum, sondern Ausgangspunkt, Teil des Programms, der Gruppe, des politischen sowie
künstlerischen Schaffens.
Ausgehend von Beobachtungen während der Hospitanz bei Criptonites neuestem Stück
Creature Comforts am Tanzhaus Zürich im Sommer 2023 ist meine Frage:
Was kann Theaterpädagogik zum künstlerischen Prozess beitragen, wenn es darum geht, Access Tools als
künstlerisches Gestaltungsmittel zu nutzen?